Jutta Richter
* 1955 in Burgsteinfurt/Westfalen
Leben
Jutta Richter
© Hanser Verlag
Jutta Richter wuchs im Ruhrgebiet und im Sauerland auf. Mit 15 Jahren ging sie für ein Jahr als Austauschschülerin in die USA nach Detroit. Obwohl sie vorher gern von zu Hause weg wollte, bekam sie dort großes Heimweh und Angst, ihre Muttersprache zu verlieren. Damit das nicht passiert, begann sie ihr erstes Buch Popcorn und Sternenbanner zu schreiben, das fünf Jahre später, als Jutta Richter gerade mal 20 Jahre alt war, veröffentlicht wurde. Von diesem Zeitpunkt an war Jutta Richter klar, dass sie Schriftstellerin sein wollte. Ihre Eltern hatten aber ganz andere Pläne für sie und dabei an ein Hochschulstudium gedacht. Ihnen zuliebe studierte sie katholische Theologie, Germanistik und Publizistik in Münster. Seit 1978 arbeitet und lebt Jutta Richter als freiberufliche Autorin auf Schloss Westerwinkel im Münsterland.
Werk und Bedeutung
Jutta Richter zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern der deutschen Kinder- und Jugendliteratur der Gegenwart. Neben Romanen schreibt sie Hörspiele, Kindertheaterstücke, Lieder und Gedichte. Obwohl die Autorin in ihren Büchern eine realistische Welt darstellt, geschehen darin auch märchenhafte und fantastische Dinge – genau wie in den Gedanken oder Tagträumen von Kindern.
Die Erzählungen der Autorin sind immer nachdenklich. Zwar können sie auch gleichzeitig witzig wie in ihren Annabella Klimperauge-Büchern sein. Darin führen die Stofftiere des Mädchens Lena ein eigenes Leben. Sie können sprechen und laufen und von ihnen erfährt man Alltagsereignisse aus dem Kinderzimmer des Mädchens, ihrer Familie und drum herum. Aber es gibt von Jutta Richter auch Geschichten, in denen die Welt viel weniger fröhlich ist.
Hechtsommer ist zum Beispiel so ein Buch. Darin erleben Anna und ihre Freunde, die Geschwister Daniel und Lukas, gemeinsam einen langen, heißen, aber sehr traurigen Sommer. Daniels und Lukas´ Mutter hat Krebs und muss die ganze Zeit im Bett liegen. Den Kindern kann sie nur noch durch einen Spiegel in ihrem Zimmer beim Spielen draußen zusehen. Und obwohl die Kinder hoffen, den Hechtgott zu angeln, und damit den Tod der Mutter zu bannen, stirbt sie am Ende. Doch Geschwisterliebe und Freundschaft helfen den Kindern, die Hoffnung nicht zu verlieren und ein bisschen Trost zu finden. Hechtsommer wurde mit dem Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet.
Weil Freundschaft für Jutta Richter „so wichtig wie das tägliche Brot“ ist, wählt sie immer wieder dieses Thema für ihre Bücher. So auch in Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen, wofür sie den Deutschen Jugendliteraturpreis erhielt. Rainer ist ein Freund, der Kellerkatzen und Spinnen verjagen oder sogar zähmen kann und er ist der einzige Mensch, der die Ängste der Ich-Erzählerin ernst nimmt. Darum schätzt sie Rainer sehr, auch wenn ihn sonst niemand leiden kann und er von Kindern und Erwachsenen ausgegrenzt wird. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum Beispiel weil er immer schmuddelig aussieht, weil er sich vor anderen Popel aus der Nase holt und sie dann isst oder weil seine Mutter Alkoholikerin ist. Durch die Freundschaft mit Rainer wird auch das Mädchen ausgegrenzt. Alle alten Freunde wollen nichts mehr mit ihr zu tun haben und auch ihre Eltern sind gegen Rainer. Somit gerät sie in eine schwierige Situation und muss sich selbst fragen, wohin sie gehören will. Ihre Entscheidung für die alten Freunde ist gleichzeitig Verrat an Rainer und das Ende ihrer Freundschaft. Jutta Richter weiß, dass eine Freundschaft manchmal Schwierigkeiten ausgesetzt ist und man in solchen Situationen auch Fehler macht. Deshalb erhebt sie nicht den moralischen Zeigefinger, sondern überlässt es dem Leser, die Geschichte zu beurteilen.
