Erich Ohser

* 18.03.1903 Untergettengrün (Sachsen)
† 6.04.1944 Berlin


Leben


Erich Ohser alias e.o. plauen
Aus: e.o. plauen "Vater und Sohn"
in Gesamtausgabe Erich Ohser
© Südverlag GmbH, Konstanz, 2000

Der heute vor allem als e.o. plauen bekannte Künstler wurde als Erich Ohser 1903 im Vogtland (Sachsen) geboren. Mit vier Jahren zog er mit seiner Familie nach Plauen. Dort verbrachte er seine gesamte Kindheit und Jugend. Bereits mit vierzehn Jahren fing er eine Schlosserlehre an. Doch nach dem erfolgreichem Abschluss der Lehre 1920 wollte Ohser nicht Schlosser werden, sondern lieber Graphiker. Deshalb ging er nach Leipzig, um dort an der Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe zu studieren.
In den 20er Jahren arbeitete Ohser neben dem Studium als Illustrator und Karikaturist für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. 1922 lernte er in Leipzig zuerst Erich Knauf, Redakteur bei der Plauener Volkszeitung, ein Jahr später Erich Kästner, damals Redakteur bei der Neuen Leipziger Zeitung, kennen. Die drei Erichs verband schnell eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit. Ohser zeichnete viel für die Plauener Volkszeitung und für die Neue Leipziger Zeitung. Nach dem Studium illustrierte Ohser außerdem ein paar Gedichtbände von Erich Kästner und zeichnete Karikaturen.
1927 veröffentlichten Kästner und Ohser ein erotisch geschriebenes und gezeichnetes Gedicht mit dem Titel Abendlied des Kammervirtuosen. Weil es damals als zu freizügig empfunden wurde, durften beide nicht mehr für die Neue Leipziger Zeitung arbeiten. Gemeinsam gingen sie deshalb nach Berlin und illustrierten dort Reportagen, Karikaturen und Witze für verschiedene Zeitungen. Ihre illustrierten Texte waren sowohl politisch als auch unpolitisch. Für die sozialdemokratische Zeitung Vorwärts zeichnete Ohser dagegen vor allem politische Karikaturen, mit denen er sowohl radikale Kommunisten wie Nationalsozialisten lächerlich machte.
Neben diesen politischen Arbeiten bekam Ohser von Erich Knauf, der inzwischen bei der Büchergilde Gutenberg arbeitete, Illustrationsaufträge für Bücher von Rudyard Kipling und Michail Soschtschenko.
1929 reisten Kästner und Ohser für ein paar Monate nach Paris, ein Jahr darauf nach Rußland. In Rußland gefiel es Ohser nicht gut. Aus dem Grund machte er sich danach in seinen Karikaturen über die russischen Verhältnisse und Menschen lächerlich oder setzte sie schlecht ins Bild.
1930 heiratete Ohser seine Studienkollegin Marigard Bantzer. Ungefähr ein Jahr später wurde ihr Sohn Christian geboren.
1933 begann mit der Machtergreifung Hitlers und den Nationalsozialisten für Erich Ohser und seine beiden Freunde eine neue, schwierige Zeit: Bei den Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 wurden auch die Werke Kästners mit Illustrationen Ohsers von den Nazis vernichtet. Erich Knauf verlor seine Stellung, Erich Kästner ging in die Innere Emigration und veröffentlichte nur noch einzelne Bücher in der Schweiz. Auch Erich Ohser fiel durch seine Karikaturen von Hitler und seinem Propagandaminister Joseph Goebbels negativ auf. 1934 wurde Ohsers Antrag zur Aufnahme in die Reichspressekammer abgelehnt. Zur Zeit des Regimes oder der Herrschaft der Nationalsozialisten bedeutete das Berufsverbot. Auch wenn dieses Verbot mehrere Monate später wieder zurück genommen wurde, musste Ohser seitdem aufpassen, das Regime nicht weiter zu reizen. In dieser Situation bewarb er sich bei der Berliner Illustrirten Zeitung mit einem Entwurf zur Comicserie Vater und Sohn. Der Entwurf gefiel der Zeitung gut. Trotzdem erhielt Ohser die Zusage für den Auftrag erst, als er sich das Pseudonym oder den Decknamen e.o.plauen zugelegt hatte. Außerdem durfte er sich gleichzeitig zu seiner Arbeit bei der Berliner Illustrirten nicht politisch betätigen.
Im Dezember 1934 wurde die erste Episode der Bildergeschichte von Vater und Sohn mit dem Titel Der schlechte Hausaufsatz in der Berliner Illustrierten veröffentlicht. Von da an erschien die Reihe drei Jahre lang wöchentlich und erreichte ein Millionenpublikum. In diesen drei Jahren wuchs die Beliebtheit der beiden Figuren stetig. Ohser bekam neben zahllosen begeisterten Leserbriefen auch viel Applaus von seinen Kritikern.


