[Diese
Seite drucken]
Rossipottis Leibspeise
und andere Lieblingsbücher
Rossipottis Leibspeise
Lieblingsbuch
vorgestellt von Helma Hörath
* * *
Der beste Hund der Welt
"Ich wusste gar nicht, dass Gedichte so gut schmecken können",
sagt Rossipotti und wischt sich mit seiner Hand das Maul ab. "Gibt
es außer diesem nächtlichen Fischgedicht noch andere,
die du mir empfehlen kannst?"
"Tausende!" sage ich ungerührt und vertreibe mit
meiner Schwanzflosse ein paar Fliegen. "Es gibt Tausende von
Gedichtsammlungen. Und in diesen Sammlungen stehen noch einmal hunderte
von Gedichten. Selbst wenn du von den Millionen Gedichten einige
abziehst, weil sie nicht nach deinem Geschmack sind, bleiben sicher
immer noch einige Tausend übrig, die du lecker finden wirst!"
"Oh", sagt Rossipotti nachdenklich. "Gedichte scheinen
nicht gerade etwas Seltenes zu sein. Sie sind wohl eher Massenware?"
"Massenware?" sage ich irritiert. "Wenn du mit Massenware
schlechte Produkte meinst, stimme ich dir natürlich nicht zu.
Aber wenn du damit meinst, dass sehr viele Leute Gedichte schreiben,
gebe ich dir Recht. Fast jeder hat schließlich schon
einmal ein Gedicht geschrieben!"
"Ach wirklich?" sagt Rossipotti und sieht mich aufmerksam
an. "Schreibst du etwa Gedichte?"
"Schon möglich", sage ich ausweichend.
"Du schreibst also Gedichte!" sagt Rossipotti. "Warum
hast du mir nie etwas davon erzählt?"
"Weil du mich nie danach gefragt hast!" erwidere ich
und denke ein wenig beleidigt, dass Rossipotti sich normalerweise
nicht dafür interessiert, was ich in meiner Freizeit mache.
"Warum sollte ich dich nach etwas fragen, von dem ich nicht
einmal weiß, dass es existiert?"
Ich starre geradeaus. Wenn Rossipotti aufmerksamer wäre, hätte
er sicher bemerkt, dass ich Gedichte schreibe.
"Liebste Leibspeise", sagt Rossipotti mit einschmeichelnder
Stimme. "Kannst du mir nicht jetzt eines deiner Gedichte
vortragen? Ich würde sehr gerne eines davon hören!"
Ich schüttle meinen Kopf. Das könnte Rossipotti so passen!
Ich soll mich hier in aller Öffentlichkeit blamieren!
"Habe ich es mir doch gedacht", sagt Rossipotti. "Da
interessiere ich mich einmal für dich und deine Gedichte und
du machst einen Rückzieher! In Wirklichkeit möchtest du
gar nicht, dass ich mich nach dir und deinen Hobbys erkundige."
Ich gebe zu: Rossipotti hat Recht. Meine Gedichte sind meine Privatangelegenheit.
Aber nachdem ich vorhin beleidigt war, weil er sich nicht dafür
interessiert, kann ich jetzt nicht zugeben, dass er Recht hat. Deshalb
sage ich: "Also gut! Meinetwegen. Dann trage ich dir eben Gedicht
von mir vor.- Aber versprich mir, dass du nicht lachst!"
"Warum sollte ich denn lachen?" fragt Rossipotti betont
harmlos. "Ist es etwa ein trauriges Gedicht?"
Ich sehe Rossipotti wütend an. Dann atme ich noch einmal tief
durch und trage mein selbst gemachtes Gedicht vor:
Schicksal
Es ist eine Qual
sagt der Aal
dass ich ein Speisefisch.
Denn so ist der Tisch
für den Fisch
eine Notwendigkeit.
"Was denn für ein Tisch?" fragt Rossipotti.
"Der Tisch, auf dem der Fisch gegessen wird, natürlich!"
sage ich gereizt. Es ist offensichtlich, dass Rossipotti von Gedichten
keinen blassen Schimmer hat.
"Hm", macht Rossipotti und schielt auf meine Gräten:
"Das Gedicht von dir ist auf jeden Fall tief empfunden. - Wie
bist du denn auf die Idee gekommen, solche Gedichte zu schreiben?"
