Symbol


Symbole allgemein

Im Alltag begegnen wir täglich vielen Symbolen. Logos von Firmen und Marken, Verkehrsschilder, Friedens-, Güte- und Umweltzeichen, aber auch Pfeile, erhobene oder gesenkte Daumen, Sternchen, Herzchen, Smilies – das alles sind Symbole.
Gemeinsam ist diesen Symbolen, dass sie nicht nur Gegenstände, Sachverhalte, Handlungen oder allgemein Begriffe durch ein Bild kennzeichnen. Sondern auch, dass sie alle für einen Inhalt stehen, der abstrakt und damit mit den Augen nicht wahrnehmbar ist. Der hoch erhobene Daumen bedeutet beispielsweise „gut“, ein rotes Ampelmännchen „bleib stehen“. Eine rote Rose oder ein Herz steht für „Liebe“ und eine Taube für „Frieden“.

Es gibt Symbole, deren Bedeutung sich aus dem Bild selbst ergeben. Das ist bei vielen Piktogrammen der Fall. Piktogramme sind Zeichen, deren Bedeutung international festgelegt wurde und die in möglichst vereinfachter, schnell verstehbarer Form das bildlich darstellen, was sie in etwa bedeuten. Ein Totenkopf bedeutet beispielsweise „Gift“, ein Bügeleisen in einer Waschanleitung eines Pullovers „bügelbar“, die vereinfachte Darstellung einer Frau auf einer Tür „Damenklo“ oder ein Pfeil weist in die Richtung, in die man gehen soll.


Neben diesen sich selbst erklärenden Symbolen gibt es aber auch Symbole, die man gar nicht oder nur teilweise aus dem Bild selbst verstehen kann. Solche Symbole verstehen wir nur, wenn wir ihren gesellschaftlichen Kontext oder Zusammenhang kennen. Die Taube beispielsweise bedeutet für uns heute nur deshalb „Frieden“, weil wir wissen, dass sie eine Art Wappentier der Friedensbewegung ist. Für das Verständnisses des Symbols reicht dieses Wissen schon aus. Der Hintergrund, dass die Taube deshalb zum Friedenssymbol wurde, weil sie in der Geschichte der Arche Noah in der Bibel das Ende des Streits zwischen Gott und den Menschen ankündigt, muss man dabei nicht unbedingt wissen, vertieft aber natürlich das Verstehen der Bedeutung des Symbols.
Neben der Taube, gab und gibt es auch immer wieder erdichtete und reale Gegenstände, Pflanzen, Tiere, Personen und ihre Handlungen, ja selbst Farben und Zahlen, die durch ihre Geschichte zum Symbol wurden und werden. Beispielsweise ist das Kreuz für die Christen Symbol für den heilbringenden Tod Jesu, die Figur Odysseus Symbol für den durch das Leben irrenden Menschen oder die Person Che Guevara Symbol für den unabhängigen Freiheitskampf.
Symbole, deren Bedeutung durch die Geschichte entstanden ist, sind häufig mehrdeutig, kommen teilweise in verschiedenen Kulturen mit unterschiedlichen Bedeutungen vor und können sich im Laufe der Zeit auch verändern. Der Apfel beispielsweise galt lange Zeit den einen vor allem als Symbol der Liebe und Fruchtbarkeit, den anderen als Symbol der Versuchung, der Erkenntnis und auch der Sünde. Heute symbolisiert der Apfel wahrscheinlich für viele dagegen nur noch einen bekannten Computerhersteller.

Während diese durch ihre Geschichte entstandenen Symbole durch ihren historischen, also geschichtlichen Hintergrund erklärt werden können, gibt es auch Symbole, die reines Zeichen sind, also als graphische Darstellung nichts Gegenständliches darstellen. Sie werden nur durch die bewusste Zuweisung von einer bestimmten Bedeutung zum Symbol. Das Zeichen für Radioaktivität oder für Blindheit oder Sehbehinderung sind beispielsweise solche Symbole.
Da die Entschlüsselung von Symbolen zum Teil sehr schwierig ist, gibt es verschiedene Lexika der Symbole, die die Entstehung, Wandlung und Bedeutung der unterschiedlichen Symbole beschreiben und erklären.