Mit dem Jugendbuch Der Anfang von allem hat sich Jutta Richter ein ganz anderes Thema ausgesucht: die Liebesgeschichte von Adam und Eva. Jeder kennt sie wahrscheinlich, aber eben oft nur so, wie sie im Alten Testament erzählt wird. Jutta Richter geht es in ihrer Geschichte von Adam und Evas Vertreibung aus dem Garten Eden und ihres kurzen und konfliktreichen Zusammenlebens als Familie mit den Söhnen Kain und Abel um mehr, als diese uralte, biblische Geschichte nachzuerzählen. Bei ihr stehen die sehr verschiedenen Gefühle der Protagonisten im Vordergrund: Liebe, Glück, Trauer, Hass und Einsamkeit.
Jutta Richter nimmt nicht nur in ihren Büchern die Ängste, Sorgen und Wünsche von Kindern und Jugendlichen sehr ernst. Mit ihrer klaren, unverschnörkelten, direkten Sprache spricht sie einfühlsam auch schwierige, aber wichtige Aspekte von Freundschaft, Liebe und Zusammenleben an, die jungen Lesern nicht vorenthalten werden sollen.
Jutta Richter ist auch als Lyrikerin, also Autorin von Gedichten, bekannt. Gedichte mag sie, weil sie „nicht den Umweg der Geschichte brauchen. Nichts muss verkleidet werden und alles hat Struktur.“ Gedichte sind für sie „Seelenbilder“ mit eigenem Rhythmus und Melodie. Solche Melodien und Bilder hat sie zum Beispiel auch in Es lebte ein Kind auf den Bäumen zu sensiblen Gedichten geformt. Konstantin Wecker hat sie vertont und daraus ein Liedermärchenbuch gemacht, das von Freundschaft, vom Träumen und von Wünschen handelt.
Auszeichnungen (Auswahl)
2000 LUCHS des Jahres für Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen und
Rattenfänger-Literaturpreis für Der Hund mit dem gelben Herzen oder Die Geschichte vom Gegenteil
2001 Deutscher Jugendliteraturpreis für Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen
2004 LesePeter September und LUCHS des Monats August für Hechtsommer
2004 Hermann-Hesse-Stipendium für ihr Gesamtwerk
2005 Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis für Hechtsommer
2006 Die besten sieben Bücher für junge Leser im November für Die Katze oder Wie ich die Ewigkeit verloren habe
2007 Italienischer Kinderbuchpreis „Premio Andersen“ für Die Katze oder Wie ich die Ewigkeit verloren habe
2008 Kinderliteraturpreis der USA „Mildred L. Batchelder Honor Book“ für Die Katze oder Wie ich die Ewigkeit verloren habe
2009 Nominierung für den Astrid Lindgren Gedächtnispreis
Titelauswahl
Popcorn und Sternenbanner. Tagebuch einer Austauschschülerin / Richter, Jutta (Text) - Herder Verlag 1975. Buchvorstellungen: () | |
Himmel, Hölle, Fegefeuer / Richter, Jutta (Text) - Beltz und Gelberg 1982. Buchvorstellungen: () | |
Das Tontilon ...oder Freunde sind nicht pflegeleicht / Richter, Jutta (Text) - Thienemann Verlag 1986. Buchvorstellungen: () | |
Prinz Neumann oder Andere Kinder heißen wie ihr Vater / Richter, Jutta (Text) - Beltz und Gelberg 1987. Buchvorstellungen: () | |
Satemin Seidenfuß / Richter, Jutta (Text); Bücker, Jutta (Illu.) - Loewe Verlag 1988. Buchvorstellungen: () | |
Annabella Klimperauge. Geschichten aus dem Kinderzimmer / Richter, Jutta (Text); Groß, Jürgen (Illu.) - Bertelsmann 1989. Buchvorstellungen: () | |