Spiel am Strande, Berliner Illustrirte Zeitung 27/1935
Aus: e.o. plauen "Vater und Sohn" in Gesamtausgabe Erich Ohser
© Südverlag GmbH, Konstanz, 2000

Diese Beliebtheit von Vater und Sohn blieb von den Nazis nicht unbemerkt. Bald missbrauchten sie die populären Figuren für ihre eigenen Zwecke: Sie warben mit Vater und Sohn für die Olympischen Spiele 1936, benutzen sie für das Sammeln von Spenden und für die Wahlpropaganda im Jahr 1936. Den Nationalsozialisten war inzwischen bekannt, dass Ohser hinter dem Pseudonym Plauen stand, und so verwendete Ohser den Namen Plauen nun offiziell. Alle Vater und Sohn-Episoden (Folgen) sind von Erich Ohser mit dem Kürzel e.o.p. signiert. Dieses steht für das – aus seinen Initialen (Anfangsbuchstaben) und dem Namen seiner Heimatstadt zusammengesetzten – Pseudonym e.o.plauen. Aufgrund seiner Beliebtheit des Pseudonyms nannte man Erich Ohser in der Öffentlichkeit bald nur noch „Herr Plauen“.
Am Ende des Jahres 1937 wird die letzte Episode von Vater und Sohn in der Berliner Illustrirten abgedruckt. Sie trägt den Titel Das große Abenteuer (später: Der Abschied.) Auch danach blieben die beiden Figuren sehr populär und wurden sogar damals schon zu Non-Book-Artikeln wie Puppen, Kartenspielen oder bedruckten Servietten umgearbeitet und vermarktet. Ohser selbst malte außerdem ein paar Episoden für die sächsische Landeslotterie.
Die Geschichten wurden gesammelt und als Buch veröffentlicht.
Obwohl Erich Ohser unter dem Regime der Nationalsozialisten litt, blieb er lieber „im Rachen des Krokodils“ und in der deutschen „Schicksalsgemeinschaft“ als auszuwandern. Von 1940 bis 1944 zeichnete er sogar für die Wochenzeitschrift der NSDAP (Nationalsozialistische Partei Deutschlands) Das Reich. Für Das Reich zeichnete er in vier Jahren knapp 800 Karikaturen, die sich vor allem über das Verhalten der alliierten oder verbündeten Kriegsfeinde lustig machten. Sie zeigten beispielsweise einen totenkopfähnlichen Schädel, aus dem Schlangen herauskommen mit dem Titel „Selbständige Sowjetstaaten“ oder die amerikanische Freiheitsstatue, wie sie über Europa Bomben aus einem Füllhorn schüttet, auf dem „Glück, Kultur, Frieden, Freiheit, Segen“ steht.
Auch wenn Ohser in den Karikaturen des Reichs keine Kritik am Regime übte, so vermied er es doch konsequent, judenfeindliche Karikaturen zu zeichnen.
Darüber hinaus konnte Ohser seine Abneigung gegen die Nationalsozialisten auf Dauer nicht verheimlichen. Im Februar 1944 wurden er und Erich Knauf von einem Nachbarn wegen regimekritischer Äußerungen denunziert, das heißt verpetzt, worauf er und sein Freund Erich Knauf verhaftet wurden. Der Gerichtsprozess sollte am 6. April desselben Jahres eröffnet werden. In der Nacht zuvor nahm sich Erich Ohser im Gefängnis das Leben. Er hinterließ einen Abschiedsbrief, in dem er die ganze Verantwortung für das regimefeindliche Gespräch, bei dem sie belauscht wurden, auf sich nahm und seinen Freund Erich Knauf entlastete. Trotzdem wurde Erich Knauf im Mai 1944 hingerichtet.
Erich Ohsers Werk wurde auch nach seinem Tod weiter veröffentlicht und erforscht. Seit 1993 gibt es in Plauen die e.o.plauen Gesellschaft, die Ohsers Zeichnungen dokumentiert, weiter erforscht und die Erinnerung an Erich Ohser wach halten möchte. Zu diesem Zweck lobt die Gesellschaft auch regelmäßig einen e.o.plauen-Preis aus, den bisher so bekannte Künstler wie F.K.Waechter, Tomi Ungerer oder Jean-Jaques Sempé erhalten haben.

Werk und Stil

Erich Ohser zählte zu den bekanntesten Zeichnern seiner Zeit. Er hat eine große Bandbreite künstlerischer Arbeiten hinterlassen. Dazu gehören seine politische Karikaturen, in denen er unter anderem Heuchler, Spießer und Menschen zeichnete, die nur an ihren eigenen Profit denken. Daneben zeichnete aber auch unpolitischen Bilder wie Aktzeichnungen, Landschaftsbilder, sowie Portraits von Kollegen, von Abgeordneten des Reichstags oder einfach von unbekannten Menschen, die ihm auf der Straße oder im Café über den Weg liefen. Und er illustrierte Gedichte und Romane von anderen Künstlern wie Erich Kästner, Michail Soschtschenko und Rudyard Kipling.


