Hannes Hegen
* 16.5.1925 in Böhmisch Kamnitz
† 8.11.2014 in Berlin
Leben
Titelbild der 1. Ausgabe der
Digedags aus dem Jahr 1955
Hannes Hegen heißt eigentlich Johannes Eduard Hegenbarth. Er kam am 25. Mai 1925 in Böhmisch Kamnitz, das heute in Tschechien liegt, zur Welt. Dort wuchs er auch auf und ging zur Schule.
Nach seiner Schulzeit, besuchte er zunächst die Staatsschule für Glasveredlung und Kunstglasindustrie in Steinschönau. Dann studierte er ab 1943 ein Jahr lang Kunst in Wien und nach dem Krieg von 1947 bis 1950 Buchkunst in Leipzig.
Nachdem Hegenbarth 1950 sein Studium beendet hatte, arbeitete er zunächst für das einzige Satiremagazin der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR), den Eulenspiegel, das aber damals noch Frischer Wind hieß.
Parallel dazu erdachte Hegenbarth eine Comicreihe mit dem Titel MOSAIK, um die Abenteuer dreier jugendlicher Protagonisten Dig, Dag und Digedag. Diese Reihe stellt er 1955 dem Verlag Neues Leben vor. Dort rannte er offenen Türen ein, weil kurz zuvor der Zentralrat der Organisation Freie Deutsche Jugend den Verlag Neues Leben damit beauftragt hatte, eine eigene Bilderzeitschrift herauszugeben, die sich von den Westcomics absetzen sollte. Denn einerseits wurden die westlichen Comics in der DDR als kapitalistischer Schund bezeichnet, andererseits wollte das Regime den populären westdeutschen Comics wie Micky Maus aber auch eine ostdeutsche Antwort gegenüberstellen, um den Einfluss auf die ostdeutsche Jugend nicht zu verlieren.
Um sich von den Westcomics auch namentlich abzuheben, nannte man die eigenen Comics nicht „Comics“, sondern „Bilderzeitschriften“. Kurz darauf erschien Hegenbarth mit seinen Entwürfen für das MOSAIK im Verlag. Noch im Dezember desselben Jahres erschien das erste MOSAIK-Heft mit dem Titel Dig Dag Digedag auf der Jagd nach dem Golde unter dem Künstlernamen Hannes Hegen.
Die MOSAIK-Hefte wurden Hegens Lebenswerk. Nachdem er die ersten Hefte alleine gezeichnet hat, halfen ihm bei den weiteren Heften mehrere Autoren und Illustratoren wie Lothar Dräger und Lona Rietschel und auch seine Ehefrau Edith Hegenbarth. In den folgenden 20 Jahren leitete er ein Team von Illustratoren und Autoren an.
Von 1955 bis 1957 erschien die Zeitschrift MOSAIK alle drei Monate, 1957 wurde die Auflage erhöht und die Zeitschrift erschien bis 1975 monatlich. Bis 1975 gab Hegen 223 Bilderzeitschriften um die Digedags heraus.
Weil die MOSAIK-Zeitschriften typische Comicmerkmale enthielten, wie Sprechblasen oder die Lautmalerei und dadurch den westlichen Comics des sogenannten Klassenfeindes recht ähnlich waren, wurden die Bilderzeitschriften vom Regime kontrolliert und standen unter ständiger staatlicher Beobachtung.
Insgesamt sollte Kunst und Literatur in der ehemaligen DDR nicht allein der Ästhetik folgen oder der Unterhaltung dienen. Das Regime erwartete von Künstlern und Autoren im Land politische Unterstützung. Und so sollten künstlerische Werke und literarische Veröffentlichungen die ideologische, das heißt weltanschauliche, Linie der Regierung vermitteln. Die (Regierungs-)Partei versuchte deshalb auch Einfluss auf die Inhalte des MOSAIKs zu auszuüben. Sie setzte einen regimetreuen Chefredakteur im MOSAIK-Team ein, der Hegens Arbeit überwachte und die Möglichkeit hatte, die Reihe sowohl inhaltlich als auch stilistisch zu zensieren. Ab 1958 waren die Geschichten der Digedags deshalb politischer ausgerichtet. Auch wissenschaftliche und historische Themen sollten in der Reihe enthalten sein, um die jugendliche Leserschaft für diese Bereiche zu begeistern. Und so entstand beispielsweise eine Erfinder-Reihe innerhalb der Digedag-Comics. Insgesamt blieben aber sowohl Inhalt und Gestaltung weitgehend in den Händen von Hannes Hegen. Und so spiegeln zwar viele Geschichten die sozialistische Blickrichtung wieder, sind aber trotzdem frei von platter Propaganda.
