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Kulturtasche
Interview mit Zoran Drvenkar, Autor
Vita
Zoran Drvenkar wurde 1967 in Kroatien
geboren und zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin.
Von 1991 bis 1994 lebte er in einem Caravan in den Niederlanden.
Seit 1989 arbeitet er als freier Schriftsteller und schreibt
für Kinder, Jugendliche und Erwachsene Romane, Gedichte,
Theaterstücke, Drehbücher und Kurzgeschichten. Er bekam
mehrere Literaturstipendien und wurde mit zahlreichen Preisen
ausgezeichnet. Mit seinem Freund Gregor Tessnow schrieb er das
Buch "Wenn die Kugel zur Sonne wird" und das Drehbuch
für den Film "Knallhart" (Vorlage von Gregor
Tessnow).
Zoran Drvenkar legte sich 2002 für "Die Kurzhosengang"
das Pseudonym von zwei kanadischen Schriftstellern zu (Victor
Caspak & Yves Lanois) und lebt heute in der Nähe von Berlin
in einer ehemaligen Kornmühle.
Auf
Zorans Drvenkars eigener Website
gibt's noch ein langes Interview
Kulturtasche: Zoran, ein großes Thema deiner Bücher
ist Freundschaft. Wodurch zeichnet sich für dich persönlich
Freundschaft aus?
Ich bin ja nicht gerade ein Familienfreund. Meine Eltern und mein
Familienzusammenhalt waren nicht das, was man als blendend bezeichnen
würde. So dass sich bei mir alles auf meine Freunde verlagert
hat. Freundschaften haben meine Familie ersetzt und das führt
auch dazu, dass ich den Deal mit meinem Freund Gregor gemacht habe.
Obwohl Gregor und ich uns damals kaum gekannt haben, warfen wir
unser Geld in einen Topf. Gregor fuhr Taxi für mich, damit
ich schreiben konnte. Meine Stipendien hielten ihn zwischenzeitlich
über Wasser. Wir glaubten aneinander. Ohne die uns angeborene
Naivität hätten wir das nie getan.
Es gibt Freundschaften, da ist einfach alles da. Da kannst du machen,
was du willst. Wenn du Scheiße baust, dann ist das o.k. Diese
Freundschaften gehen für mich viel weiter als diese Familienbanden,
in denen "alle zusammenhalten müssen", das stimmt
einfach nicht. Familien können genauso kaputt gehen wie Freundschaften.
Und ich fühle mich mit Freundschaften einfach wohler.
Können Freundschaften umgekehrt nicht genauso beklemmend
werden wie die Familie?
Nee. Ich kann ja nur von meinen Freundschaften reden. Ich hab zwar
wenig Freunde, vielleicht eine Handvoll, aber diese Leute sind für
mich alles. Es kann nicht beklemmend werden, weil sie viel von mir
wollen und das ist die Basis einer Freundschaft - jemand will was
von dir, er will dich, wie du bist und mit allen Träumen, Hoffnungen
und Ängsten. Was willst du schon von der Familie oder die Familie
von dir? Da bist du eine Selbstverständlichkeit. Eben Familie.
Da verlangt man von dir das übliche - mach die Schule, finde
einen Ehepartner, arbeite vernünftig und stirb friedlich. Ich
hasse das Traditionelle, weil ich finde, jede Generation muss ihren
eigenen Weg gehen und eine eigene Tradition aufbauen.
Kannst du dir kein Familienbild vorstellen, das funktioniert?
Doch. Ich denke, wenn ich Kinder hätte, wäre alles prima,
das würde gut laufen, hoffe ich mal. Es gibt ja auch in meinen
Büchern positive Familienfiguren. Zum Beispiel Alissas Stiefvater
in "Sag mir, was du siehst". Alissas Mutter hat einen
Schaden weg, weil Alissas Vater gestorben ist. Aber der Stiefvater
geht da den richtigen Weg. Das Problem in Büchern ist, du kannst
eine Geschichte nicht schreiben ohne Schatten. Plötzlich hat
ein Charakter Sachen drauf, mit denen du nicht gerechnet hast. Ich
bin zwar der Autor, aber der Charakter macht, was er möchte.
