Zensur
Das Wort Zensur leitet sich aus dem lateinischen censura ab und bedeutet ursprünglich Prüfung oder Beurteilung. Geprüft werden schriftliche und bildliche öffentliche Meinungsäußerungen durch den Staat oder auch durch die Kirche. Zensur ist deshalb eigentlich weniger „Prüfung“ als viel mehr Überwachung veröffentlichter Texte und Bilder durch Staat oder Kirche. Erscheinen Bilder und Texte aus ihrer Sicht staats- oder kirchenfeindlich, werden sie verboten. Besonders in undemokratischen oder streng religiösen Staaten wird die Zensur angewendet, um das Volk zu unterdrücken. Zensur gibt es seit dem alten Rom, in dem der Zensor das politische und soziale Verhalten der Bürger überwachte. |
Bedeutung
In der Schule, an der Universität und anderen Bildungseinrichtungen werden mit Zensuren Punkte oder Noten gemeint, mit denen das Wissen und die Fähigkeiten eines Lernenden beurteilt werden.
Im öffentlichen Leben meint man mit Zensur aber meist die Überwachung von veröffentlichten Bildern und Texten durch den Staat oder auch durch die Kirche.
Ein alltägliches politisches Mittel ist die Zensur in Ländern mit einer Diktatur als Staatsform. Hier wird in der Regel keine Presse-, Meinungs-, Rede- oder Religions- und Versammlungsfreiheit zugelassen. Diktaturen benutzen die Zensur zur Überprüfung von Menschen, ihren Meinungen und ihren Handlungen. Je weniger die diktatorischen Politiker dem Volk in ihrem Land vertrauen, desto strenger wird die Zensur angewendet.
Illustration: Annika Uppendahl
Die Machthabenden in solchen undemokratischen Staaten geben einen Rahmen vor für alles, was in der Öffentlichkeit abläuft. Was nicht in diesen Rahmen passt, wird durch die Zensur nicht erlaubt oder durch Gesetze verboten. Wer sich nicht daran hält, kann bestraft werden.
Herrscher können so verhindern, dass unerwünschte Inhalte in Büchern, Zeitungsartikeln, Reden, Radio- und Fernsehsendungen oder Filmen veröffentlicht und von allen gelesen, gehört oder gesehen werden können. Dadurch soll die Bildung einer eigenen Meinung sehr erschwert oder unmöglich gemacht werden. Mit einer sehr strengen Zensur wird eine vollkommene Kontrolle der Menschen angestrebt. Selbst der private oder familiäre Bereich wird überwacht. So wird zum Beispiel die Briefpost aller Bürger kontrolliert.
Die Geschichte der Zensur
Im alten Rom gab es das Amt des Censors. Dieser Beamte hatte die Aufgabe, die Meinung der Bürger zum Römischen Staat und die Art und Weise ihres Lebens zu kontrollieren.
Im Mittelalter - das ist etwa die geschichtliche Zeit zwischen 500 und 1500 - überwachte die katholische Kirche die öffentliche Meinung.
Die Geschichte der Zensur von Druckwerken wie Flugblätter, Bücher und Zeitschriften beginnt um 1450 mit der Erfindung des Buchdrucks. Diese Technik mit den gegossenen, zusammensetzbaren einzelnen Metallbuchstaben - ausgedacht von Johannes Gutenberg (1400-1468) - machte es möglich, Schriftstücke in größerer Stückzahl herzustellen.
Vor dieser Zeit wurden die meisten Texte und ganze Bücher vor allem mit der Hand von Schreibern und schreibkundigen Mönchen kopiert, also Wort für Wort abgeschrieben. Das dauerte sehr lange. Und am Ende hatte man nur eine einzige Kopie vom Original. Aber mit der Idee von Johannes Gutenberg ließen sich viele Pamphlete, das sind Streitschriften, sozusagen über Nacht herstellen und verteilen.