1960 wechselte der Verleger des MOSAIKs. Von nun an wurden die Digedags vom Verlag Junge Welt heraus gegeben, der zur DDR-Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend gehörte. Das Regime der DDR nahm nun noch mehr Einfluss darauf, was die Zeitschrift aussagen sollte. In der Folge geriet Hegen aufgrund der inhaltlichen und stilistischen Einmischungen immer häufiger mit der Verlagsleitung aneinander. Hegen kündigte 1973 schließlich seine Mitarbeit beim MOSAIK. Er bestand auf seine Urheberrechte an den Digedags. Weil er sie als seine Erfindung hatte eintragen lassen, konnte der Verlag den Namen der Reihe und die Figuren nicht mehr verwenden. So erschien im Juni 1975 auch die 223. und letzte Folge der Digedags: Fatimas Heimkehr.
Der Verlag behalf sich dann, indem er zunächst die Hefte 90 bis 95 nachdruckte um dann ab 1976 mit neuen Helden, den Abrafaxen weiter machte.
Nach dem Ende der MOSAIK-Reihe zog sich Hegenbarth ins Privatleben zurück. Viele Jahrzehnte später übergab Johannes Hegenbarth sein Werk dem Leipziger Haus der Geschichte. Dort wird seither die Reihe MOSAIK inklusive zahlreicher Studien, Skizzen und Vorarbeiten ausgestellt.
Johannes Hegenbarth lebt heute in Berlin.
Werk und Stil
Johannes Hegenbarth war Graphiker, Zeichner und Texter. Außerdem war er einer der offiziell anerkannte Comiczeichner in der DDR. Da westliche Comics im Osten verpönt und nur unter der Hand zu bekommen waren, waren seine Figuren, die Digedags, außer Konkurrenz und so fast allen Kindern und Jugendlichen der DDR bekannt.
Die farbenprächtigen, abwechslungsreichen Reise-Abenteuer der Digedags durch Zeit und Raum standen im Gegensatz zur fehlenden Reisefreiheit der DDR-Bürgerinnen und Bürger und war wohl ein anderer wesentlicher Grund für die Beliebtheit der MOSAIK-Hefte.
Hegen selbst, der die von ihm dargestellten Länder ja selbst auch nie bereiste, hatte mehrere Tausend Geschichts-, Kunst- und Architektur-Bücher über verschiedene Länder, in denen er nachschauen konnte, wie es anderswo und zu einer anderen Zeit aussah.
Zwischen 1955 und 1975 erschienen 223 Hefte mit einer Auflage von bis zu 660.000. Bis heute hat die Serie Kultstatus, vor allem bei vielen Erwachsenen. Sie sind beliebte Sammlerobjekt und haben bis heute offizielle und inoffizielle Fanseiten im Internet. Die Nachfolger der Digedags, die Abrafaxe, wurden ebenfalls sehr populär und erfolgreich und werden bis heute gezeichnet und verlegt. Für eingefleischte Hegen-Fans sind sie aber kein Ersatz.
Die Protagonisten der Serie Digedags sind drei jugendliche Helden: Dig, Dag und Digedag. Der erste klein, mit rundem Gesicht, schwarzen Haaren und einer dicken Kartoffelnase, Dag mit blondem Haar, und einer kleinen Stupsnase und Letzterer groß, mit einem langen Gesicht Kopf, rotem Haar und einer langen Karottennase.
Die Digedags sind mutig, abenteuerlustig und stets auf der Seite der Schwächeren, für die sie sich auch tatkräftig einsetzen. Sie reisen, teilweise voneinander getrennt, durch Raum und Zeit, erleben Abenteuer am Bosporus und Aufruhr im Dschungel, bereisen die Südsee und den Orient. Weil das Thema Raumfahrt im Kalten Krieg einen wichtigen Konkurrenzpunkt zwischen der Sowjetunion und den USA darstellte, spielte es auf Anweisung von der Regierung auch im MOSAIK eine Rolle. Hannes Hegen und sein Team verarbeitete diesen Stoff, indem es die Digedags mit einer Rakete ins Weltall entführen ließ. Im All werden die Digedags dann auf dem Planeten Neos in einen Konflikt zwischen Republikanischer Union und dem Großneonischen Reich gezogen, wodurch die Geschichte Parallelen mit dem Kalten Krieg zwischen sozialistischem Osten und kapitalistischem Westen aufweist.
Die über 200 Mosaik-Hefte lassen sich inhaltlich nach den Abenteuern der Digedags und ihren Schauplätzen in 7 Serien einteilen: So gibt es eine Südsee Serie, eine Römer Serie, eine Weltraum Serie, eine Erfinder Serie, die Ritter Runkel Serie, in der die Digedags die Knappen des Ritters Heino von Runkel Rübenstein sind. Außerdem gibt es eine Amerika Serie und eine Orient Serie, in der die drei Helden von Istanbul aus mit dem fliegenden Teppich in den Orient starten, wo sie sich im Kampf für Gerechtigkeit mit Sklavenhändlern und dem Sultan anlegen und der schönen Fatima begegnen.