"Durch das Buch 'Der beste Hund der Welt' von Sharon Creech!"
antworte ich. "Es erklärt einem kurz und knapp, worauf
es bei Gedichten ankommt und nimmt einem die Hemmungen, selbst Gedichte
zu schreiben."
"Ach so?"
"Ja! Der Ich-Erzähler der Geschichte, der Junge Jack,
kann zuerst auch keine Gedichte schreiben. Aber bald sieht er, dass
es gar nicht so schwer ist: Man braucht nur eine echte Empfindung
oder eine feine Beobachtung, ein paar umbrochene Zeilen und schon
ist das Gedicht fertig!"
"Wirklich?"
"Ja! Das ist natürlich nicht sofort ein gutes
Gedicht. Aber mit dem Schreiben der Gedichte schärft Jack seinen
Blick für das, was ihn umgibt. Nicht nur für seine Umgebung,
sondern auch für die Literatur und für die Ereignisse
in seiner Vergangenheit."
"Und dann schreibt er nur noch gute Gedichte?"
"Ich weiß nicht", sage ich unbestimmt. "Aber
das finde ich auch nicht so wichtig. Wichtig ist, dass er Lust auf
mehr Gedichte bekommt."
"Um einen noch schärferen Blick zu bekommen?" fragt
Rossipotti.
"Genau!" sage ich, und zum ersten Mal wird mir dieser
Kreislauf zwischen Lesen, genauerem Wahrnehmen, Aufschreiben dieser
Wahrnehmungen und weiterem Lesen bewusst.
Genau so funktioniert auch die Geschichte von Sharon Creech: Zuerst
steht da nur ein Gedicht von William Carlos Williams: "So viel
hängt / ab von / einer roten Schub- / karre, // glänzend
vom Regen- / wasser, // neben den weißen / Hühnern."
Jack versteht das Gedicht nicht. Und trotzdem fühlt er, dass
es etwas mit ihm zu tun hat. Er schreibt ein paar Zeilen dazu auf,
liest ein anderes Gedicht, das wieder in irgendeiner Weise mit ihm
zu tun hat, und dieses gibt ihm wiederum Anstoß dafür,
seine eigenen Erlebnisse in seine Gedicht-Sprache zu übersetzen.
Und so bekommt Jacks eigene Geschichte immer schärfere Konturen.
Wir erfahren, dass er bis vor kurzem einen Hund hatte, den er sehr
mochte. Wir lesen, dass er diesen Hund vor einigen Jahren mit seinem
Vater aus dem Tierheim geholt hat und dass dieser Hund jetzt tot
ist. Und wir hören, dass er von einem Auto überfahren
wurde, und Jack darüber so traurig war, dass er nicht darüber
reden konnte. Erst die Gedichte machen es ihm möglich, anderen
diese Erfahrung mitzuteilen. Und so schreibt er: "So viel hängt
ab / von einem / blauen Auto, / bespritzt mit Dreck / rast es die
Straße runter."
Sharon Creech: Der beste Hund der Welt. Aus dem
Amerikanischen von Adelheid Zöfel, mit Zeichnungen von Rotraut
Susanne Berner. Fischer Schatzinsel. Frankfurt am Main 2003. 92
Seiten.
*
* *
Der große Ozean
"Sollten wir nicht eine dieser tausend Gedichtsammlungen vorstellen,
von denen du vorhin gesprochen hast?" fragt mich Rossipotti.
"Gute Idee!" stimme ich zu. "Welche denn? Hättest
du gerne Abendlieder oder Morgengebete, Rätsel, Abzählreime
oder Limericks, ernste oder lustige Gedichte? Und sollen die Gedichte
lieber von Menschen, Tieren, Pflanzen oder von Dingen handeln?"
Rossipotti zuckt mit den Schultern. "Vielleicht sollten wir
mit ein paar bekannten Gedichten anfangen. Damit wir einen ersten
Überblick bekommen?"
"Gerne", sage ich und wundere mich, dass Rossipotti heute
so unentschlossen ist. "Wie wäre es zum Beispiel mit 'Ilse
Bilse. 12 Dutzend alte Kinderverse'?"
