Reportage


Bedeutung

Das Wort Reportage kommt aus dem Französischen (das „g“ wird wie ein weiches „sch“ gesprochen, also reportasche) und bedeutet im Deutschen so viel wie Berichterstattung. Im Unterschied zur gewöhnlichen Nachricht, die knappe Informationen über das beschriebene Ereignis enthält und von Nachrichtenagenturen oder Medien meistens ohne Nennung des Verfassers weiter getragen wird, erstattet bei einer Reportage der Autor selbst als Augenzeuge Bericht. Der Reporter, also der Autor einer Reportage, berichtet, was er gerade sieht, hört, riecht und was er von den Menschen vor Ort erfährt. Dadurch vermittelt er den Zuhörern, Lesern oder Zuschauern das Gefühl, selbst mitten im Geschehen zu sein.
Wenn beispielsweise irgendwo ein Haus brennt, beschreibt der Reporter nicht nur, wann die Feuerwehr eingetroffen ist und mit der Rettung der Menschen begonnen hat. Der Reporter beschreibt, wie die Straße während des Brandes oder nach dem Brand aussieht und was er in dem Haus vorfindet. Er schildert die schwarz verkohlten Treppenstufen und Wände, so dass man als Leser die Angst der Menschen in dem brennenden Haus spüren kann und das verbrannte Holz zu riechen glaubt.

Der Reporter zeigt also nicht nur das Ereignis, sondern bringt sich und seine subjektive oder eigene Wahrnehmung selbst in die Berichterstattung mit ein.
Je nachdem, welchen Ausschnitt er wählt, welche Atmosphäre er darstellt und wie er insgesamt seinen Bericht in Szene setzt, wird die Reportage mehr oder weniger persönlich eingefärbt sein. Eine Reportage kann deshalb spannend, witzig, anrührend oder dramatisch sein. Und auf jeden Fall will sie ihr Publikum über eine lebendige, sinnliche und unterhaltsame Darstellung packen.
Ein Reporter ist deshalb immer auf der Suche nach möglichst spannenden Themen. Das können zum Beispiel Geschichten über vertuschte, politische Fehlhandlungen, schlimme Zustände in bestimmten Familien oder Stadtteilen sein, aber auch Berichte über unentdeckte Landstriche, Tierarten oder sensationelle Funde der Archäologen bei Ausgrabungen.

Natürlich erwartet man von einem Reporter trotz seiner subjektiven Berichterstattung, dass er möglichst zuverlässig und sachlich über das Erlebte berichtet. Denn Reportagen leben davon, dass man das, was sie erzählen, nicht nur für wirklich oder echt hält, sondern dass der Fakt wahr ist.
Der Reporter garantiert mit seiner Person für die Echtheit seiner Reportage. Bei Reportagen, die nicht nur über ein brennendes Haus berichten, sondern brisante (das heißt durch die große Aktualität möglicherweise eine hohe gesellschaftliche „Sprengkraft“ aufweisen) oder nicht für möglich gehaltene Dinge darstellen, ist das besonders wichtig. Würde sich zum Beispiel heraus stellen, dass die Reportagen des bekannten Enthüllungsjournalisten Günther Wallraff über die ungerechten, zum Teil katastrophalen Arbeitszustände in deutschen Betrieben gar nicht stimmten, wäre das ein großer Skandal und Günther Wallraff hätte viele Prozesse wegen Verleumdung oder Beleidigung am Hals.

Stil- und Erzählmittel der Reportage

Die Reportage stellt ein Ereignis aus der unmittelbaren Situation heraus auf unterschiedliche Weise dar. Bei einer Reportage für Tageszeitung und Rundfunk steht der Text im Vordergrund. Bei einer Reportage für Illustrierte und Fernsehen sind Fotos und Film wichtige Teile der Veröffentlichung. Hier ergänzt sich die Sprache mit Foto und Film. Es gibt auch Bild-Reportagen. Da „spricht“ zuerst die Abbildung und der Text tritt hinter das Foto zurück.