Mit den westlichen Comics weisen die Bildergeschichten von Hannes Hegen einige Gemeinsamkeiten auf. Das Bild überwiegt den Text-Teil, die Figuren sind mit wenigen Strichen gezeichnet und mit knalligen Farben ausgefüllt. Und die Bilderfolgen fangen nur die wichtigsten Momente im zeitlichen Verlauf einer Geschichte ein.
Anfangs war der Text bei Hegen noch comictypisch mit Sprechblasen im Bild eingefügt. Später jedoch wurde im MOSAIK der Text über oder unter den Bildern, statt in Sprechblasen angeordnet.
Im Unterschied zu den westlichen Comics, sind Hegens Figuren eher realistisch gezeichnet als comichaft überzeichnet. Außerdem gibt es in den Digedags keine selbst erfundenen Wesen, tierische Helden kommen auch nicht vor. Auch die Sprache in den Digedags entspricht nicht den westlichen Comics. Sie ist weniger lautmalerisch, knapp und witzig, sondern eher erzählend und belehrend.
Zu den Unterschieden zwischen West-Comics und der MOSAIK zählt auch, dass die MOSAIK-Comics nicht von allzu schnellen Bilderwechseln geprägt waren und vergleichsweise große und relativ wenige Bilder auf einer Seite hatten. Der Name Bilderzeitschriften erscheint insofern passend und beschreibt damit zugleich die signifikanten Unterscheide zum Comicheft des “Klassenfeindes”.
Preise und Auszeichnungen
2008 Max und Moritz-Preis
2010 Bundesverdienstkreuz am Bande
Titelauswahl
Mosaik 201 - Die seltsamen Flibustier / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1973. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 202 - Die Affenplage von San Felipe / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1973. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 203 - Die Kanonen der Bella Espagna / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1973. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 204 - Auf Kaperfahrt / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1973. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 205 - Das Bananenwunder / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1973. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 206 - Das Schiff aus England / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 207 - Das Waffenlager / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 208 - Verlobung auf San Felipe / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 209 - In den Sümpfen von Florida / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 210 - Rückzug durch Feindesland / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 211 - Wiedersehen mit Jenny / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 212 - Das Kaffeehaus zur süßen Ruhe / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 213 - Der ungetreue Schatzmeister / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 214 - Der Sultan räumt auf / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 215 - Große Pläne / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 216 - Das vertauschte Kamel / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 217 - Fliegende Teppiche über Istanbul / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1974. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 218 - Im goldenen Käfig / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1975. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 219 - In den Türmen des Schweigens / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1975. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 220 - Die Spur der schönen Fatima / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1975. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 221 - Alarm im Hafen / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1975. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 222 - Der große Fang / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1975. Buchvorstellungen: () | |
Mosaik 223 - Fatimas Heimkehr / Hegen, Hannes (Text) - Junge Welt 1975. Buchvorstellungen: () |
- ‹‹
- 5 von 5
Links
http://www.digedags.de/intro.html
http://www.mosapedia.de
http://www.hdg.de/fileadmin/static/mosaik/druckstufen.html
http://www.comicmuseum-neubrandenburg.de/mosaik-geschichte/digedags
Quellenangabe
Willst du diesen Lexikonartikel in einer schriftlichen Arbeit zitieren? Dann kannst du diese Quellenangabe verwenden:
-
Smidt, Miriam: Hannes Hegen. In: Rossipotti-Literaturlexikon; hrsg. von Annette Kautt; https://www.literaturlexikon.de/illustratoren/hegen_hannes.html; Stand: 03.01.2023.
- Illustratoren
- Bauer, Jutta
- Berner, Rotraut Susanne
- Blake, Quentin
- Blau, Aljoscha
- Bofinger, Manfred
- Browne, Anthony
- Bruna, Dick
- Buchholz, Quint
- Budde, Nadia
- Busch, Wilhelm
- Carle, Eric
- Child, Lauren
- Couprie, Katy / Louchard, Antonin *
- Cousins, Lucy
- Ensikat, Klaus
- Erlbruch, Wolf
- Gleich, Jacky
- Hegen, Hannes
- Heidelbach, Nikolaus
- Hein, Sybille
- Heine, Helme *
- Herfurth, Egbert
- Janosch
- Junge, Norman
- Klemke, Werner
- Knorr, Ruth
- Könnecke, Ole
- Lionni, Leo
- Mitgutsch, Ali
- Müller, Jörg
- Nordqvist, Sven
- Ohser, Erich
- Pfüller, Volker
- Pin, Isabel
- Rubin, Eva Johanna *
- Scheffler, Axel
- Schössow, Peter
- Sendak, Maurice
- Shaw, Elizabeth
- Sís, Peter
- Sowa, Michael
- Spohn, Jürgen
- Stich, Lisl
- Tan, Shaun
- Tezuka, Osamu
- Thé Tjong-Khing
- Ticha, Hans
- Toriyama, Akira *
- Trier, Walter
- Tripp, F. J.
- Ungerer, Tomi *
- Waechter, F. K.
- Waechter, Philip
- Wikland, Ilon
- * Hinweis