Und so entstehen dann immer so kleine spröde Sachen, weil jeder
von uns ein bisschen kaputt ist. Das kannst du dann nicht einfach
weglassen, du willst ja deinen Charaktere und der Geschichte treu
bleiben.
Auch in "Niemand so stark wie wir" und "Im Regen
stehen" ersetzt die Clique die Familie. Obwohl einerseits ein
starker Zusammenhalt da ist, zerfällt die Clique aber bei Problemen
schnell. Was kann eine Clique überhaupt leisten?
Ich
habe keinen Schimmer. Ich kenne keine Jugendlichen. 95 % der Kinder-
und Jugendbuchautoren tun so, als ob sie selbst noch jugendlich
wären. Sie unterhalten sich mit Jugendlichen, schreiben über
ihre Probleme, kopieren ein Leben, das nicht mehr ihres ist. Okay,
sie wollen Bücher verkaufen. Ich finde das anbiedernd. Ich
schreibe über meine Charaktere, da geht es nicht um das Alter,
da geht es darum, was meine Charaktere wollen . Ich will nicht über
irgendeinen skateboardfahrenden Typen schreiben, der ein Nike T-Shirt
trägt, so sind meine Charaktere nicht. Wenn ich einen Charakter
habe, der so ist, ist das o.k., wenn er so sein will. Aber wer will
schon so einen Charakter erfinden? Meine Cliquen basieren teilweise
auf eigenen Erfahrungen, sie sind größtenteils aber erfunden.
Ich weiß nicht, wie die Cliquenwirtschaft heute ist. Das Witzige
ist, die Jugendlichen stehen auf so was, weil sie auf Ignoranten
stehen. Sie wollen nicht andauernd den Scheinwerfer auf sich gerichtet
wissen, sie wollen unbeachtet bleiben und dennoch im Zentrum stehen.
Weil dann haben sie auch Zeit, sich zu entwickeln. Und deshalb funktionieren
die Geschichten auch, weil ich ihnen von vorneherein sage, hier
geht es nicht um euch, hier geht es um Charaktere.
Was möchtest du den Jugendlichen mit deinen Charakteren
erzählen?
Natürlich
packt man in jedes Buch seine eigene Philosophie rein. Das Problem
ist wirklich, dass ich dir auf die Frage nicht antworten kann, weil
ich echt kein heller Kopf bin, der alles durchdenkt und durchplant.
Ich kann dir nicht sagen, was ich und wie ich es tue. Es gibt einzelne
Bücher, bei denen weiß ich genau, um was es mir ging.
Zum Beispiel "Der Winter der Kinder". Das ist ein sehr
trauriges Buch. In dem Buch geht es um die Traurigkeit eines Kindes,
das nicht mehr weiter weiß und die Rätsel selber zu lösen
versucht. Das ist zum Beispiel ein ganz einfaches Thema. Das kann
man natürlich planen. Das Buch ist übrigens für den
Verlag schwierig gewesen, weil es entgegen dem gängigen Muster
"Mutter und Oma helfen traurigem Kind" geht. Die Mutter
und Oma wissen eben nicht mehr weiter und Alissa ist ganz auf sich
allein gestellt. Da spiegelt sich ganz simpel mein Leben wieder
und Kids, die ich kannte, die alleine klar kommen mussten. Und meistens
fliegen diese Kinder auf die Schnauze und sind nicht die großen
Gewinner. Was ja auch bei den anderen Kindern von "Niemand
so stark wie wir" oder "Cengiz & Locke" der Fall
ist. Die versuchen es, und meistens klappt es nicht.
