A. A. Milne
* 18.1.1882 London
† 31.1.1956 Hartfield
Leben
Alan Alexander Milne
© privat
Alan Alexander Milne wurde am 18. Januar 1882 als jüngster Sohn von Sarah Maria Heginbotham und John Vine Milne in London geboren. Sein Vater war Direktor der Henley House Privatschule in Kilburn. Dort ging Alan, wie auch seine beiden älteren Brüder, David Barrett und Kenneth John, zur Schule. Einer ihrer Lehrer dort war H. G. Wells, der 10 Jahre später ein berühmter Schriftsteller von Sciencefiction-Literatur wurde.
Während die Beziehung zwischen den Brüdern Alan und David Barrett stets schlecht war, hatten Alan und Kenneth ein besonders enges Verhältnis zueinander und blieben einander zeitlebens eng verbunden. Als Alan neun Jahre alt war, inszenierten sie gemeinsam ein Theaterstück. Damals wurde Alans Liebe zum Theater geweckt.
Nach dem Schulabschluss und dem College studierte Alan mit einem Stipendium an der Cambridge Universität Mathematik. Er schrieb hier nebenbei für die humoristische Studentenzeitung Granta. Die Artikel verfasste er gemeinsam mit seinem Bruder Kenneth, der auch in Cambridge studierte. Sie unterzeichneten die Artikel mit A.K.M., eine Mischung aus den Initialen der beiden Brüder. Nach etwa zwei Jahren zog sich Kenneth aus dem partnerschaftlichen Schreiben zurück. Alan schrieb fortan alleine seine Artikel für die Granta.
1903 schloss Alan Milne sein Mathematikstudium in Cambridge mit mittelmäßigen Zensuren ab.
Nach seinem Studium arbeitete er als freier Schriftsteller. Er verdiente seinen Lebensunterhalt durch die Veröffentlichung seiner Texte in unterschiedlichen Zeitschriften. Vor allem in der St. James Gazette und in der Satire Zeitschrift Punch. Bald druckte das Punch Magazine regelmäßig seine Texte.
1906 wurde Milne Mitherausgeber des Punch Magazines und hatte somit einen wöchentlichen Beitrag in der Zeitschrift. Als freier Autor für das Punch Magazine schrieb Milne Gedichte und lustige, satirische Artikel und außerdem seine zu damaliger Zeit bekannteste Reihe über die Familie Rabbit eine bürgerliche Familie der englischen Mittelschicht, für die er stets neue heitere Kurzgeschichten erdachte.
Bereits ein Jahr zuvor veröffentlichte Milne auf Anraten seines früheren Lehrers und Freundes H. G. Wells sein erstes Buch Lovers in London, eine Sammlung von Versen und Sketchen für Erwachsene, die er bisher für die Zeitschriften geschrieben hatte. Etwa zehn Jahre später, als Milne bereits ein erfolgreicher Schriftsteller war, schämte er sich für diese erste Veröffentlichung und kaufte sogar das Copyright, damit das Buch nicht weiter verbreitet werden konnte.
Der Herausgeber des Punch Magazine Owen Seaman war es, der Milne seine spätere Frau Dorothy de Selincourt vorstellte. Sie verstanden sich auf Anhieb und waren vor allem durch einen gemeinsamen Humor verbunden. Alan und Dorothy heirateten 1913.
1915 ging Milne freiwillig zum englischen Militär und zog als Nachrichtenoffizier in den ersten Weltkrieg.
Er war in Frankreich und Deutschland stationiert, erkrankte aber an Fieber und wurde so zurück nach England geschickt. In dieser Zeit schrieb er seine ersten Theaterstücke. Als er wieder gesund war, verblieb er bis zum Kriegsende in England an einer Militärschule.
Als der Krieg vorbei war, schrieb Milne Peace With Honour, in dem er seine schlimmen Kriegserlebnisse verarbeitete und den Krieg anklagte. Krieg stellte für ihn einen „Alptraum mentalen und moralischen Verfalls“ dar. Auch sein erstes Kinderbuch Once On a Time widmete sich spöttisch der Kriegsthematik.