Dazu kam noch, dass im 15. Jahrhundert die Zahl der Lesekundigen im Volk langsam zunahm. Jetzt konnte ein Flugblatt oder Handzettel, auf dem eine andere Meinung stand, als von den Regierenden gewollt, die Macht eines Königs oder auch eines Kirchenfürsten bedrohen.
1486 richtete der Bischof von Mainz eine Zensur-Kommission ein. 1496 ernannte Kaiser Maximilian I. (1459-1519) einen hohen Beamten für das Bücherwesen.
Zum ersten Mal ließ ein deutscher Kaiser 1540 eine Liste mit verbotenen Büchern anfertigen. Diese Bücher wurden eingesammelt und durften nicht mehr gedruckt werden. Außerdem wurden die Autoren der zensierten Bücher verfolgt.
Auf so einer Liste stand unter anderem auch das Volksbuch Till Eulenspiegel, dem Helden der Bauern und kleinen Handwerker. Er führte den Oberen die eigenen Schwächen und Fehler vor Augen und das Volk lachte über sie.
1559 wurde solch eine Liste oder Index, also ein Verzeichnis verbotener Schriften, auch im Auftrage des Papstes, des obersten Mannes in der katholischen Kirche, geschrieben. Von der Kirche wurden aber nicht nur belletristische Texte wie Gedichte, Lieder und Romane erfasst. Der Papst sah sich auch durch wissenschaftliche Texte bedroht, weil sie die Aussagen der Kirche über die Entstehung und Daseinsform der Erde in Zweifel zogen. Der berühmte Physiker, Mathematiker und Astronom Galileo Galilei wurde zum Beispiel angeklagt, weil sich seinen Berechnungen nach nicht die Sonne um die Erde, sondern umgekehrt die Erde um die Sonne kreiste.
Die Geltung der kirchlichen Verbotsliste wurde übrigens erst im 20. Jahrhundert und zwar im Jahr 1966 aufgehoben.
Illustration: Annika Uppendahl
Über mehrere Jahrhunderte schien es, als hätte sich die überwiegende Mehrheit der Menschen mit der Zensur durch die Herrschenden abgefunden. Erst mit der Französischen Revolution 1789, die den damaligen französischen König von seinem Thron stürzte, wurde auch für Presse-, Rede- und Meinungsfreiheit gekämpft. Aber erst 1948 wurden diese Forderungen von den Vereinten Nationen, dem weltweiten Zusammenschluss von 192 Staaten, als Grundrechte aller Menschen formuliert.
In der Geschichte des 20. Jahrhunderts gab es zwei deutsche Staaten, in denen Menschen auch mit den Mitteln der Zensur einem besonderen Druck ausgesetzt waren: Das Deutsche Reich während des Nationalsozialismus und die Deutsche Demokratische Republik (DDR).
Einen Höhepunkt der literarischen Zensur gab es in der Zeit des Nationalsozialismus unter Adolf Hitler zwischen 1933-1945. Hitler ließ am 10. Mai 1933 in Berlin und anderen deutschen Universitätsstädten Bücher mit angeblich undeutschen Texten öffentlich verbrennen. Für diese Aktion wurden Listen mit Namen von 131 Autoren aufgestellt. Unter den verbrannten Büchern waren z. B. Werke von Waldemar Bonsels (1880-1952), dem „Vater“ der Biene Maja; von Alex Wedding (1905-1966) mit ihrem ersten Buch, in dem sie die Freundschaft zwischen dem Berliner Arbeiterjungen Ede und dem Roma-Mädchen Unku beschrieb; von Erich Kästner (1899-1974), dem Schöpfer des pfiffigen Emils mit seinen Detektiven sowie des fliegenden Klassenzimmers und vielen noch heute beliebten und viel gelesenen Kinderbüchern. Aus diesem Grund emigrierten oder flohen viele Autoren ins Ausland. Andere, die auch unter der Zensur litten, blieben zwar in Deutschland, gingen aber in die „Innere Emigration“.
