Anthony Browne

* 1946 in Sheffield, Yorkshire (Großbritannien)


Leben


Anthony Browne
© Lappan Verlag GmbH

Anthony Browne ist im Norden Englands geboren und aufgewachsen. Brownes Eltern besaßen eine Kneipe, in der er und sein älterer Bruder viel Zeit verbrachten. Oft stand Anthony auf einem der Tische und unterhielt die Gäste, indem er selbst ausgedachte Geschichten erzählte. Gemeinsam mit seinem Vater zeichnete er viel.
Nachdem er die Schule beendet hatte, studierte er Grafikdesign in Leeds und wollte danach Maler werden. Um Geld zu verdienen, begann er als anatomischer Zeichner für ein Krankenhaus in Manchester zu arbeiten. Genervt davon, nur Leichen zeichnen zu müssen, gab er nach drei Jahren diesen Job auf. Zum Glück hatte er eine Arbeit als Grußkartenmaler bei einer großen Postkartenfirma gefunden, für die er im Folgenden 15 Jahre lang arbeitete. 1976 erschien sein erstes Bilderbuch Through the Magic Mirror in England. Erst sein zweites Bilderbuch Ein Spaziergang im Park wurde auch ins Deutsche übersetzt.
Internationale Bekanntheit erlangte er mit seinem Bilderbuch Der Geburtstagsgorilla.
Anthony Browne ist der einzige englische Illustrator, der den Hans Christian Andersen Preis erhielt, der als höchste internationale Auszeichnung für Kinderliteratur gilt. Mit seinen durchdachten, vielschichtigen Bilderbüchern gehört er zu jenen Illustratoren, die das Bilderbuch modernisierten. In solchen Bilderbüchern findet man nicht einfach eine heile und bunte Welt, sondern Bildgeschichten zu Themen, die mit der tatsächlichen Alltagswelt, auch mit Problemen zu tun haben. Anthony Browne ist verheiratet und hat zwei Kinder.


Illustration aus dem Buch „Das Formenspiel" von Anthony Browne © Lappan Verlag GmbH

Werk und Stil

Ein besonderes Merkmale von Anthony Browne ist sein sehr detailgetreuer, fast fotorealistischer Malstil. Obwohl die dargestellten Dinge und Figuren sehr lebensecht wirken, sind seine Bildinhalte meistens nicht realistisch. Oft haben seine Figuren zwar menschliche Körper, aber Tier- vor allem Affenköpfe. So ist Willi, die Figur einer Bilderbuchreihe, ein Kind mit einem Schimpansenkopf. Was auf den ersten Blick witzig aussieht, ist auch ein Verfremdungseffekt, der zwischen Betrachter und den Figuren im Buch einen Abstand erzeugt und zum genaueren Hinschauen auffordert.
Anthony Browne schreibt meistens die Geschichten für seine Bilderbücher selbst. Oft handeln sie von schwierigen Situationen, in denen sich Kinder befinden. In Alles wird anders ist ein Junge alleine zu Hause. Sein Vater hat ihn alleine gelassen, um die Mutter aus dem Krankenhaus abzuholen und gesagt, dass jetzt alles anders werde.
Was das zu bedeuten hat, weiß weder der Junge noch der Leser. Diese Worte beflügeln jedoch die Phantasie des Jungen. Alltägliche Gegenstände verwandeln sich plötzlich. In der Küche wachsen der Teekanne zwei Katzenohren und ein Schwanz. Dem Pantoffel wachsen ein Schnabel und ein Flügel und im Wohnzimmer hockt ein Gorilla, der zuvor ein Sessel war. Am Ende kommen Vater und Mutter nach Hause und liefern die Antwort auf die Frage, warum denn jetzt alles anders wird: Eine kleine Schwester ist geboren.
Während sich wenig Handlung ereignet, lebt das Buch von den surrealistischen, also unwirklichen Bildern, die zeigen, welche Wirkung die Worte des Vaters auf den Jungen haben. Bilder sind also hier nicht Abbild der Wirklichkeit, sondern veranschaulichen die von Gefühlen und Gedanken beeinflusste Wahrnehmung der Hauptfigur.