Während seiner Abwesenheit hatte man im Punch Magazine einen guten Ersatz für Milne gefunden. Nach seiner Rückkehr aus dem Kriegsdienst 1919 legte Owen Seaman ihm ans Herz, sich um seine eigenen Werke zu kümmern und sich aus Punch zurück zu ziehen.
1920 bekamen Alan und Dorothy Milne ihren ersten und einzigen Sohn, Christopher Robin. Für ihn schrieb Milne auch sein berühmtestes Werk Pu der Bär. Christopher Robin und seine Kuscheltiere standen hierfür Modell. Das enge Verhältnis zwischen Vater und Sohn litt, als Christopher Robin erwachsen wurde. Christopher Robin gefiel es nicht besonders, von seinem Vater als Buchvorlage benutzt und dadurch unfreiwillig berühmt geworden zu sein. Trotzdem veröffentlichte Christopher Robein 1975 The Enchanted Places, ein Buch, das an seine Eltern und die Entstehung der Pu-Bücher erinnert. Und er las 1976 in dem dokumentarischen Film Mr. Shepard and Mr. Milne aus dem Buch seines Vaters vor.
Neben den Pu-der-Bär-Geschichten schrieb Milne auch viele Gedichte, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Seine Kindergedichte wurden zuerst in der neuen Kinderzeitschrift Merry-Go-Round, in der Zeitschrift Punch und schließlich in einem eigenen Sammelband Now We Are Six gesammelt. Alle seine Kindergedichte und Kindergeschichten schrieb Milne Mitte der 1920er Jahre. Als letzte Arbeit für Kinder bearbeitete Milne 1929 Kenneth Grahames Stück Der Wind in den Weiden fürs Theater. Das Stück heißt Toad of Toad Hall und wird heute noch an Weihnachten im Theater gespielt. Außerdem gibt es einige Adaptionen des Stücks für Film und Fernsehen.
1952 erlitt A. A. Milne einen Hirnschlag. An den Spätfolgen starb er drei Jahre danach, am 31. Januar 1956.
Werk und Bedeutung
Alan Alexander Milne war als Schriftsteller und Redakteur tätig. Er schrieb Essays, Gedichte, Theaterstücke und auch einige Detektivgeschichten.
Während seine Detektivgeschichten eher als mittelmäßig angesehen wurden, war Milne mit seinen Theaterstücken vor allem während und nach dem Ersten Weltkrieg erfolgreich. Milne schrieb vor allem Komödien oder Lustspiele, die in London aber auch am New Yorker Broadway aufgeführt wurden. Das erste war das 1917 uraufgeführte Stück Wurzel-Flummery. Es erzählte eine simple, komische Geschichte, die davon handelt, dass zwei Politiker ihre Namen gegen Geld in den erfundenen Namen „Wurzel-Flummery“ ändern lassen.
Bei einigen seiner Zeitgenossen galt Milne außerdem als einer der bedeutendsten englischen Lyriker für Kinder in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Milnes Gedichte sind heiter, fröhlich und lustig. In ihrem Zentrum steht oft ein vier- bis sechsjähriger Junge und seine Spiel- und Traumwelt.
Pu der Bär
Aus heutiger Perspektive ist sein größter Erfolg sicher das 1926 erschienene Kinderbuch Winnie-the-Pooth (Pu der Bär, 1928) und sein Fortsetzungsband The House at Pooh Corner von 1928 (Wiedersehen mit Pu, 1953, ab 1961 unter dem Titel Pu baut ein Haus). Schon bei seinem ersten Erscheinen verkaufte sich das Buch über eine Million Mal. Im englisch sprachigen Raum gehört Winnie-the-Pooth immer noch zu den Bestsellern und in Deutschland ist das Buch ein Klassiker der Kinderliteratur.
Milne war nicht ganz glücklich mit seinem großen Ansehen als Kinderbuchautor, wollte er doch auch als Autor für Erwachsene anerkannt werden.