"Neue wären mir lieber", sagt Rossipotti trocken.
"Dann müssen wir Verse von Dichtern nehmen und können
keine bekannten Volksreime nehmen. Die meisten Volksreime sind alt."
"Und Kunstreime sind meistens jung?"
Ich sehe Rossipotti missbilligend an: "Kunstreime gibt es
nicht! Auch Volksreime sind Kunst. Sie heißen nur deshalb
Volksreim, weil bei ihnen kein Verfasser nachgewiesen werden kann."
"Volksreime sind Kunst?" fragt Rossipotti und sieht mich
schief an. "Backe, backe Kuchen / der Bäcker hat gerufen
... oder 'Bauer, bind den Pudel an, / dass er mich nicht beißen
kann ...': das ist Kunst?"
"Ich habe keine Lust, mich mit dir über Kunst zu streiten",
sage ich überlegen. "Der Begriff ist so dehnbar wie ein
Gummiband und letztendlich eine Frage des Geschmacks. Und über
Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Aber um dich
auf andere Gedanken zu bringen, zitiere ich dir einen Volksvers,
der wohl auch in deinen Augen Kunst ist:
K - a -p
K-a
ka
p-u
pu
apu
kapu
z-I
zi
uzi
puzi
apuzi
kapuzi
n-e-r
ner
iner
ziner
uziner
puziner
apuziner
Kapuziner.
"Toll! So, wie du das sprichst, hört sich das wirklich
gut an", gibt Rossipotti zu. "Das könnte tatsächlich
ein Kunstreim sein!"
Ich überhöre das mit dem Kunstreim und schlage vor: "Wie
wäre es, wenn wir den Gedichtband 'Dunkel war's, der Mond schien
helle' vorstellen? Die Gedichtzeile gehört übrigens auch
zu einem sehr kunstvollen Volksreim. In dem Band hätten wir
dann Volksreime neben vielen Versen von Dichtern stehen. Die Gedichte
sind von Rotraut Susanne Berner illustriert worden, und so sieht
alles ganz neu aus."
"Stehen da Volksreime und Kunstreime einfach so nebeneinander?"
fragt Rossipotti.
Ich nicke.
"Also ein arges Sammelsurium?"
"Ein arg schönes Sammelsurium!"
"Gibt es nichts Spezielleres?" nörgelt Rossipotti.
"Ein Buch, das ein Konzept verfolgt? Ein Buch, das nicht nur
Gedichte sammelt, sondern das Gedicht als etwas Spezielles präsentiert?"
"Hm", mache ich. "Alle Herausgeber verfolgen ein
bestimmtes Konzept. Aber wenn du jemanden mit einer ausgewachsenen
Theorie oder einer Botschaft suchst, empfehle ich dir die Gedicht-Anthologie:
'Der große Ozean', die Hans-Joachim Gelberg herausgegeben
hat. Gelberg veröffentlich darin übrigens auch nur Gedichte
von nachweisbaren Dichtern."
"Ich weiß, ich weiß!" ruft Rossipotti und
kramt in einem Bücherstapel herum. Und nach einer Weile zieht
er ein Buch mit blau rotem Umschlag daraus hervor, auf dem eine
Collage von Wolf Erlbruch zu sehen ist. "Der große
Ozean! Und im Untertitel steht auch schon das Konzept, das Gelberg
verfolgt: Gedichte für alle. Weißt du, was mir
daran gefällt- dass man sich sogar als Krokodil angesprochen
fühlt!"
Ja, das Schöne an dieser Ausgabe ist wirklich, dass man sich
auch als Krokodil oder toter Fisch angesprochen fühlt! Und
wer darin herumwühlt und schmökert, kann eine Menge wunderbarer
Gedichte entdecken und einen großen Überblick bekommen,
was alles möglich ist.
Ein bisschen schade ist allerdings, dass die meisten Gedichte nicht
von jungen Dichtern geschrieben wurden, sondern von Leuten, die
eure Großeltern oder sogar Urgroßeltern sein könnten.
Entscheidet deshalb selbst, ob die "Gedichte für alle"
tatsächlich auch für euch da sind.
Hans-Joachim Gelberg (Hrsg.): Der große
Ozean. Beltz & Gelberg. Weinheim und Basel 2000.
