Jörg Müller
* 11.10.1942 in Lausanne (Schweiz)
Leben
Jörg Müller
© Sauerländer Verlag
Jörg Müller ist in Lausanne geboren und in Küsnacht bei Zürich aufgewachsen. Er besuchte 1959 den Vorkurs der Kunstgewerbeschule in Zürich und machte dann von 1960-1964 eine Ausbildung als Werbegrafiker an der Kunstgewerbeschule in Biel. Danach arbeitete er bis 1967 in Paris, erst in einer Design-Agentur und dann ein Jahr als selbstständiger Grafiker. 1968 zog er zurück in die Schweiz und arbeitete in einer Werbeagentur. Daneben begann er 1969 mit dem Projekt, aus dem sein erstes Bilderbuch hervorgehen sollte. In diesem Projekt schuf er die Bildermappe, die den langen Titel Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder oder Die Veränderung der Landschaft trägt. Sie machte Müller nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und in Skandinavien bekannt. Seit 1974 hat er viele Bücher mit dem Schweizer Schriftsteller Jörg Steiner gestaltet. Für den Sauerländer Verlag illustrierte er ab 1970 Kinder- und Sachbücher. Ab 1974 zeichnete er Bildergeschichten für die Sendung mit der Maus. Auch viele seiner Bilderbücher wurden als Trickfilme umgesetzt. Da er für die Fertigung seiner Bilder sehr viel Zeit braucht, hat er in 21 Jahren nur 9 Bücher gemacht. Für dieses Gesamtwerk bekam er 1994 den Hans Christian Andersen Preis verliehen. Jörg Müller lebt und arbeitet in Biel in der Schweiz.
Illustration aus dem Buch „Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder oder Die Veränderung der Landschaft“
von Jörg Müller © Sauerländer Verlag
Werk und Stil
Bekannt wurde Jörg Müller durch seine Bildermappe Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder oder Die Veränderung der Landschaft. Außer dem langen Buchtitel gibt es in der Bildermappe keinen Text zu den Bildern. Auf sieben großformatigen Bildtafeln zeigt Müller den immer gleichen Ausschnitt einer Landschaft, die sich während der Jahre verändert. Die erste Bildtafel zeigt eine grüne und luftige Landschaft im Jahre 1953, in deren Zentrum eine pinkfarbene Villa steht. Zwanzig Jahre später beherrschen Beton, Stahl und Straßen das Bild. Das Grün ist zu einer schmalen Wiese des Mittelstreifens einer Schnellstraße zusammengeschmolzen, die Natur ist der Bauwut der Menschen gewichen.
Hier zeigt sich Müllers Vorliebe für ganz genaues und detailgetreues Zeichnen. Auch wenn die Landschaft, die Müller zeigt, ausgedacht ist, wirkt sie durch die realistische Darstellungsweise wie von der Wirklichkeit präzise abgemalt. Die Räumlichkeit des Bildes, in dem man viele kleine Bildelemente entdecken kann, lädt dazu ein, sich die Bilder länger anzuschauen, um dann die einzelnen Bildtafeln miteinander zu vergleichen. So wird der allmähliche Veränderungsprozess der Umwelt anschaulich.
Auffällig ist, dass Müller keine reinen Farben verwendet, sondern gebrochene. Das heißt, er verwendet die Farben nicht pur, sondern abgetönt: Ein Gelb ist bei ihm eher ein Ocker, ein Grün ein Graugrau.
Das ändert sich später, zum Beispiel in dem Buch Aufstand der Tiere oder Die neuen Stadtmusikanten, für das er den Deutschen Jugendliteraturpreis bekam. Der Aufstand der Tiere ist eine moderne Fassung der Bremer Stadtmusikanten, ein Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm. Die Hauptfiguren sind hier jedoch keine natürlichen Tiere, sondern Tiere aus der Werbung. Weil sie ihrer Rolle als Werbeträger überdrüssig sind, reißen sie aus. Am Ende entpuppt sich die Geschichte jedoch als eine Fernsehshow. Den Text zu dieser Geschichte hat Jörg Steiner geschrieben und Müller hat dafür sehr spezielle Bilder geschaffen. Schon die Seiten des Bilderbuchs sind so glatt wie in einer Hochglanzzeitschrift. Sie zeigen ganz fotorealistisch eine durchgestylte Großstadt ohne jede Natürlichkeit. In dieser glänzenden, kalten Welt aus Neonlicht und Asphalt scheinen die Tiere einsam unterzugehen. Müller verwendet hier viel schwarze Fläche, Neonfarben und gibt das Licht und Schattenspiel der Großstadt wieder. Der Rahmen der Bilder entspricht dabei der Form eines Fernsehmonitors und ab und zu laufen Störstreifen wie bei einem alten Fernseher über die Bildoberfläche.