Einige der Figuren, die in Pu der Bär eine Rolle spielen, erschuf Milne bereits für den Gedichtband When We Were Very Young, wie zum Beispiel den Bären selbst, der hier aber (wie Pu allerdings am Anfang der Pu-Bücher) durchgängig Edward heißt.
In der Rahmenhandlung der beiden Romane Pu der Bär und Pu baut ein Haus bittet Christopher Robin seinen Vater um Gute-Nacht-Geschichten, in denen sein Stofftierbär Eduard Bär, genannt Winnie-der-Pu, mitspielt. Der Vater erfindet seinem Sohn daraufhin Geschichten, in denen nicht nur der zum Leben erweckte Winnie-der-Pu, sondern auch Christopher Robin selbst mitspielt.
In der Binnenhandlung der Romane, also in den Gute-Nacht-Geschichten, wohnt Christopher Robin in einem hohlen Baum im Hundertsechzig-Morgen-Wald, Winnie-der-Pu wohnt etwas entfernt in seinem eigenen Baum.
Winnie-der Pu, auch Pu der Bär oder einfach nur Pu genannt, liebt Honig, ist bequem, begriffsstutzig und glaubt unerschütterlich an das Gute. Pu ist außerdem Erfinder großartiger Verse und Nonsensgedichte, die er selbst als „Gesumms“ oder „Zeilen, von einem Bären mit sehr wenig Verstand geschrieben“ beschreibt. Sein geringer Verstand bringt ihn immer wieder in scheinbar ausweglose, für den Leser aber komisch oder lustig wirkende Situationen. Zum Beispiel dann, wenn er Ferkel für ein gefährliches Heffalump hält oder wenn er sich im Nebel verläuft.
Neben dem Bären Pu der Bär leben auch die zum Leben erweckten Stofftiere Ferkel, Eule, Kaninchen, der Esel I-Ah, Känga und Ruh im Hundersechzig-Morgen-Wald. Im zweiten Band Pu baut ein Haus kommt noch ein weiterer tierischer Freund hinzu: Tiger.
Die Bewohner des Waldes haben alle ihre kleinen und größeren Macken, wie zum Beispiel der stets mürrische I-Ah, das ängstliche Ferkel, die Eule, die einen Sprachfehler hat und auch das etwas intrigante Kaninchen, das keine Fremden im Wald dulden will. Obwohl alle so unterschiedlich sind, akzeptieren sie die Eigenarten des anderen. Selbst der griesgrämige I-Ah wird in ihre Gemeinschaft einbezogen. Nur Kaninchen hat Schwierigkeiten mit der Toleranz gegenüber anderen. Am liebsten würde es das neu zugewanderte Kängeruh und Tiger aus dem Wald verdrängen. Doch bald lernt es, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht und auch sie ihren Platz in der Gemeinschaft haben können, ohne Kaninchen deshalb etwas wegzunehmen.
Die Tiere erleben im Wald alle möglichen Abenteuer: Pu fliegt zum Beispiel einmal mit einem Ballon zu einem Bienennest und kommt dann nicht mehr alleine herunter. Ein anderes Mal verliert I-Ah seinen Schwanz, und wieder ein anderes Mal bedroht eine Flut die Tiere und spült Ferkels Wohnung weg.
Die Bewohner des Waldes versuchen sich gegenseitig zu helfen, und wenn alles nichts mehr hilft, wird der große Christopher Robin gerufen. Christopher Robin weiß eigentlich immer, was zu tun ist. Doch als er älter wird, in die Schule kommt und seine Stofftiere allmählich vergisst, weiß auch er den Tieren nicht mehr zu helfen. Statt dessen verlässt er im letzten Kapitel des zweiten Romans den Hundertsechzig-Morgen-Wald für immer und überlässt die Tiere ihrem eigenen Schicksal.
Dieser unwiederrufliche Abschluss der Romane wirkt auf viele sehr traurig und auf manchen vielleicht unerträglich. Wahrscheinlich hat der Autor David Benedictus deshalb für sich und andere viele Jahrzehnte später, 2009, eine Fortsetzung der Geschichte geschrieben hat: Pu der Bär. Rückkehr in den Hundertsechzig-Morgen-Wald. Wie die beiden originalen Pu-Bände von Milne wurden auch sie von Harry Rowohlt ins Deutsche übersetzt.
