Dialog


Der Dialog in den literarischen Genres


Illustration: Susanne Bauer
und Barbara Jonasch

Sobald sich zwei oder mehrere Menschen miteinander unterhalten, spricht man von einem Gespräch oder Dialog.
In der Literatur wird der Dialog vor allem im Drama verwendet. Das Drama wäre ohne Dialog gar nicht denkbar. Denn über ihn wird die Handlung ausgetragen, die Konflikte über Rede und Gegenrede entwickelt und die Personen charakterisiert. Außerdem kann das Publikum durch den Dialog erkennen, in welcher Beziehung die verschiedenen Personen zueinander stehen.
Aber man kann den Dialog auch in jeder anderen literarischen Gattung finden. Er dient dem Autor dazu, verschiedene Perspektiven, Ansichten und Meinungen zum Ausdruck zu bringen.
Außerdem kann der Autor mit dem Dialog Figuren direkt auf die Rede ihres Gesprächspartners reagieren lassen. Durch die Unterhaltungen oder auch Streitgespräche zwischen den Protagonisten vermittelt der Autor dem Leser das Gefühl, unmittelbar und emotional am Geschehen teilzuhaben.

Zwar gibt es auch literarische Texte, in denen es keine Dialoge gibt, aber meistens macht das Zwiegespräch zwischen den Protagonisten den Text lebendiger. Aus dem Grund findet man heute in der Kinderliteratur sehr viele Dialoge.
Das Gegenteil von dialoglosen Erzählungen sind ganze Dialogromane. Man nennt diese Romanform auch dramatischer Roman oder Lesedrama, weil der Text wie in einem Drama fast vollständig aus Dialogen besteht und der Erzähler vollkommen hinter den Figuren zu verschwinden scheint. Im Gegensatz zum Drama gibt es in Dialogromanen keine Anweisungen für die Schauspieler und auch die Handlung ist nicht in Akte und Szenen aufgeteilt. Denn der Autor eines Dialogromans möchte, dass sein Text in erster Linie gelesen und nicht aufgeführt wird.
Aber auch in der Lyrik kann man Dialoge finden, obwohl gerade Gedichte dafür bekannt sind, dass Gedanken, Gefühle und Beobachtungen von nur einer einzelnen Person ausgedrückt werden.
In diesem Dialog-Gedicht (eines unbekannten Dichters) spricht beispielsweise Vater und Sohn miteinander:

Der kleine Student

„Hans, mein Sohn, was machst du da?“
„Vater, ich studiere.“
„Hans, mein Sohn, das kannst du nicht!“
„Vater, ich probiere.“
 

Geschichte des Dialogs

Die ersten Dialoge gab es schon in der Antike vor über 2000 Jahren. Sie wurden damals von griechischen Philosophen verwendet, um damit verschiedene Ansichten zu einem Problem oder einer Erkenntnis anschaulich zu gestalten.


Illustration: Susanne Bauer
und Barbara Jonasch

Auch der Dialog als selbständige literarische Form wurde durch einen griechischen Philosophen eingeführt: Platon. Platons Sokratische Dialoge sind Lehrgespräche über Moral und Weltanschauung. Darin wird die Ansicht verschiedener Gesprächspartner von der Hauptfigur Sokrates, der Platons Lehrer war, widerlegt. Sokrates gilt durch seine philosophischen Dialoge als ein Begründer der Kunst der Gesprächsführung. Seine Gespräche gab es also tatsächlich, jedoch fanden sie damals nur mündlich auf öffentlichen Plätzen statt. Platon hat diese Dialoge später aufgeschrieben und literarisch bearbeitet.
Im Mittelalter wurden aus den mehrstimmigen Gesprächen lange Lehrgespräche, die nur manchmal von Zwischenfragen unterbrochen wurden. Im Gegensatz dazu gab es als volkssprachliche Dichtform allerdings auch das Streitgedicht, in dem entweder mit Rede und Gegenrede über die Stärken und Schwächen des Gegners oder über allgemeine Fragen diskutiert und gestritten wurde.
Im Humanismus im 15./16. Jahrhundert und in der Aufklärung im 17./18. Jahrhundert wurde der Dialog für Theologen und Philosophen besonders wichtig. Mit seiner Hilfe sollten sich die Menschen mit einer bestimmten Geisteshaltung auseinandersetzen und über Zusammenhänge des gesellschaftlichen oder auch religiösen Lebens aufgeklärt werden.
Der Dialog diente dabei übrigens nicht immer nur einem positiven oder guten Zweck. In religiösen Schriften wurde er oft dazu benutzt, um Gläubige einer anderen Religion schlecht darstellen zu können. Und er wurde auch als gehässige Streitschrift gegen politische Gegner verwendet.
Insgesamt verläuft die Geschichte des Dialogs parallel zur Literatur- und Geistesgeschichte. Während beispielsweise in der Klassik die Dialoge etwas gediegen und getragen geschrieben wurden, ergießen sich die Romantiker eher in schwärmerischen Dialogen.
Mit dem Zurücktreten des Dramas hinter den Roman im mittleren und ausgehenden 19. Jahrhundert wird der Dialog seltener.
Heute finden Dialoge wieder häufig öffentlich statt – nur nicht auf Straßen und Plätzen, wie in der Antike, sondern in verschiedenen Medien. Zum Beispiel in Fernseh-Talkshows, Radiointerviews oder Internetforen. Diskutiert wird dabei in erster Linie über Politik, Kultur und Gesellschaft.

http://www.labbe.de/mellvil/index_vs.asp?themaid=20&titelid=145
http://de.wikipedia.org/wiki/Dialog