Wie Bilder das Wesen von Figuren anschaulich machen können, zeigt Browne in seinem Bilderbuch Stimmen im Park. Inhaltlich geht es um vier Leute, die sich im Park begegnen und die in vier Kapiteln jeweils aus ihrer Sicht von ihrem Spaziergang im Park erzählen. Die erste Stimme gehört einer Mutter, die in einer Villa lebt und mit ihrem Sohn und ihrer reinrassigen Labradorhündin in den Park geht. Sie möchte alles unter Kontrolle haben und ärgert sich, als nicht nur ihre Hündin nicht auf sie hört, sondern ihr Sohn mit einem schmuddeligen Kind spielt.
Ganz anders dagegen die zweite Stimme, die einem arbeitslosen Vater gehört, der mit seiner Tochter und seinem Hund in den Park geht. Er achtet gar nicht auf seine Tochter und sucht stattdessen in der Zeitung, die er gefunden hat, nach Stellenanzeigen.
Dem Sohn der bürgerlichen Mutter gehört die dritte Stimme. Er lernt im Park ein Mädchen kennen und zeigt ihr, wie man auf Bäume klettert.
Die letzte Stimme gehört dem Mädchen, das erzählt, was sie alles Tolles mit dem Jungen im Park erlebt hat, den sie kennen gelernt hat.
Nicht nur die unterschiedlich verwendeten Schriftarten für die unterschiedlichen Stimmen, auch die verschiedenartig ausgeführten Bilder verdeutlichen, von welcher Wesensart der Betreffende ist. Durch die Überschneidungen in Text und Bild innerhalb der vier Geschichten, lässt sich erkennen, dass alle vier Figuren von ein und dem selben Tag erzählen. Trotzdem ordnet Browne den Figuren unterschiedliche Jahreszeiten zu. So erscheinen die Bäume und Pflanzen im Park herbstlich, wenn die Mutter erzählt und winterlich, wenn der arbeitslose Vater berichtet. Der von seiner Mutter dominierte Junge erkundet den Park im Frühling, das Mädchen im Sommer. Die Stimmung und die Sicht auf die Welt der jeweiligen Figuren färbt sozusagen die Atmosphäre der Bilder. Je genauer man sich die Bilder anschaut, desto mehr lassen sich aus ihnen die Charaktere der Figuren, aus deren Sicht gerade die Welt gezeigt wird, ablesen. Auch die Perspektive, die die Bilder veranschaulichen, transportiert Informationen. Mal sieht der Betrachter oder Leser das, was die Figur sieht, die gerade erzählt. Mal blickt man von außen auf diese. Manchmal zeigt uns Browne auch die Perspektive der Figur wobei sie selbst auch im Bild zu sehen und so ihre Reaktion auf das Geschaute zu erkennen ist. Obwohl alle vier Figuren Affenköpfe haben, die Kinder Schimpansen und die Erwachsenen Gorillaköpfe, ergeben sich aus den ihnen jeweils zugeordneten Bildgeschichten typisch menschliche Charaktere.

Hatte Browne in Alles wird anders die Menschen als Menschen gezeigt und in Stimmen im Park mit Affenköpfen, so stellt er in Zoo Menschen und Tiere gegenüber. Die hier gezeigte vierköpfige Familie gebärdet sich bei einem Zoobesuch peinlich, kindlich oder arrogant. Ihnen stellt Browne textfreie ganzseitige Bildtafeln gegenüber, die die Tiere in ihren Gehegen zeigen. In ihren Käfigen wirken sie einsam und entfremdet, ganz anders als sie üblicherweise auf Bilderbuchbildern erscheinen, die von Zootieren erzählen.
Browne ist nicht nur in diesem Buch, sondern auch in seinen anderen Büchern meist ein kritischer Illustrator und Autor, der in seinen Bilderbüchern Partei für den Schwächeren ergreift.
Neben seiner kritischen Haltung ist Kunst ein immer wiederkehrendes Element in Brownes Werk. Dabei zitiert er berühmte Gemälde, wie die Mona Lisa oder Die Geburt der Venus, das heißt er malt sie so nach, dass man das berühmte Gemälde wiedererkennt. Seine Bilderbücher sind voll mit solchen Bezügen zu berühmten Kunstwerken. In Das Formenspiel oder Willi der Maler führt er Kinder ganz gezielt in die Welt der Malerei ein und stellt ihnen Beispiele aus der Kunst vor. Trotzdem verfremdet er die Gemälde. Unnötig zu sagen, dass ein Mittel der Verfremdung darin besteht, die Köpfe der Figuren durch Affenköpfe zu ersetzen.

Auszeichnungen (Auswahl)

1985 Deutscher Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch für Mein Papi, nur meiner!
1990 Silberner Griffel für Der Tunnel
1999 nominiert zum Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch mit Stimmen im Park
2000 Hans Christian Andersen Preis
2001 nominiert zum Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch mit Willi der Maler

Titelauswahl

Ein Spaziergang im Park / Browne, Anthony (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Herder 1979. Buchvorstellungen: ()
Der Geburtstagsgorilla / Browne, Anthony (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Herder 1983. Buchvorstellungen: ()
Mein Papi, nur meiner! Oder Besucher die zum bleiben kamen / MacAfee, Annalena (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Alibaba 1984. Buchvorstellungen: ()
Alice im Wunderland / Carroll, Lewis (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Lappan 1988. Buchvorstellungen: ()
Der Tunnel / Browne, Anthony (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Lappan 1990. Buchvorstellungen: ()
Stimmen im Park / Browne, Anthony (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Lappan 1998. Buchvorstellungen: ()
Willi der Maler / Browne, Anthony (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Lappan 2000. Buchvorstellungen: ()
Das Formenspiel / Browne, Anthony (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Lappan 2003. Buchvorstellungen: ()
Matti macht sich Sorgen / Browne, Anthony (Text); Browne, Anthony (Illu.) - Lappan 2005. Buchvorstellungen: ()

http://www.guardian.co.uk/books/gallery/2009/jun/08/childrens-laureate-g...