*
* *
Lyrik nervt!
"Apropos Alter", sagt Rossipotti und schneuzt sich die
Nase. "Einer der großen alten Herren der Erwachsenen-Lyrik,
Hans Magnus Enzensberger, hat unter dem Pseudeonym Andreas Thalmayer
eine Art Gedicht-Ratgeber für Jugendliche geschrieben. Hast
du nicht Lust, das Buch vorzustellen?"
"Wir haben doch schon einen Ratgeber vorgestellt!"
"Welchen denn?"
"Na, Sharon Creechs Buch! Meiner Meinung nach schafft es das
kurze Buch viel besser, einem Gedichte nahe zu bringen als Enzensbergers
Erste Hilfe-Buch 'Lyrik nervt!'"
"Stimmt!" sagt Rossipotti und grinst. "Mit Creechs
Buch lernt man immerhin Fische von Tischen verspeisen zu lassen!"
"Ja", sage ich unbeirrt. "Enzensberger behauptet
zwar, dass man nach der Lektüre seines Buchs Lyrik nicht mehr
nervend, sondern cool findet, aber mir ging das nicht so. Sharon
Creechs Buch dagegen ist ein sinnliches Erlebnis und du lernst den
Geschmack von Gedichten wirklich kennen."
"Deine Einschätzung kommt mir etwas übertrieben
vor", meint Rossipotti und putzt sich schon wieder die Nase.
"Außerdem kann man die beiden Bücher gar nicht miteinander
vergleichen. Das eine ist eine fiktive Geschichte, das andere eine
Art Handbuch. Und ganz egal, ob Enzensberger damit Erfolg hat, Jugendliche
für Lyrik zu begeistern, finde ich, dass sein Buch viel verständlicher
geschrieben ist als viele anderen Einführungen zum Thema."
"Seit wann interessierst du dich denn für Lyrik-Einführungen?"
"Ich interessiere mich eben nicht dafür! Und genau deshalb
finde ich gut, dass Enzensberger viele Begriffe weglässt oder
unnötig findet. Er beschränkt sich auf das Wesentlichste
und deshalb kann man sich, wenn man das Buch gelesen hat, tatsächlich
noch an einiges erinnern."
"An was denn zum Beispiel?"
"Zum Beispiel daran, dass Lyrik nicht so kompliziert ist,
wie sie sich anhört!"
Andreas Thalmayer: Lyrik nervt! Carl Hanser Verlag.
München Wien 2004.
*
* *
Lieblingsbuch
vorgestellt von Helma Hörath
Wer Lust hat, kann an Regentagen auch hierzulande Tiger jagen.
Von Büchern mit alten und neuen Gedichten
Die Nadel sagt zum Luftballon
Irgend jemand wurde mal gefragt, was er/sie auf eine einsame Insel
mitnehmen würde, wenn nur ein Reisekoffer zur Verfügung
stehen würde. Den Namen des Menschen habe ich leider schon
vor langer, langer Zeit vergessen, aber nicht die Antwort. Denn
neben vielen praktischen und für den Alltag nützlichen
Dingen sollte auch ein Buch mit Gedichten in den Koffer. Warum denn
Gedichte, war die nächste Frage. Die Antwort: "In einer
Sammlung mit vielen Gedichten versteckt sich auf jeder Seite eine
Geschichte. Die Handlung eines Romans kennst du nach einer Weile
in- und auswendig. Ein Gedicht ist immer wieder neu. Du liest es
jeden Tag mit anderen Augen. Heute lässt es eine Seite in dir
laut erklingen, die gestern nicht mal leicht gezittert hat. Und
es kann sein, dass du morgen in dem selben Gedicht wieder etwas
ganz Neues findest. Darum gehört in meinen Koffer auf jeden
Fall ein Buch mit Gedichten."
Nach kurzem Überlegen sagte ich mir: Richtig, das stimmt. Und
seitdem gehe ich niemals ohne ein Gedicht auf Reisen. Meist habe
ich auch zu Hause solch ein Buch auf meinem Nachtisch zu liegen.
Jetzt ist es eins mit dem Titel "Lieder der Erde". Ziemlich
am Anfang ist ein Gedicht von Christian Morgenstern abgedruckt.