Aus: e.o. plauen "Vater und Sohn"
in Gesamtausgabe Erich Ohser
© Südverlag GmbH, Konstanz, 2000

Am berühmtesten wurde er unter dem Namen e.o.plauen als Zeichner und Erfinder der Bildergeschichten Vater und Sohn. Die pantomimischen Bildergeschichten sind bis heute in vielen Ländern der Welt bekannt. In Deutschland werden die Vater und Sohn-Geschichten auch heute noch in der Schule als Bildergeschichten verwendet. Hier dienen die lustigen Episoden als Erzählanreiz für Aufsätze.
Die einzelnen Folgen kommen fast ohne Text aus. Allein die Überschrift erklärt oder kommentiert das jeweilige Geschehen. In jeder Episode wird auf ungefähr sechs Bildern eine kleine Geschichte zwischen einem glatzköpfigen, kugelbäuchigem Vater mit buschigen Augenbrauen und seinem kleinen Sohn erzählt.
Die beiden Helden erleben alltägliche Geschichten, die durch kleine Streiterein, Missverständnisse, unerwarteten Problemlösungen und Streichen zu kleinen Abenteuern mit einer oft überraschenden Pointe werden. Die kleinen Fehler und Schwächen der Titelhelden machen dabei den Witz der Bildergeschichten aus.
Dieser Witz gefiel in den 1930er Jahren nicht allen. Zum Beispiel wurde der eigenwillige Erziehungsstil des Vaters oder die fragwürdige Botschaften der einzelnen Geschichten kritisiert.
Das Verhältnis von Vater und Sohn ist jedoch durch gegenseitigen Respekt und familiäre Liebe geprägt. Die Figuren sollen auf diese Weise die respekt- und achtungsvolle Einstellung Ohsers gegenüber anderen Menschen darstellen. Wie Ohser selbst einmal sagte, wurde er zu den Geschichten durch das Verhältnis zu seinem Vater sowie durch die eigene Vaterrolle und die Liebe zu seinem Sohn inspiriert.

Ohser zeichnete seine Geschichten meistens gleich in schwarzer Tusche. Nur wenige seiner Ideenskizzen entwirft er zunächst mit dem Bleistift. Die Vater und Sohn-Bilder zeichnen sich stilistisch durch eine glatte Strichführung aus. Runde Linien machen seinen Stil aus und erinnern etwas an die Karikaturen Wilhelm Buschs. Insgesamt konzentrieren sich die Bilder ohne Details auf das Wesentliche der Aussage und sprechen für sich selbst. Diese Reduzierung oder Einfachheit der Aussage wurde zu Ohsers Lebzeiten von seinen Kritikern auch als „Primitivität“ angekreidet.
Ohsers Fans hatten dazu offensichtlich eine andere Meinung und so sind zumindest die Geschichten von Vater und Sohn bis heute beliebt.

Titelauswahl

Das kommt davon / Kipling, Rudyard (Text); Ohser, Erich (Illu.) - Abel & Müller 1925. Buchvorstellungen: ()
Herz auf Taille / Kästner, Erich (Text); Ohser, Erich (Illu.) - Kurt Weller 1928. Buchvorstellungen: ()
Die Stiefel des Zaren - Erzählungen aus dem heutigen Russland / Soschtschenko, Michail (Text); Ohser, Erich (Illu.) - Büchergilde 1930. Buchvorstellungen: ()
Ein Mann gibt Auskunft / Kästner, Erich (Text); Ohser, Erich (Illu.) - Deutsche Verlagsanstalt 1930. Buchvorstellungen: ()
Gesang zwischen den Stühlen / Kästner, Erich (Text); Ohser, Erich (Illu.) - Deutsche Verlagsanstalt 1932. Buchvorstellungen: ()
Vater und Sohn - 50 lustige Streiche und Abenteuer / Plauen, E.O. (Text); Plauen, E.O. (Illu.) - Ullstein 1935. Buchvorstellungen: ()
Vater und Sohn - 50 neue lustige Streiche und Abenteuer / Plauen, E.O. (Text); Plauen, E.O. (Illu.) - Ullstein 1936. Buchvorstellungen: ()
Vater und Sohn - Noch 50 lustige Streiche und Abenteuer / Plauen, E.O. (Text); Plauen, E.O. (Illu.) - Ullstein 1938. Buchvorstellungen: ()

http://vaterundsohn.de/
http://www.erichohser.de/