Elise spaziert über die Wiese,
so oft sie auch schaut,
da ist kein Riese.
Otto im Lotto
Dank seinem Zahlenmotto:
Otto gewinnt -
Beim nächsten Mal bestimmt.
Irene putzt fünfmal
pro Tag die Zähne.
Bei Anne
plumpst die Kanne in die Wanne,
in der Kanne befindet sich Wasser.
Das aus der Kanne ist nicht nasser,
als das aus der Wanne.
Tine verschluckt eine Biene
und verzieht keine Miene.
Das imponiert Timo sehr,
aber Tine weiß, die Biene
war ein Bienen-Gummibär.
Ulrike sammelt Blicke.
Zum Beispiel meinen und Deinen.
Ana Albero
Erwachsenen-Gedichte
von Lutz
Rathenow bei www.lyrikline.org
Lutz Rathenow
Aufgabe
Wie viele Räder hat ein Rad,
wenn der Fahrer zwei
in den Händen hat?
Jongliert er dann mit drei,
wird er zum Fall für die Polizei.
Verpasst die den Jongleur,
der fleißig werfend zügig fährt,
wäre der für einen Zirkus nicht verkehrt.
Alex Dreppec
Zum Gedenken an die Mähne des Langhaar-Dromedars
Ein Friseur, der arg besoffen war
Schnitt einem Dromedar das Haar.
Es war sogar ganz offenbar
Ein echtes Langhaar-Exemplar.
Der Mann, weil er besoffen war
Schnitt ohne jedes Honorar
Was offenbar dem Dromedar
Doch ganz und gar noch unklar war.
Das Dromedar war undankbar
Und kotzte auf das Mobiliar.
Das Exemplar fand offenbar
Den Haarschnitt äußerst sonderbar.
Keine da? Trallala!
Sagt Bill, ich will
dann eben Bier!
Bier? Hier?
Manitu!
Loch im Schuh!
Wie alt bist du?
Bin sechs.
Trinks ex.
Gibs her!
Bitte sehr,
sagt Flade.
Bill trinkt.
Guckt dumm.
Fällt um.
Schade!
Sagt Flade.
Ulrike Draesner
was liffi werden will
Liffi ist ein kleiner Hund, der seine ersten Erfahrungen in
der Welt macht.
Da er ein Hund ist, sind ihm alle Wörter gleich wichtig. Deswegen
werden alle klein geschrieben.
1. tag
der polizist sagte: was für ein hund willst du denn mal werden?
liffi sprang ihm an den stiefel.
der metzger sagte: was für ein hund willst du denn mal werden?
liffi zeigte ihm die zunge.
der eisverkäufer sagte: was für ein hund willst du denn
mal werden?
liffi thronte auf dem sofa und schleckte.
der elektriker sagte: was für ein hund willst du denn mal werden?
liffi stellte die bürste auf um zu zeigen, dass sie strom kannte.
der fotograf sagte: was für ein hund willst du denn mal werden?
liffi stahl seinen schatten.
was für ein tag!
2. tag
liffi thronte auf dem sofa und suchte den hund
der sie werden wollte
sie flog aus der erde
sterne stoben auseinander
was für ein hund willst du mal werden?
raum fiel in teile und atmete leise
...............
............... was für ein hund willst du mal werden?
...............
liffi fiel zurück aufs sofa
und sah einen menschen
was für ein hund willst du mal werden?
Der Mond der Mond ist unbewohnt
Er ist aus viel Geröll
Er ist aus Stein
Er ist aus Staub
Und doch scheint er so hell
Matthew Sweeney
Gold übersetzt von Jan Wagner
Die Goldbarren liegen im Schlamm vergraben
und drei Gerippe bewachen sie,
die dreier Männer - obwohl das dem Tintenfisch,
der im ersten Schädel schläft, egal ist. Für
ihn
ist es eine Höhle, ein Gewölbe,
das er mit niemandem teilt. Und wer könnte
erwarten, daß er von den Plänen wüsste,
die einst dort pochten, aufgeschoben wurden
bis zur Landung des Schiffs in Spanien - erwarten,
daß er im Traum das Gesicht der jungen Ehefrau sieht,
deren Bild dort eingeschlossen war,
das Bild, das im Tode verblasste?