Christian Morgenstern gehört zur Generation deiner Ur-Ur-Großeltern.
Er lebte von 1871 bis 1914. Trotzdem sind seine Gedichte so, als
hätte er sie gerade gestern oder heute geschrieben. Hier eine
kleine Kostprobe: Februarmorgen / Bleiche Morgenhelle, / drin der
Vogel singt, / deren Frühlingswelle / Land der Nacht verschlingt
- / Früh um Frühe eher / weckt dein Lerchenschlag, / und
der Spätaufsteher / tritt in lichten Tag.
Solche besinnlich-nachdenklichen Zeilen, daneben viele lustige Verse
findest du auch in dem Buch "Die Nadel sagt zum Luftballon".
Das Buch ist eine Anthologie. Das bedeutet, es ist eine Sammlung
von literarischen Werken, Kurzgeschichten, Märchen oder auch
wie in diesem Falle nur mit Gedichten. Eine Anthologie hat den Vorteil,
dass die Geschichten und Gedichte meist nicht nur von einem einzelnen
Menschen, sondern von mehreren Männern und Frauen erdacht und
aufgeschrieben wurden. So kann man die Art und Weise des Denkens,
Fühlens und Schreibens von unterschiedlichen Dichtern und Dichterinnen
in einem einzigen Buch kennenlernen.
Ausgewählt und herausgegeben wurden die Gedichte in dem gerade
genannten Buch von Annette Langen. Die Illustrationen schuf Jutta
Neundorfer. Es sind 120 kurze Gedichte (nur wenige mal mehr als
eine Seite lang). Eingeteilt sind sie in die folgenden Kapitel:
1.) ... und zum Frühstück Haferflocken - Am Morgen; 2.)
Aufstehn, Rausgehn, Weltentdecken - Auf Abenteuerfahrt; 3.) Was
träumt der Spatz bei Wind und Sturm? - Im Reich der bunten
Tiere; 4.) Wie sich Nasenbären küssen - Von klopfenden
Herzen und kullernden Tränen; 5.) Die Fenster sind aus Sahneeis...
- Im Schlaraffenland; 6.) Gute Nacht, du Wackelmops - Im Traumland.
Neben ganz ernsthaften, gereimten und ungereimten Zeilen gibt es
hier auch Quatsch-Gedichte bzw. lustige Wort- und Buchstabenspielereien.
So z.B. die "Kleine Turnübung" von Hans Adolf Halbey.
Und die geht so: Aufgezwackt und hingemotzt / angezwickt und abgestotzt
/ jetzt die Kipfe auf die Bliesen / langsam butzen, tapfen, schniesen
/ dreimal schwupf dich / knitz dich / lüpf / siehstewoll -
da flatzt der Büpf.
Na, hast du Lust, deinen Eltern mal ein Gedicht aus diesem
Buch vorzulesen? Sollte dir das Geld zum Kaufen fehlen, dann schau
doch mal in der Kinderbibliothek nach. Sicherlich ist es dort zum
Ausleihen vorrätig.
|
Annette Langen (Hrsg.):
"Die Nadel sagt zum Luftballon - Gedichte, die Kindern
und Eltern Spaß machen". Mit Illustrationen von Jutta
Neundorfer. Herder Verlag 2004. |
Kommt 'ne Mücke geflogen
Vielleicht hast du mal Lust, mit den Eltern (natürlich auch
mit den Großeltern) oder auch mit den kleineren Geschwistern
zu singen. Aber nicht immer die "ausgelutschten" Lieder.
Auf der anderen Seite hast du auch keine große Lust, komplizierte
Melodien und Texte zu lernen? Da habe ich einen Tipp für dich.
Ganz sicher kennst du das Lied "ABC, die Katze lief in Schnee".
In dem Buch "Kommt 'ne Mücke geflogen", herausgegeben
vom Arena-Verlag, fand ich dazu den folgenden Text "ABC, ein
Hund macht in den Schnee. Mit strip, strap, strull hebt er sein
Bein, schon schmilzt der Schnee, das ist gemein! O jemine, o jemine!