Nach dem Untergang der nationalsozialistischen Herrschaft und dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 entstanden zwei deutsche Staaten, die BRD (Bundesrepublik Deutschland) und die DDR (Deutsche Demokratische Republik). Beide Länder hatten durch ihre Verfassungen, also ihre grundlegende Gesetze, die Anwendung einer Zensur ausgeschlossen.
Doch in der DDR entstand in Wirklichkeit ein ganzes Geflecht von Zensurmaßnahmen. Es wurde zum Beispiel nicht gestattet, dass ein Buch eines bestimmten Autors in der geplanten Auflagenhöhe veröffentlicht werden konnte oder seine Nachauflage wurde untersagt. Oder es wurde über Rezensionen oder Buchkritiken ein Werk so gut oder schlecht besprochen, dass darüber der Verkauf gesteuert werden konnte. Teilweise standen auch Bücher von ausländischen Kinderbuchautoren auf einer Indexliste. So konnten mehrere DDR-Kindergenerationen die Abenteuer von Pippi Langstrumpf nicht lesen. Dieses Werk von Astrid Lindgren entsprach angeblich nicht den Erziehungszielen.
Auch Bilder oder Filme wurden zensiert. Es gab zum Beispiel Fälle, in denen die Premiere eines Filmes zwar stattfand, dann aber keine weiteren Vorführungen mehr durchgeführt werden durften.
Daneben gab es auch indirekte Zensurmaßnahmen. Da wurde zum Beispiel die Genehmigung für den Druck eines Buches verzögert oder nicht erteilt oder es wurde dem Verlag oder der Druckerei Druckpapier nicht in benötigter Menge zugeteilt. Oder die Regierung der DDR, die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) vergaben Aufträge direkt an die Künstler, die nicht kritisch waren. Dadurch konnte Einfluss sowohl auf den Inhalt als auch auf die Ausführung eines Kunstwerkes genommen werden.
Zahlreiche Künstler, Journalisten und Schriftsteller passten sich übrigens dem Druck durch die Machthabenden an. Es entwickelte sich eine Selbstzensur. Oder anders ausgedrückt: Mit der „Schere im Kopf“ sortierten die Autoren schon alleine aus, was eventuell zu Problemen und Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung führen könnte. Sie ließen diese Inhalte von vornherein weg.
Trotz anderer Gesetze in ihrer eigenen Verfassung war die Zensur in der DDR zu einem umfassenden Kontrollinstrument der Machthabenden geworden.
Zensur und Pressefreiheit in Deutschland heute
Illustration: Annika Uppendahl
In der Bundesrepublik Deutschland ist die Zensur durch das Grundgesetz (Artikel 5 Absatz 1) ausgeschlossen.
Trotzdem ist gegenwärtig ein Angriff auf die Pressefreiheit in der BRD zu beobachten. Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen teilte in dem Bericht von 2009 mit, dass Deutschland in ihrer Untersuchung auf Platz 18 hinter Österreich, der Schweiz und den skandinavischen Ländern rangiert. Auch Amnesty International (eine nichtstaatliche Organisation, die sich weltweit für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzt) erfasste 2009 in Deutschland erneut Maßnahmen gegen Journalisten, um deren unabhängige Berichterstattung einzuschränken.
Durch die Regierungen der letzten Jahre wurde immer wieder versucht, die öffentliche Meinung in der BRD durch verschiedene Maßnahmen genauestens zu erfassen und damit auch den einzelnen Bürger beispielsweise mit seinen Handy- und Internetverbindungen stärker zu überwachen. Als Begründung für die Notwendigkeit dieser Auflage wird die zunehmende, weltweite Gefahr durch Terrorismus angeführt.