Annabella Klimperauge. Neue Geschichten aus dem Kinderzimmer / Richter, Jutta (Text); Groß, Jürgen (Illu.) - Bertelsmann 1990. Buchvorstellungen: () | |
Der Sommer schmeckt wie Himbeereis. Gedichte und Reime für Große und Kleine / Richter, Jutta (Text) - Bertelsmann 1990. Buchvorstellungen: () | |
Annabella Klimperauge. Nachtgeschichten aus dem Kinderzimmer / Richter, Jutta (Text); Paetow, Michael (Illu.) - Bertelsmann 1992. Buchvorstellungen: () | |
Hexenwald und Zaubersocken / Richter, Jutta (Text) - Oetinger 1993. Buchvorstellungen: () | |
Der Hund mit dem gelben Herzen - oder Die Geschichte vom Gegenteil / Richter, Jutta (Text) - Hanser Verlag 1998. Buchvorstellungen: () | |
Herr Oska und das Zirr / Richter, Jutta (Text); Schumann, Barbara (Illu.) - Middelhauve Verlag 1998. Buchvorstellungen: () | |
Es lebte ein Kind auf den Bäumen - Musik: Konstantin Wecker / Richter, Jutta (Text); Engelking, Katrin (Illu.) - Hanser Verlag 1999. Buchvorstellungen: () | |
Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen / Richter, Jutta (Text) - Hanser Verlag 2000. Buchvorstellungen: () | |
Hinter dem Bahnhof liegt das Meer / Richter, Jutta (Text) - Hanser Verlag 2001. Buchvorstellungen: () | |
An einem großen stillen See / Richter, Jutta (Text); Janssen, Susanne (Illu.) - Hanser Verlag 2003. Buchvorstellungen: () | |
Hechtsommer / Richter, Jutta (Text); Buchholz, Quint (Illu.) - Hanser Verlag 2004. Buchvorstellungen: () | |
Die Katze oder Wie ich die Ewigkeit verloren habe / Richter, Jutta (Text); Berner, Rotraut Susanne (Illu.) - Hanser Verlag 2006. Buchvorstellungen: () | |
Der Anfang von allem / Richter, Jutta (Text) - Hanser Verlag 2008. Buchvorstellungen: () |
Links
http://www.juttarichter.de/
http://www.rossipotti.de/ausgabe02/rossipottis_leibspeise.html
Quellenangabe
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Kriegel, Kirsti: Jutta Richter. In: Rossipotti-Literaturlexikon; hrsg. von Annette Kautt; https://www.literaturlexikon.de/autoren/richter_jutta.html; Stand: 02.11.2009.
- Autoren
- Abedi, Isabel
- Baltscheit, Martin
- Barrie, James Matthew
- Baum, L. Frank
- Bichsel, Peter
- Blyton, Enid
- Boie, Kirsten
- Carroll, Lewis *
- Chidolue, Dagmar
- Colfer, Eoin
- Collodi, Carlo
- Dahl, Roald
- DiCamillo, Kate
- Donaldson, Julia
- Drvenkar, Zoran *
- Ende, Michael
- Funke, Cornelia
- Grahame, Kenneth
- Guggenmos, Josef
- Hacks, Peter *
- Härtling, Peter
- Hennig von Lange, Alexa *
- Holtz-Baumert, Gerhard
- Janisch, Heinz
- Jansson, Tove
- Kästner, Erich
- KNISTER
- Kordon, Klaus
- Krüss, James
- Kruse, Max
- Kuijer, Guus
- Lewis, Clive Staples
- Lindgren, Astrid
- Maar, Paul *
- Meyer, Kai
- Milne, A. A.
- Nöstlinger, Christine
- Pausewang, Gudrun
- Pludra, Benno
- Pressler, Mirjam
- Preußler, Otfried
- Rathenow, Lutz
- Rhoden, Emmy von
- Richter, Jutta
- Rodrian, Fred
- Rowling, Joanne K.
- Schlüter, Andreas
- Schubiger, Jürg
- Spyri, Johanna
- Steinhöfel, Andreas
- Tetzner, Lisa
- Tolkien, J.R.R.
- Wedding, Alex
- Wölfel, Ursula
- Wolkow, Alexander Melentjewitsch
- * Hinweis