Die Freunde in deinen Büchern verlangen ja oft sehr viel
voneinander. In "Cengiz & Locke" hilft Locke zum Beispiel
seinem Freund Cengiz selbst dann noch, als er glaubt, dass Cengiz
ein Mädchen umgebracht hat. Wie weit sollte man denn in der
Freundschaft gehen?
Cengiz und Locke sehnen sich einfach danach, dass die Freundschaft
gut funktioniert und gehen deshalb sehr weit. Jeder auf seine eigene
Art und Weise. Natürlich sollte man in einer Freundschaft so
weit gehen wie möglich. Cengiz und Locke machen es auf ihre,
ein jeder auf seine Weise. Ich schreibe sehr aus dem Bauch heraus,
und erst wenn das Buch fertig ist, so ein Jahr später, merke
ich, was ich getan habe. Ich schreibe, weil mich das Leben beschäftigt.
Aber es ist mir in vielen Situationen viel zu nahe, um es zu sehen.
Und wenn ich es sehen und verstehen könnte, würde ich
wahrscheinlich nicht darüber schreiben. Ganz im Vordergrund
steht die Geschichte, die ich erzählen will, ich habe eine
Idee, und ich will, dass sie rausgeht, und dann fließt mein
Leben rein, ohne dass ich es bewusst merke. Klingt chaotisch, ist
chaotisch.
Dann stelle ich die Frage mal anders. Warum gehen Cengiz und
Locke oder auch Marek in "Du bist zu schnell" so weit?
Weil
Cengiz und Locke Helden und Verlierer in einem sind. Und sie haben
das erste Mal jemanden, der an sie glaubt, und sie haben das erste
Mal jemanden, an den sie glauben. Das ist ein Grund, Held zu sein.
Dass sie gleichzeitig Verlierer sind, ließ sich nicht vermeiden.
Sie bauten einfach zu viel Mist. Und das klingt komisch, weil ich
es ja bin, der sich diesen Mist ausgedacht hat, aber wie ich schon
sagte, oft hast du als Autor keine Kontrolle über deine Charaktere
und wunderst dich, was sie schon wieder angestellt haben. Und natürlich
kannst du es streichen und neue schreiben. Aber da hängt es
dann an der Treue. Du willst der Geschichte treu bleiben, so wie
sie aus dir herauskam. Alles andere wäre Zensur der eigenen
Gedanken.
Auch Marek geht weit. Aber irgendwann gibt es mitten im Buch auch
den Bruch, wo er über Val nachforscht, wo er sie im Stich lässt
und schaut, was wirklich passiert ist. Aber das ist Liebe pur. Er
will an die Liebe glauben. Val ist ja auch liebenswert und alles.
Aber so ist es doch. Wenn du bedenkst, entschuldige, was Frauen
für Arschlöcher als Männer haben und trotzdem noch
zu ihnen stehen, obwohl alles mögliche passieren kann, da ist
pausenlos die Hoffnung da, dass der Dreh passiert, dass man was
verändern kann.
Freundschaft hat also auch ganz viel mit Projektion zu tun?
Ja, absolut, natürlich. Jemand glaubt an dich, er ist dein
Freund, fertig. Du verliebst dich ja auch in jemanden, der dich
liebt. Du liebst jemanden für die Art, wie er dich liebt.
Kann es dann nicht sein, dass man eines morgens aufwacht und
plötzlich funktioniert die Projektion nicht mehr? Wann hört
die Freundschaft auf?
Natürlich hört die Freundschaft auf, wenn derjenige meine
Bücher nicht mögen würde, wenn er meine Art nicht
mögen würde, wenn er nicht gerne bei mir wäre, usw.
Wozu bräuchte ich ihn dann noch zum Freund? Da habe ich ja
nichts von. Er muss schon ein Fan von mir sein, so wie ich sein
Fan sein muss.