Zensur und Jugendschutz
Es gibt mehrere Gesetze in der BRD, mit denen Kinder und Jugendliche geschützt werden. Darunter ist auch das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte. Mit ihm wird in der BRD seit 1961 eine gewisse Art der Kontrolle ausgeübt. Man kann dazu Zensur sagen. Man kann umgekehrt aber auch der Meinung sein, dass die Gesetze keine Zensur darstellen, weil sie Minderjährige vor Inhalten und Darstellungen schützen, die ihre seelische und geistige Entwicklung gefährden oder negativ beeinflussen könnten. Zu diesen „entwicklungsgefährdenden“ Inhalten zählen zum Beispiel Darstellungen von Gewalt oder auch von menschenverachtenden Formen der Sexualität. Bei Filmen werden zensurwürdige Szenen herausgeschnitten, Objekte verdeckt oder Ausdrücke mit einem Piepton überlagert.
Es gibt verschiedene Jugendschutzvereinigungen, so die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und, vom Staat eingerichtet, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.
Das Jugendschutzgesetz, das in den letzten zehn Jahren mehrfach überarbeitet wurde, regelt unter anderem auch den Verkauf und die Ausleihe von Filmen und Computer-/Videospielen an unter 18jährige. Sollen Spiele an Minderjährige verkauft werden, müssen sie der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle vorgelegt werden. Die USK prüft das Spiel und gibt eine Altersbeschränkung vor. Diese muss nicht nur deutlich sichtbar auf dem Produkt aufgedruckt sein, sondern sie ist auch verbindlich. Das heißt, dass sich alle daran halten müssen.
Im Juli 2008 wurde das sogenannte „Killerspielverbot“ eingeführt. Das bedeutet: Werden Darstellungen als „schwer jugendgefährdend“ eingestuft, dürfen sie nicht an allgemein zugänglichen Verkaufsstellen oder im Versandhandel angeboten werden. Außerdem darf für diese Produkte in der BRD keine Werbung gemacht werden.
Animation: Annika Uppendahl
Links
http://www.medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/vorlagen/showcard.php?id...
http://www.regierenkapieren.de/nn_466902/Webs/KW/Content/DE/FAQ/WasIstDa...
http://www.blinde-kuh.de/sicherheit/jugendmedienschutz-und-blinde-kuh.html
http://www.hanisauland.de/lexikon/n/nationalsozialismus.html
http://www.hanisauland.de/lexikon/d/ddr.html
Quellenangabe
Willst du diesen Lexikonartikel in einer schriftlichen Arbeit zitieren? Dann kannst du diese Quellenangabe verwenden:
-
Hörath, Helma: Zensur. In: Rossipotti-Literaturlexikon; hrsg. von Annette Kautt; https://www.literaturlexikon.de/sachbegriffe/zensur.html; Stand: 24.01.2021.
- Sachbegriffe
- Adaption
- Ästhetik
- Anagramm
- Anekdote
- Aphorismus
- Autor
- Belletristik
- Bestseller
- Bibliothek
- Brief
- Buch
- Dialog
- Epilog
- Erzähler & Erzählen
- Feuilleton
- Figur
- Fiktion
- Form
- Glosse *
- Handlung
- Herausgeber
- Inhalt
- Interpretation *
- Interview
- Ironie *
- Kamishibai
- Kapitel
- Karikatur
- Kinder- und Jugendliteratur
- Kommentar *
- Konflikt *
- Lautmalerei
- Lexikon
- Literatur *
- Literaturbetrieb
- Metapher
- Metrik *
- Monolog
- Motiv
- Mythos *
- Parodie
- Plagiat *
- Plot
- Prolog
- Protagonist
- Pseudonym
- Reportage
- Rezension
- Sketch
- Stil
- Stoff
- Symbol
- Szene *
- Theater
- Thema
- Übersetzung
- Utopie
- Verlag
- Werbung *
- Witz
- Zeitschrift
- Zensur
- Zitat
- * Hinweis