Um eine Reportage spannend und unterhaltsam zu gestalten, darf der Reporter auf viele Genres und sprachliche Stilmittel zurückgreifen.
Er kann die Reportage mit Tatsachenberichten, Interviews, Rückblenden zu einer Art Collage zusammen fügen. Er kann sie aber auch über eine Rahmenhandlung erzählen und die geschilderten Erlebnisse mit verschiedenen Informationen und Kommentaren versehen.
Außerdem kann er während der Reportage die Erzählperspektive und die Erzählzeit wechseln, um auf eine andere Sichtweise als die eigene aufmerksam zu machen, und er kann den sprachlichen Dialekt des Gesprächspartners aufgreifen.
Wenn er möchte, kann er auch seine eigenen sprachlichen Eigenheiten, wie Lieblingswörter oder Dialekt beibehalten.
Wichtig ist bei all dem, dass der Reporter eine bildliche Sprache verwendet, damit man sich die Ereignisse gut vorstellen kann.

Wegen ihres subjektiven, erzählenden Charakters eignet sich die Reportage auch dazu, in fiktive, literarische Texte eingebaut zu werden. Entweder als Montage, also als Text, der aus verschiedenen Textteilen zusammen gesetzt wird, oder auch als insgesamt erzählerisches Gestaltungsmittel.


Illustration: Imke Staats

Geschichte der Reportage

Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat die Reportage einen festen Platz in der Presse. In Deutschland hatte sie ihre erste Blütezeit in den 1920er Jahren.
Mit ihr ließ sich die Welt der neuen Technik und die Wirklichkeit des von der Massenindustrie bestimmten Lebens in einem literarischen Stil und doch wahrheitsgemäß darstellen.
In dieser Zeit taucht auch der Begriff des „Rasenden Reporters” auf. Viele benutzen ihn heute, ohne zu wissen, woher er kommt. Dieser geht auf eine Sammlung von Reportagen zurück, die 1924 von Egon Erwin Kisch (1885-1948) mit diesem Titel veröffentlicht wurden. Kisch verstand sich auch selbst als ein Berichterstatter, der möglichst überall und gleichzeitig Neues, Unerhörtes und noch nie Dagewesenes aufspüren wollte. Davon abgeleitet, verbindet sich heute damit die Vorstellung, dass ein Reporter sofort erscheinen muss, wenn ein Ereignis beginnt. Um das zu erreichen, muss er sozusagen von einem Ort zum anderen rasen.
Egon Erwin Kisch gehört zu den bekanntesten deutschsprachigen Reportern. Oft zeigen seine Reportagetexte ungewöhnlichen Orte in ganz Europa und sind wie spannende Erzählungen geschrieben. Mit knapper Sprache werden Informationen genannt. Kisch geht als Reporter dabei genau, sorgfältig und sogar humorvoll auf die Handlungsumgebung ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der DDR die Reportage als „Bilder aus der Arbeitswelt“ gepflegt. Fotos wurden mit Textreportagen kombiniert, um die angeblich neue Arbeitsweise in den Fabriken zu zeigen und den Menschen als die Gestalter der sozialistischen Verhältnisse in den Vordergrund zu rücken.
In der BRD gab es erst während der 1960er und 1970er Jahre neues Interesse für die Reportage. Besonders wirkungsvoll waren die Industriereportagen von Günter Wallraff wie Wir brauchen dich (1966). Auch seine Enthüllungsreportagen, bei denen er sich zum Beispiel in einen türkischen Arbeiter verwandelte und seine Erlebnisse schildert (Ganz unten von 1985), fanden einen großen Leserkreis. Diese Art der Untersuchung eines Sachverhaltes ist aber nicht unumstritten. Denn hier beschreibt der Reporter nicht nur seine Beobachtungen und Meinungen zu einem Sachverhalt. Er stellt sich sozusagen innerhalb des ablaufenden Prozesses in Szene und verlässt damit unter Umständen die zwar subjektive, aber der Tatsache verpflichtenden Position eines Reporters.
Die literarische Reportage spielt heute durch die Informationsvielfalt und ihre schnelle, tägliche Verarbeitung nur noch eine untergeordnete Rolle in den Medien.
Die Reportage in Presse, Funk und Fernsehen ist heute dagegen eine der beliebtesten journalistischen Darstellungsformen.
Um die Qualität der deutschsprachigen Reportagen vor allem in Zeitungen und Zeitschriften zu erhöhen, wurde 1977 von Henri Nannen (1913-1996), dem Gründer und langjährigen Chefredakteur der Zeitschrift Stern, der Egon-Erwin-Kisch-Preis gestiftet.

http://www.labbe.de/mellvil/index_vs.asp?themaid=33&titelid=411
http://www.mechant-loup.schule.de/journaux/18/norbert_de.htm
http://www.sowieso.de/portal/kinderreporter
http://www.nachrichtenfuerkinder.de