Gregor und ich denken fast gleich. Das ist alptraumhaft, wie wir
beide gleich denken. Wir sehen die gleichen Dinge, er macht die
gleichen blöden Witze wie ich. Und die sind manchmal wirklich
schlecht. In unseren Köpfen läuft etwas parallel. Aber
immer reicht das tatsächlich nicht. Es gibt Zeiten, da lebt
man sich auseinander, da ist es an der Zeit jemanden gehen zu lassen.
Du kannst nicht klammern, du kannst nichts bewahren, was nicht bewahrt
werden will. Da gibt es kein Gesetz. Natürlich sollte man es
versuchen, aber was nicht geht, geht nicht. Entweder kommt die Freundschaft
wieder zurück oder sie sollte eben nicht sein.
Du widmest Micha in "touch the flame" den Spruch:
"micha, dem ich wünsche, dass er die flamme eines tages
berührt." In dem Roman riskiert Lukas beinahe sein Leben,
um die Flamme zu berühren. Sollte jeder bis an die Grenze des
Möglichen gehen?
Ja,
klar. Du musst dich verbrennen, sonst weiß du nicht, dass
du gelebt hast. Es gibt Schriftsteller, die schreiben, um Geld zu
verdienen. Es gibt sogar Leute, die schreiben ein Buch und warten,
bis es rauskommt, bevor sie das nächste schreiben. Und dann
gibt es Schriftsteller, die wirklich für das Schreiben brennen.
Das ist für mich das Leben. Das heißt aber, wenn du wirklich,
wirklich, wirklich schreibst, dann wird es dich auch immer wieder
in die Knie zwingen. Dann verbrennst du fast daran. Deine Seele
brennt. Zweifel, Ängste, die Grenze des Kreativen. Wenn du
wirklich schreiben willst, wird das Schreiben dein Leben. Du kannst
nicht einfach sagen, "Wow, ich habe hier noch einen Job und
nebenher schreibe ich". Für mich hat das nie funktioniert.
Entweder alles oder nichts.
Man muss also nicht wie Lukas in kriminelle Handlungen oder
Extremsituationen verwickelt sein, um die Flamme zu spüren?
Nein. Es ist nicht nötig, ein großes Leben zu haben.
Das Leben kann auch unauffällig sein. Das Brennen ist wichtig.
Was willst du mit einem lauwarmen Leben anfangen? Das bringt doch
nichts. In dem Roman "touch the flame" war es natürlich
so, dass sich Lukas verbrannt hat. Aber er ist wie ein Phönix
wieder daraus hervor gekommen. Er hat seinen Vater zwar symbolisch
verloren, aber das Fazit war, dass er auch ohne ihn leben kann.
Das Verbrennen war ein Weg, um erwachsen zu werden.
In deinen Büchern passieren ja häufig schockierende
Dinge. Jugendliche schießen aus fahrenden Autos, aus Toten
wachsen Blumen, unfassbare Geister greifen in unser Leben ein. Warum
packst du deine Themen in solche schaurigen Bilder?
Die Bilder entstehen. Und ich mache natürlich gerne Spannung.
Ich bringe dich gerne zum Schwitzen, dass du schlaflose Nächte
verbringst, nicht weißt, was wahr und unwahr ist. Das ist
die dunkle Seele des Schreibers. Was ich nicht mag, sind diese Erschreckeffekte,
wo irgendwelche Taube mit den Flügel schlägt, eine Tür
plötzlich auffliegt oder ein gandenlos häßliches
Monster dich erschreckt, das ist billig, das macht Spaß, wenn
du vierzehn bist und noch keine Filme gesehen hast. Aber dieses
Unwohlsein beim Leser zu erzeugen, durch einfache, kleine Sätze,
das ist das Lohnenswerte.
Was ist für dich der Reiz des Bösen?
Ich
glaube an das Urböse in jedem, wirklich in jedem und dass wir
schlimme Sachen anstellen können. Beim Meditieren habe ich
zum Beispiel das Düstere in mir drinnen gespürt. Ich würde
niemandem etwas zuleide tun, aber wenn ich müsste ... Zum Beispiel
bei Leuten, die Kinder misshandeln, da könnte ich zum Tier
werden, das ist die einzige Grenze, die nicht überschritten
werden darf. Das ist tabu. Da kann ich auf die Barrikaden gehen.