Die echten Stofftiere von Christopher Robin Milne kann man sich heute übrigens im Stephen A. Schwarzman Building in New York ansehen.
Die große Faszination um Pu und seine Freunde hat sicher mehrere Gründe.
Zum einen gefällt vielen wohl die Darstellung einer unbekümmerten, vom Augenblick und phantasievollen Spielen bestimmten Kindheit, in der jeder einen unangefochtenen Platz hat. Zum anderen hebt die poetische, leichte Sprache voller Witz und Komik die Geschichten über andere Geschichten um lebende Spielzeuge weit hinaus. Nicht zuletzt sind die Geschichten wohl auch durch die kongenialen Illustrationen von Ernest Shepard so erfolgreich geworden.
Der Stoff um Pu den Bären wurde von anderen Autoren weiterverarbeitet, als Ausgangspunkt für Ratgeberliteratur genutzt und vielfach verfilmt. Die Rechte dazu verkaufte Milnes Witwe Dorothy 1961 an Walt Disney. Neben mehreren kurzen Pu-Filmen produzierte Disney eine Serie mit 52 Folgen und drei Kinofilme um Pu und seine Freunde.
Die Filme sind allerdings keine Adaptionen des Buchs, sondern viel mehr Bearbeitungen des Stoffs. Das heißt, dass sie sich weit von der Vorlage entfernen und Geschichten erfinden, die es im Buch nicht gibt. Milnes besondere Poesie geht dabei leider teilweise verloren. Auch die zeichnerische Gestaltung der Figuren entfernte sich von den Vorlagen Shepards.
Insofern hat Disney zwar maßgeblich zum andauernden Ruhm der Figuren Milnes beigetragen, heute wird aber mit Winnie-der-Pu leider viel mehr die Disney Version mit zahlreichen Pu-Artikeln, als das Original verbunden.
Titelauswahl
(Der Titel der deutschen Übersetzung und das deutsche Erscheinungsjahr sind in Klammern angegeben.)
Lovers in London / Milne, A. A. (Text) - Alston Rivers 1905. Buchvorstellungen: () | |
Once On A Time / Milne, A. A. (Text); Perl, Susan (Illu.) - Hodder and Stoughton 1917. Buchvorstellungen: () | |
Three Plays / Milne, A. A. (Text) - Putnamam 1922. Buchvorstellungen: () | |
The Red House Mystery - (Das Geheimnis des roten Hauses) / Milne, A. A. (Text) - Engelhorn 1922 (1929). Buchvorstellungen: () | |
Wurzel-Flummery / Milne, A. A. (Text) - Samuel French 1922 (Uraufführung 1917). Buchvorstellungen: () | |
When We Were Very Young / Milne, A. A. (Text); Shepard, Ernest H. (Illu.) - Methuen 1924. Buchvorstellungen: () | |
Winnie-the-Pooth - (Pu der Bär) / Milne, A. A. (Text); Shepard, Ernest H. (Illu.) - Wiliams 1926 (1928). Buchvorstellungen: () | |
Now We Are Six / Milne, A. A. (Text); Shepard, Ernest H. (Illu.) - Methuen 1927. Buchvorstellungen: () | |
The House at Pooh Corner - (Pu baut ein Haus) / Milne, A. A. (Text); Shepard, Ernest H. (Illu.) 1928 (1953). Buchvorstellungen: () | |
Peace With Honour / Milne, A. A. (Text) - Methuen 1934. Buchvorstellungen: () |
Links
http://www.rossipotti.de/ausgabe08/rossipottis_leibspeise.html
http://www.beas-winniepooh.de/
Quellenangabe
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Smidt, Miriam: A. A. Milne. In: Rossipotti-Literaturlexikon; hrsg. von Annette Kautt; https://www.literaturlexikon.de/autoren/milne_a_a.html; Stand: 13.06.2012.
- Autoren
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