Karikatur
Eine Karikatur ist eine Zeichnung, die eine Situation im Alltag oder ein politisches Ereignis stark übertrieben, verzerrt und dadurch meist komisch darstellt. Meist gehören zu dem Bild nur wenige Wörter. Viele Karikaturen haben aber auch keinen Text. |
Bedeutung
Die Wurzeln des Wortes Karikatur lassen sich im Lateinischen finden. Die Römer bezeichneten mit carrus einen Karren. Die Italiener meinen mit caricare die Tätigkeit des Überladens oder Übertreibens und mit caricatura ein Spottbild. Diese Bedeutung hat das Wort Karikatur auch im Deutschen.
Menschen, die Karikaturen zeichnen, nennt man Karikaturisten / Karikaturistinnen. Die Art des Zeichnens heißt karikieren.
Eng verwandt mit der Karikatur sind übrigens die Satire und der Cartoon. Während die Satire mit der Sprache über menschliche Eigenschaften spottet und gesellschaftliche Vorgänge auf lächerliche Weise nachahmt und dadurch entlarvt, macht der Cartoon mit gezeichneten Bilder-Geschichten Witze über Alltagssituationen.
Geschichte der Karikatur
Die ersten Karikaturen hat es lange vor unserer Zeitrechnung gegeben. Auf ägyptischen Papyrusrollen aus dem 13. Jahrhundert vor der Zeitenwende finden sich von König Ramses III. verschiedene Karikaturen. Auch auf griechischen Vasen lassen sich Karikatur ähnliche Bilder entdecken. Zum Beispiel übertrieben dargestellte körperliche Besonderheiten von Fremden wie etwa wulstige Lippen, vorstehendes Kinn, hervorquellende Augen und wirres, hochstehendes krausgelocktes Haar bei Schwarzafrikanern. Auf der Innenseite einer Trinkschale aus dem vierten Jahrhundert vor Christus wird der griechische Fabeldichter Äsop, ein ehemaliger Sklave, mit seinem verwachsenen Körper verspottet. Aber auch griechische Helden wie etwa Odysseus konnten zu Zielscheiben zeichnerischen Spottes werden. Eine Vase zeigt ihn, wie er mit hängendem Kopf, auf dünnen Beinchen stehend, den übergroßen, muskulösen Oberkörper auf einen Stock gestützt von der Zauberin Kirke zu essen bekommt.
Wandbilder des alten Roms wurden auch mal genutzt, um mit machtgierigen Senatoren oder ungerechten reichen Grundbesitzern abzurechnen. Ihre Köpfe wurden auf Tierkörper gesetzt und sie suhlten sich wie die Wildschweine in Dreck und Morast.
Martin Luther als Dudelsack des Teufels
Karikatur der Reformationszeit
Auch in alten deutschen Kirchen, meist versteckt und nicht sofort sichtbar, zum Beispiel an Banklehnen, und in der mittelalterlichen Buchmalerei lassen sich manchmal solche Spottbilder finden.
Diese Vorläufer der Karikatur entstanden in einer Zeit, in der die meisten Menschen nicht lesen und schreiben konnten. Das gesprochene, nicht das geschriebene Wort war für das Volk im Alltag verbindlich. Darum waren die bildlichen „Nachrichten“ sehr verbreitet. Denn alle verstanden die Zeichen der Bilder. Sie konnten in ihnen die wichtigen Informationen herauslesen wie wir heute aus einem Lehrbuch. Diese Karikatur ähnlichen Darstellungen auf Gebrauchsgegenständen kamen – wie heute unsere Zeitungen – in viele Häuser und wurden oftmals mit den gezeigten Geschichten von einer Generation zur nächsten weitergegeben und weitererzählt.
Die Karikatur aber, wie wir sie heute kennen, also als eine bildliche Kritik an der Gesellschaft und an der Politik der Regierung, wurde im 18. Jahrhundert in Großbritannien geboren. Einer der Vorväter der heutigen Karikaturisten war der englische Maler William Hogarth (1697-1764), der in klein- und großformatigen Grafiken das Leben in England sehr kritisch zeichnete.