Der zweite Schädel liegt ein paar Meter entfernt
von seinen langen Knochen, und dieser
ist leer. Doch auch er hat einst
Spanisch vernommen und gesprochen
und des öfteren nach dem Gold geschielt.
Die Augenhöhlen starren noch jetzt darauf.
Ein Krebs sitzt im dritten Schädel
auf der Lauer - eine hart gewordene Spinne.
Er ist der Diktator dieser wässrigen
Gegend, und die Tatsache, daß er im
Schädel eines Kapitäns hockt,
bringt ihm nicht mehr als das Gold.
Und nirgendwo an der Schädelwand
findet sich ein Hinweis darauf,
daß die Villa des Kapitäns verfallen ist.
Und daß die Goldbarren dorthin gehen sollten,
wovon die Mannschaft nichts wusste. Ebensowenig
wie die Taucher, deren Boot das Meer aufwühlt -
sie wissen nur, es gibt Gold dort unten.
Ana Briceño
Sabina Naef
... immer noch nicht?
Puppe mit Schlafaugen
schlafwandelnde Robben
ein schnarchender Lungenfisch
Löwen sind Langschläfer
Vögel schlafen
wäscheklammerartig -
schläfst du ...?
Ana Briceño
Erwachsenen-Gedichte
von Sabina
Naef bei www.lyrikline.org
Ivonne Dippmann
Lars-Arvid Brischke
fotoalbum
auto mit oma
tisch in rom
tomaten im auto
oma mit auto in rom
oma am tisch mit tomaten
oma in rom am automaten
tomatenaroma im auto
rom mit tomatenautomaten
tisch mit aromatomaten
automatentomaten in oma
rom aromatisch
oma automatisch
Volker Sielaff
Fliegen
Als Dorfjunge wurde ich mit den Fliegen groß, ihrem
Gesumm. Vor winzigen Fensterscheiben fielen sie
irgendwann einfach herunter, und da war keiner,
der sie dann wegfegen wollte, tagelang lagen sie so,
mit ihren leblosen Beinen, allein auf einen blutleeren
Körper gestützt, der sie schon nicht mehr halten
konnte,
in der Regenrinne des Fensterbretts der Toilette, wo sie
noch einen geraume Weile satt glänzten, bleiblau oder
schwefelgelb, während die Flügelmusik der anderen
munter weiterging ..., wie heute zwischen Kirschbaum
und Himmel, auf halber Höhe des Baumes, während
Meinungen herumgereicht wurden, ich klinkte
mich aus, träger Nachmittag beim Kaffee und Kuchen,
der
Blick seitlich zu dem wippenden Auf und Ab, als ob
sie alle an einem unsichtbaren Faden hingen - hier
unter diesem Blau, das nichts mehr zu erzählen weiß:
ein Schwarm Fliegen, der sein gläsernes
Netz in die Sommerluft webt.
Matthew Sweeney
Ein Junge
übersetzt von Jan Wagner
Eine halbe Meile vom Meer entfernt,
in einem Haus mit zwölf Schlafzimmern -
da wuchs er auf. Wer war er?
Oh, niemand Besondres. Ein Junge
mit den gewöhnlichen Vorlieben
und mehr Abneigungen als üblich.
Schwamm er viel? I wo,
jenes Meer war der Atlantik,
und irgendwo da draußen lag das eisige Island.
Er spielte lieber auf festem Boden,
auf einem L-förmigen Fußballfeld
zwischen Garage und Gartentor.
Was aß er?
Dinge, die sein Großvater zubereitete,
selbstgemachte Würste,
Schweinskopfsülze.
Man gab ihm den Schlüssel zur Bücherei,
und er trug acht Bücher auf einmal
nach Hause, um sie zu lesen.
Er las so viel,
dass er in der Welt der Bücher blieb.
Wind rüttelte am Fenster
seines Zimmers im dritten Stock,
aber sein Bett war warm.
Und er blieb den halben Tag lang
in seinem Bett, wenn er konnte,
las bei Kerzenlicht,
wenn die Stürme einschlugen
und der Strom ausfiel.
Woher ich all das weiß?
Versuch es nur, du kommst schon darauf.
Tier-Gemüse
Anton G. Leitner
Akeuzumbar
Ein Vogel in den Wolken
heißt Akeuzumbar.