Symbole in der Literatur

Während im Alltag Symbole meistens dazu gebraucht werden, einen abstrakten, also rein begrifflichen Sachverhalt leicht verständlich in ein Bild zu verpacken, sind Symbole in der Literatur vor allem ein beliebtes Mittel, dem Dargestellten eine tiefere, mehrschichtige Bedeutung zu geben. Symbole eigenen sich dazu sehr gut, weil sie als einzelnes, konkretes oder gegenständliches Sinnbild eine abstrakte, das heißt nur gedanklich oder begrifflich vorhandene Idee verkörpern.
Wenn ein Autor beispielsweise in einer Geschichte einen Ring als Symbol verwendet, meint er damit weder nur das graphische Zeichen eines Kreises noch nur den Gegenstand, für den das Zeichen steht, sondern einen abstrakten Begriff, der hinter dem Zeichen steht. Bei Ring könnte dieser abstrakte Begriff beispielsweise Verbindung oder Versprechen sein.
Ein anderer Autor, der in seinem Text eine Uhr als Symbol gebraucht, meint damit sicher auch nicht nur den Gegenstand, mit dem man Zeit ablesen kann, sondern wird die Uhr darüber hinaus beispielsweise als Sinnbild für Vergänglichkeit gebrauchen.
Symbole lassen also das Allgemeine (Bindung/Vergänglichkeit) im Einzelnen (Ring/Uhr) sichtbar werden. Dadurch weisen sie über sich selbst hinaus auf einen höheren geistigen, ganzheitlichen und nicht ausgesprochenen allgemeinen Zusammenhang.

Woher weiß man nun aber, dass ein Gegenstand, eine Figur oder ein Begriff in einem Text als Symbol gebraucht wird?
Meistens fallen Symbole in einem Text auf, weil ihnen in dem bestimmten Text eine besondere Bedeutung zukommt. Das geht zum Beispiel, in dem der Autor eine Art wörtliches Spotlight (Scheinwerfer) auf den jeweiligen Begriff richtet. In dem Beispiel mit dem Ring und der Uhr würde so eine Hervorhebung schon deshalb auffallen, weil beide Gegenstände im Alltag eher nebensächlich sind. Man könnte den Wörtern aber auch symbolische Bedeutung verleihen, indem man sie im Text immer wieder auftauchen lässt. 


Ring aus „Herr der Ringe”

Genauso wäre es denkbar, die ganze Geschichte um die jeweiligen Begriffe drehen zu lassen. Um bei dem Beispiel mit dem Ring zu bleiben: Tatsächlich gibt es mehrere Geschichten, in denen Ringe eine große Rolle spielen und die dadurch zum Symbol werden. In der Kinder- und Jugendliteratur ist vor allem das Ringsymbol in der Romantrilogie Herr der Ringe von J.R.R. Tolkien bekannt. Hier symbolisiert der Ring sowohl Bindung und Macht wie auch Entzweiung und Machtverlust.
Manchmal fallen Wörter auch als Symbole auf, weil sie erst dann richtig verstanden werden, wenn man ihre abstrakte Bedeutung hinter dem eigentlichen Zeichen entschlüsseln kann. Denkbar wäre beispielsweise ein Text, in dem ein Autor schreibt, selbst eine Uhr zu sein. So etwas versteht man nur, wenn man die Uhr als Symbol liest. Uhr könnte hier zum Beispiel als Symbol für einen Menschen stehen, der wie eine Maschine funktionieren muss.

Neben der Vertiefung und Verweisung auf einen ganzheitlichen, gedanklichen Zusammenhang, dienen Symbole in der Literatur auch dazu, Sachverhalte oder Gedanken darzustellen, ohne viele Worte verlieren zu müssen. Denn zu viele Worte können den poetischen Charakter der Dichtung zerstören. Die Benutzung von Symbolen dient also auch der Poetisierung des Textes. Zu viele Symbole oder Symbole, die nicht richtig in den Text passen, zerstören allerdings die poetische Gesamtwirkung.

Beim Verwenden von Symbolen greift der jeweilige Autor übrigens nicht nur auf vorhandene Symbole zurück. Sondern er entwickelte auch sehr oft selbst Symbole, indem er Gegenstände oder Sachverhalte mit Bedeutung füllt.