In Frankreich wurde die Karikatur durch die Französische Revolution Ende des 18. Jahrhunderts verbreitet. In Deutschland brauchte es etwas länger. Aber wie in Frankreich war die Karikatur auch hier in revolutionären Zeiten um 1840-1850 schnelle, leicht verständliche politische Botschaft. Karikaturen wurden damals in verschiedenen Zeitschriften wie der Simplizissimus oder Die Fliegenden Blätter verbreitet.
In der Weimarer Republik und vor allem auch im Nationalsozialmus wurden in Deutschland Karikaturen dagegen vor allem zur Agitation, also Verhetzung verwendet. Während in der Weimarer Republik jeder gegen jeden hetzte, sollte im Nationalsozialimus mit antisemitischen Karikaturen der Hass gegen Juden weiter geschürt werden.
Heute haben Karikaturen in Deutschland in erster Linie wieder gesellschaftskritischen, verspottenden Charakter, und sie nehmen nicht nur die Regierung, sondern viele gesellschaftlich wichtigen und aktuellen Themen aufs Korn.
Ziele und Stilmittel der Karikatur
Eine Karikatur ist niemals neutral, niemals unparteiisch. Der Karikaturist wertet aus seiner Sicht mit seiner Darstellung eine Lüge, einen Fehler einer Person, einen Sachverhalt oder den Ablauf eines Ereignisses, indem er alles ins Lächerliche zieht. Ziel ist es aber nicht, einfach nur einen politischen Witz zu reißen, sondern über das Lachen zum Nachdenken anzuregen.
Daneben gibt es auch Karikaturen, die kein Lachen, sondern Angst und Wut auslösen sollen. Das ist zum Beispiel bei Karikaturen der Fall, die in Zeiten eines Krieges den Feind zeigen.
Dass wir über eine Karikatur lachen oder erschrecken, erreicht der Karikaturist mit mehreren Stilmitteln. Er kann zum Beispiel die Äußerlichkeit einer Person so stark hervorheben, dass man meint, dieses Merkmal bestimme die ganze Person. Ein Mund kann dabei als gefräßiger Wolfsrachen erscheinen, Ohren können zum Fluginstrument werden.
Charles Darwin als Affe
Karikatur aus dem Jahr 1871
Dabei übertreibt der Karikaturist einerseits, andererseits reduziert und vereinfacht er den dargestellten Menschen auf dieses eine äußere Merkmal oder auf eine bestimmte Eigenschaft.
Neben Übertreibung und Vereinfachung ist die Verfremdung ein wichtiges Stilmittel der Karikaturisten. Das bedeutet, dass etwas Vertrautes, Alltägliches in einer solchen Weise gezeigt wird, dass es auf einmal ganz fremd und in einem neuen Licht erscheint. So bekleidet zum Beispiel der Künstler und politische Karikaturist John Heartfield (1891-1968) eine Hyäne mit einem Zylinder, dem Hut der Vornehmen und Reichen, sowie einer Medaille am Ehrenband und lässt sie über ein Leichenfeld laufen. Er will mit diesem sehr eindringlichen Bild, das er 1932 in der Arbeiter Illustrierten Zeitung veröffentlichte, die Gefahr des Krieges und die Zukunft zeigen, die der Faschismus dem deutschen Volk bringen wird.
Bei Karikaturen werden übrigens oft Menschen in Tiere gesteckt. Denn den Tieren werden bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben: die diebische Elster; der kluge Igel, die fleißige Biene …
Es wird in Karikaturen auch oft mit allgemein bekannte Zeichen gearbeitet: Reichtum wird mit einem Beutel voll Geld, Hunger durch eine abgenagte Fischgräte angedeutet.
An den Beispielen sieht man, dass der Karikaturist auch sehr viele Metaphern verwendet, also auf Bilder zurückgreift, die von einem Sinnzusammenhang auf einen anderen übertragen werden.
Links
http://www.hdbg.de/karikatur/de/a_home/a_fr.htm
http://www.stuttmann-karikaturen.de/karikatur.php
Quellenangabe
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Hörath, Helma: Karikatur. In: Rossipotti-Literaturlexikon; hrsg. von Annette Kautt; https://www.literaturlexikon.de/sachbegriffe/karikatur.html; Stand: 17.06.2012.
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