Er zwitschert ohne Sorgen:
Tschirr tschirr, tschirr ratschatscha!
Der Vogel aus den Wolken
scheißt Kaka Kaka Kao.
Er trifft Frau Reier-Boldten
auf ihren Kopf. Brav, bravo!
das lid-ok-ork ist ein grimmes tier
das sag ich euch nicht nur zum spaß
riesengroß ist's, grün und oftmals nass.
aus dem ei kriecht's voller lebensgier
wenn du es da erwischst, dann kitzel schnell
den weichen weißen bauch, schon lacht rückwärts
unser tier, lacht lid-ok-ork lid-ok-ork so hell
dass der dschungel leise kichert: was ist das für ein
gesell
so speziell
exzeptionell
proverbiell
und prinzipiell soooo originell
soo unverschämt
so krokodell!
ein schwammiger wal war gestrandet. da lag er
an land. ein schmaler aal lag daneben, auch er
war gelandet am strand. da schwammen sie beide
im sand. doch schwamm es im sand sich so schwer
wie im schlamm. drum schwammen sie beide nicht mehr.
und der strand war menschenleer.
da aber kamen anja und jana:
sag mal was macht denn der wal da am strand?
das fragten sie sich und das fragten sie sonja
und jonas, die gerade zum wasser rannten
und den wal oder aal
vielleicht kannten. ja -
warum liegt der wal mit dem aal hier am rand?
sie waren vielleicht zusammen geschwommen.
der walfisch hatte den aal mitgenommen
oder umgekehrt. und plötzlich war das meer
zu ende und es gab nur noch strände
und sie suchten sich diesen aus.
wal, du riesenlaus! aal, du glitschiger schal, du!
warst schnell und hast dich im schatten das wals geaalt
bis er alt aussah! nun sind wir ganz nah
bei den beiden und sehen: sie sind nicht zu beneiden.
der aal nahm den wal an den angelhaken und ließ sich
tragen. so hat es die beiden ans land verschlagen.
wartet, wir wollen die missliche lage des wals wieder bessern
und ihn in meerwasser, salzwasser wässern.
den aal aber geben wir zur strafe
in diesen wald- und wiesengraben
da kann er keinen wal mehr quälen, es sei denn
er schafft einmal im leben den weg bis ins meer.
und im meer taucht der wal auf und ab -
er ist nicht mehr schlapp, sondern bunt
taucht er unter:
er hat sonja im bauch
und anja und jana
und jonas auch.
Ivonne Dippmann
Marion Poschmann
Bärenreise
ein Tagbär und ein Nachtbär
in weißem Pelz
in schwarzem Pelz
besegeln fernes Prachtmeer
sie ziehen wie ein Schlachtheer
durch weißen Schmelz
durch schwarzen Schmelz
- dem Bär gefällt's
dem Meer gefällt's -
das schöne Meer verflacht eher
als laufe sacht ein Schacht leer
der Tagbär tages wacht fair
sieht weißen Fels
sieht schwarzen Fels
der Nachtbär nächtens kracht schwer
als ob es mit Bedacht wär
auf weißen Fels
auf schwarzen Fels
- das Wasser wellt's
den Himmel schwellt's -
das graue Prachtmeer lacht sehr:
hier liegt doch eine Yacht quer!
gibt es denn keine Fracht mehr?
- ein weißer Pelz
auf weißem Fels
ein schwarzer Pelz
auf schwarzem Fels -
oho, nimm dich in acht, Meer!
sonst brüllen Tag- und Nachtbär
dir ihre ganze Macht her
zehn walrossen mit super perücken
sollte ein tolles kunststück glücken
erst sah man sie zusammenrücken
dann sah man sie nach etwas bücken
blitzartig schnell die zungen zücken
und durch zehn riesen-stoßzahnlücken
blassrosa kaugummiblasen drücken
Annette Kautt
zehn walrosse
zehn walrosse sahen auf eisige weiten
und ließen sich vom reimen leiten
das erste wollte im smoking schreiten
das zweite auf einem pottwal reiten
das dritte wollte am fallschirm gleiten
das vierte mit neptuns dreizack streiten
das fünfte wollt´ in der sauna arbeiten
das sechste ein lila röcklein ausbreiten
das siebte wollt´ tanzen in rosigen zeiten
das achte nurmehr nixen begleiten
das neunte ein pinguin-picknick bereiten
dem zehnten fehlten gemeinsamkeiten
Ein
weiteres Gedicht von Arne Rautenberg findet ihr
in der Rubrik Comic.