So ein selbst erfundenes Symbol ist beispielsweise der schwarze Punkt, den Robert Louis Stevenson für seinen Roman Die Schatzinsel erfunden hat. Der schwarze Punkt bedeutet hier, dass derjenige Pirat, dem der schwarze Punkt gezeigt wird, bald sterben wird. Auch wenn man als Leser die Bedeutung des schwarzen Punkts nicht gleich in seiner ganzen Tragweite versteht, so wird das Symbol gefühlsmäßig doch gleich erfasst. Und zwar dadurch, dass der schwarze Punkt bedrohlich wirkt und man spürt, dass er wesentlich mehr bedeutet, als nur ein schwarzer Fleck auf einer Unterlage zu sein. Dadurch schwebt der schwarze Punkt als spannungsförderndes Symbol über dem ganzen Text.

Wie der schwarze Punkt, so werden die meisten Symbole sehr oft zuerst mit dem Gefühl erfasst, bevor der Verstand sie interpretieren und analysieren kann. Die umfassende, verstandesmäßige Interpretation von Symbolen ist oft erst möglich, wenn man den ganzen Text liest. Denn das Symbol steht ja oft in Beziehung zum ganzen Text und weist über die reine Textstelle hinaus.
Manchmal versteht man die Symbolik eines Textes allerdings nicht einmal durch das Lesen des einen Werkes, sondern erst im Zusammenhang mit den anderen Werken des jeweiligen Autors. Das Märchen von Johann Wolfgang von Goethe enthält beispielsweise mit den Begriffen „Fährmann“, „Fluss“, „Schlange“, „Lilie“, „Kristall“, und jeweils einem „goldenen“, „silbernen“ und „erzenen“ König und vielen anderen Dingen, die über sich selbst hinaus weisen, sehr viele Symbole. Ohne die Kenntnis von Goethe und seinem literarischen Schaffen, wäre es unmöglich, diesen symbolischen Text zu entschlüsseln. Und selbst wenn man sich mit Goethes Werk gut auskennt, ist es schwer, die Symbole in dem Sinne zu verstehen, wie Goethe sie wohl gemeint hat. Bis heute scheiden sich deshalb die Geister, wie der Das Märchen wirklich zu deuten sei.


Die „Blaue Blume”

Neben diesen Symbolen, die innerhalb eines einzelnen Textes oder gesamten Werkes eines Autors oder Dichters eine Bedeutung haben, gibt es auch Symbole, die für eine Autorengruppe oder sogar Epoche stehen. Bekanntes Beispiel ist die Blaue Blume. Sie wurde von Novalis in seinem romantischen Romanfragment Heinrich von Ofterdingen als Sinnbild der unendlichen Liebe und der Poesie und ihrem Vermögen, alles Getrennte zu vereinen, geschaffen. Anschließend wurde die Blaue Blume in der Romantik beliebtes Symbol für die Sehnsucht nach der Vereinigung mit dem anderen in der vollkommenen Liebe, aber auch mit dem Absoluten und der Unendlichkeit.

Wie die Symbole selbst ihre Bedeutung im Laufe der Zeit immer wieder ändern, so ändert sich immer wieder auch die Bedeutung oder die Funktion, die man Symbolen zuschreibt.
Während im Mittelalter Symbole beispielsweise vor allem die Funktion hatten, die göttliche Wahrheit und Weltordnung zu symbolisieren, sollten sie in der Epoche des Sturm und Drang vor allem die Kraft des Genies verkörpern. In der Klassik wurden Symbole dagegen vorrangig gebraucht, die Tiefe und Mehrschichtigkeit des Allgemeinen im Besonderen darzustellen, während sie in der Romantik vor allem als Möglichkeit, Unsagbares auszudrücken, angesehen wurden. Im Symbolismus wurde das Symbol dann zum bewussten Mittel, dem einsamen, von der Gesellschaft herausgelösten Ich und seinem persönlichen Seeleninneren Ausdruck zu verleihen.

Auch wenn das Symbol immer wieder neu gedeutet und gebraucht wurde und wird, so ist allen Symbolen doch gemeinsam, konkretes, wahrnehmbares Sinnbild oder Zeichen zu sein, das stellvertretend für einen abstrakten, nicht sichtbaren Sachverhalt steht.