Die Ästhetik, die Müller für seine Bilder benutzt, enthält ebenso wie die Geschichte durch ihre extreme Künstlichkeit eine Kritik an der falschen Welt der Werbung und des Fernsehens. Wie auch in anderen Büchern setzt Müller besondere Perspektiven ein, aus denen er seine Bilder zeichnet, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Solche Bildeinstellungen hat er von der Bilddramaturgie im Film übernommen.
In anderen Büchern, zum Beispiel in Die Kanincheninsel, ordnet er mehrere Bilder so auf einer Seite an, wie in einem Comic.
Neben Bilderbüchern und Buchillustrationen hat Müller auch Sachbuchillustrationen gestaltet. Bis ins kleinste Detail präzise ausgeführte, panoramaartige Bilder hat er zum Beispiel zur Darstellung einer mittelalterlichen Stadt und zur Veranschaulichung schweizerischer Burgen gemacht. Bevor er solch akkurate Illustrationen zeichnet, sammelt er genaue Informationen und bildnerisches Material, um dann wirklichkeitsgetreue Nachbildungen alter Städte oder Burgen zu erschaffen. In solche Bildräume kann man eintauchen, als ginge man mit den Augen auf eine Zeitreise.
Auszeichnungen (Auswahl)
1973 Schönste Schweizer Bücher für die Bildmappe und Das geheime Bordbuch (Text von L. Dvorsky mit Illustrationen von Jörg und Annemarie Müller)
1974 Deutscher Jugendliteraturpreis Sparte Bilderbuch für Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder oder Die Veränderung der Landschaft
1980 Bolagna Ragazzi Award Peter und der Wolf
1990 Deutscher Jugendliteraturpreis Sparte Bilderbuch für Aufstand der Tiere oder Die neuen Stadtmusikanten
1994 Hans-Christian-Andersen-Medaille für sein Gesamtwerk
Titelauswahl
Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder - oder die Veränderung der landschaft / Müller, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1974. Buchvorstellungen: () | |
Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn oder die / Müller, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1976. Buchvorstellungen: () | |
Die Kanincheninsel / Steiner, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1977. Buchvorstellungen: () | |
Die Menschen im Meer / Steiner, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1981. Buchvorstellungen: () | |
Der Eisblumenwald / Steiner, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1983. Buchvorstellungen: () | |
Die neuen Stadtmusikanten in Aufstand der Tiere / Steiner, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1989. Buchvorstellungen: () | |
Auf der Gasse und hinter dem Ofen - Eine Stadt im Mittelalter / Schneider, Jürg E. (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1995. Buchvorstellungen: () | |
Der standhafte Zinnsoldat / Müller, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1996. Buchvorstellungen: () | |
Was wollt ihr machen, wenn der schwarze Mann kommt? / Steiner, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 1998. Buchvorstellungen: () | |
Das Buch im Buch im Buch / Müller, Jörg (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 2001. Buchvorstellungen: () | |
Die Weihnachtsshow / Schär, Brigitte (Text); Müller, Jörg (Illu.) - Sauerländer 2005. Buchvorstellungen: () |
Links
http://www.kultur-online.net/?q=node/1042&nlb=1
Quellenangabe
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Wildeisen, Sarah: Jörg Müller. In: Rossipotti-Literaturlexikon; hrsg. von Annette Kautt; https://www.literaturlexikon.de/illustratoren/mueller_joerg.html; Stand: 13.08.2012.
- Illustratoren
- Bauer, Jutta
- Berner, Rotraut Susanne
- Blake, Quentin
- Blau, Aljoscha
- Bofinger, Manfred
- Browne, Anthony
- Bruna, Dick
- Buchholz, Quint
- Budde, Nadia
- Busch, Wilhelm
- Carle, Eric
- Child, Lauren
- Couprie, Katy / Louchard, Antonin *
- Cousins, Lucy
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- Gleich, Jacky
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- Heine, Helme *
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