Sven Knauth
Jan Wagner
tomaten
weswegen sollten sie sich schämen, dick
und rund am strauch? sie tragen ihre uhren
tief in sich selber, jene feinmechanik
aus kernen. werden reif, indem sie ruhen.
manchmal sieht man, wie sie sich bewegen,
und muss an klöppel denken, die ein wind
berührt - doch hört man keine glocken schlagen
(bis auf die grünen, die aus blättern sind).
sie kommen ihrer leuchtend roten kunst
im stillen nach, selbst nachts, selbst morgens,
wenn
den matten
sternen der stolz verfliegt. du aber kannst
ruhig etwas lauter reden. sag: tomaten.
Erwachsenen-Gedichte
von Jan
Wagner bei www.lyrikline.org
Monika Rinck
Die Raupe
In meinen Haaren wohnt ne Raupe,
die haut dauernd auf die Pauke.
Sie hat Augen groß wie Brötchen
und unter allen Armen Knötchen.
Sie hat ne Auswahl von Perücken
und geht auf hundertzwanzig Krücken.
Mein Schopf ist ihre Einbauküche,
Sie kennt die allerschlimmsten Flüche.
Die Raupe sagt: Verkackte Kacke.
Ihr habt ja alle eine Macke.
Ihr seid behämmert wie die Hämmer
und belämmert wie die Lämmer.
Die Raupe sagt: ihr könnt mich alle,
und auch du, du alte Schnalle,
ihr könnt mich alle mal besuchen
ich backe euch aus Schuppen Kuchen.
Die Leute sind zu Recht empört,
und schreien: Das ist ja unerhört!
Ich sage: Oh Pardon! Ich war s nicht!
Die Leute sagen: Das ist fraglich.
He Leute, kommt an meinen Scheitel.
Die Raupe will euch etwas unterbreiten.
Ich bin es nicht, der schimpft und flucht
Es ist die laute Raupe auf Besuch.
Jetzt sind sich alle Leute einig
und mir ist das gar nicht peinlich:
In deinem Haaren wohnt ne Raupe
und die haut jetzt auf die Pauke.
Monika Rinck
Das Gemüseorchester
Der Brokkoli, der spielt Fagott und das macht er wirklich flott.
Die Erbsen an den Geigen wissen nicht mehr wo sie bleiben.
He, Brokkoli, du spielst zu flott! Uns ist so warm wie im Kompott!
Wir geigen uns die Finger fettig, du bist schneller als der Rettich!
Der Rettich spielt den Kontrabass und ist inzwischen auch ganz blass.
Der Lauch bläst hektisch die Posaune und ist trotzdem guter
Laune.
He Karotte, schreit der Lauch, was du kannst das kann ich auch.
Die Karotte spielt die Klarinette, die beiden spielen um die Wette.
Jetzt der Einsatz der Trompeten, es schallt aus sieben roten Beten.
Die Zwiebeln zupfen an den Harfen, alle warten auf die Bratschen.
He, ihr Kartoffeln, an die Bratschen, hört jetzt endlich auf
zu tratschen,
Die Bohnen hauen in die Tasten, und jetzt fliegen Geigenkasten
aus dem Orchestergraben, der Spargel will seinen Einsatz haben,
und schwingt das große Tambourin zur Freude seiner Nachbarin,
so dass die Zucchini lachen muss, aus ihrer Flöte kommt nur
Stuss,
Das alles ist ein großes Chaos, die Tomaten findens ganz famos.
Der Sellerei setzt jetzt zum Solo an, dabei ist er gar nicht dran.
Er hat den Anschluss ganz verloren, mit Petersilje in den Ohren.
Wo ist denn bloß der Dirigent? Der Dirigent, der hat verpennt.
Und kannst du raten wer das ist? Ich helfe dir mit einer List:
Der Dirigent reimt sich auf Türkis, und man kocht ihn bis er
mürb is.
Erwachsenen-Gedichte
von Monika
Rinck bei www.lyrikline.org
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Falls nicht anders nachgewiesen: Originalbeiträge