Ein gelbes Loch im Schnee". Kinderlieder deiner Großeltern
sind in diesem Buch von KNISTER mit witzigen und frechen Worten
frisch aufgeknistert. Man muss nicht unbedingt Noten, die es natürlich
hier auch dazu gibt, lesen können, denn die Melodien sind ja
allgemein bekannt. Und alle, die die alten, ursprünglichen
Texte vielleicht nicht mehr so ganz sicher im Kopf haben und sie
aber doch wissen wollen, finden diese im Anhang. Außerdem
enthält dieses Buch, in dem Sabine Lohf die Bilder gestaltete,
etliche Lieder aus KNISTERs Live-Programm, vom Hexe-Lilli-Lied über
das Drachenreiterlied bis zum allseits beliebten Fliegenrock.
|
Knister (Text) / Sabine
Lohf (Illustrationen): Kommt 'ne Mücke geflogen. Arena-Verlag
1997. |
HAIKU - Alte und moderne Meister
Möchtest du nicht mal selbst ein Gedicht schreiben? Schon?
Aber du traust es dir nicht zu? Ich weiß aber, dass du es
kannst. Doch du kannst es, ohne eine Schule der Dichtkunst besuchen
zu müssen, wenn du bei den alten japanischen Dichtmeistern
in die Lehre gehst. Sie schufen vor Jahrhunderten die kleinste Gedichtform,
die wir heute kennen: das Haiku. Es beschreibt ein Naturerlebnis,
eine kleine Beobachtung in einem gerade ablaufenden Augenblick.
Es besteht aus drei nicht gereimten Zeilen mit insgesamt 17 Silben
(Achtung! Es sind Silben, nicht Wörter gemeint!). Sie werden
so aufgeteilt, dass in der ersten Zeile fünf Silben, in der
zweiten sieben und in der dritten Zeile wieder fünf Silben
stehen.
"Gut", wirst du vielleicht jetzt sagen. "Das habe
ich verstanden, aber ich weiß trotzdem nicht, was ich nun
schreiben soll." Stell dich ans Fenster und schau hinaus! Lass
dir Zeit! Bleib ganz ruhig! Lass deine Augen wandern! - Da, da sitzt
eine Ringeltaube auf dem Weg. Das hast du ja noch nie gesehen. Und
von dort hinten kommen weitere angeflogen. Läuft da nicht ein
Kaninchen? Ach, nein, es ist ja Struppi von nebenan. Wieso ist er
allein draußen? Fängt es nicht gerade an zu schneien?
"Flocken fliegen sacht / hüllen Busch und Bäume ein.
/ Vögel frieren leis'." So, nun bist du aber dran!
Anregungen zum Haiku-Schreiben kannst du dir in vielen Büchern
holen. Das hier abgebildete mit dem Titel "HAIKU - Alte und
moderne Meister" ist ein sehr schönes und aufwendig gestaltetes
und darum auch nicht ganz billiges Werk. Also such es erst einmal
in der Bibliothek! Zusammengestellt wurde es von Jackie Hardy, aus
dem Englischen übertragen von Hans Christian Meiser und ist
im Patmos Verlag 2004 erschienen. Gedacht ist es für Erwachsene,
entsprechend formuliert ist der erläuternde Text. Aber vielleicht
kannst du Vati oder Mutti (oder beide oder Oma und Opa) gewinnen,
mit dir gemeinsam einen Haiku-Schreiber-Klub zu bilden. Dann können
sie die Erläuterungen durcharbeiten und dir das Wichtigste
daraus erzählen. Und dann geht's los! Mit einem Stift und einem
kleinen Heft mit festem Einband "bewaffnet", lassen sich
überall Haikus schreiben, an der Bushaltestelle, in der Bahn,
im Auto, am Fenster, aber auch vor einem Bild im Zimmer ... Auf
eine e-mail mit deinem besten Haiku-Gedicht freut sich Helma.
Aber wenn du zum Haiku-Schreiben nun wirklich keine Lust hast,
dann wünsche ich Dir viel Spaß und Abenteuerfreude beim
Stöbern in den Welten der Gedichte. Denn:
Wer Lust hat,
kann an Regentagen
auch hierzulande Tiger jagen.
|
Jackie Hardy: HAIKU - Alte
und moderne Meister. Aus dem Englischen übertragen von
Hans Christian Meiser. Patmos Verlag 2004. |
|