Das Böse übt auch Faszination aus. Ich glaube, das liegt
einfach an dem eigenen Bösen ins uns. Wenn da nichts von mir
drinnen wäre, würde das Böse mir wohl eher Angst
machen. Unheimliche Filme kann ich zum Beispiel nicht alleine schauen.
Ich spule meistens vor, bis das Erschrecken vorbei ist, spule zurück
und schaue es noch einmal an. Beim Schreiben setze ich das Böse
ein, um die Geschichte spannend zu machen, um meinen Charakteren
näher zu kommen und alles aus ihnen herauszukitzeln. Und natürlich
auch um das Böse zu verbannen.
Womit wir beim Thema Krimi angelangt sind. Wie packst du die
Leser? Oder wie entsteht Spannung?
Spannend ist das Unerwartbare. Du stößt Leute in Situationen
hinein, mit denen du selber nicht rechnest. Das ist immer sehr praktisch.
Zum Beispiel wie in meinem Buch "Sag mir, was du siehst".
Da stürzt ein Mädchen in die Gruft und findet einen toten
Jungen mit einer Blume aus der Brust. Für mich ist das Wichtige
am Schreiben, etwas Neues auszuprobieren. Wenn du meine Bücher
anguckst, siehst du, dass ich jedes Mal etwas anderes mache. Selbst
wenn wieder die gleichen Charakter auftauchen, versuche ich etwas
Neues zu erzählen.
Natürlich auch bei Büchern, die keine Krimis sind. Der
erste Teil der "Kurzhosengang" war grob gesagt ein Interview
in einem Fernsehstudio. Da war klar, dass ich das beim zweiten Teil
nicht noch einmal so mache. Also wollte ich eine stringente Geschichte
erzählen, die etwas Neues erzählt. Und was mache ich?
Ich nehme den Hauptcharakter weg, Zement. Ich Ratte. Das fand ich
klasse. Weil ich wusste, alle wollen Zement haben und ich verstecke
ihn! Das sind so die kleinen Nuancen, die beim Schreiben entstehen,
weil du etwas Neues ausprobieren willst.
Du selbst sagst, dass du an Geister glaubst. Was sind das für
Geister?
Für
mich gibt es draußen Horden von Geistern. Geister des Himmels,
der Erde, des Südens, des Westens ... Das sind keine Engel.
Engel sind mir zu religiös. Geister sind etwas, woran es sich
lohnt zu glauben. Ich habe immer das Gefühl, dass eine schützende
Hand da ist, dass ich schon richtig begleitet werde.
So alle zwei, drei Monate bedanke ich mich bei den Geistern und
mache ein Ritual mit kleinen Gaben, dann puste ich mit einer Pfeife
Rauch durch die Gegend, und dann bedanke mich in alle Himmelsrichtungen
bei den Geistern für das, was geschehen ist. Ich erzähle,
was so passiert ist, erläutere ein, zwei Probleme, und sage,
wo ich Hilfe brauche, und das war's dann.
Ich glaube an die Geister, wie man an Naturkräfte glaubt. Aber
ich bin kein Mensch, der Tote sieht.
Ein anderes Thema in deinen Büchern ist immer wieder der
Tod. Welchen Stellenwert nimmt für dich der Tod ein?
Ich glaube nicht so richtig an den Tod. Es gibt zwar genug Beweise
für den Tod, aber ich habe nicht vor zu sterben. Es gibt ja
diese Vampirbücher, und da sind sie schon dreihundert Jahre
alt und die Vampire sind so müde, weil sie endlich zur Ruhe
kommen wollen. So ein Blödsinn! Wenn ich dreihundert Jahre
leben könnte, würde ich sofort unterschreiben! Ich würde
noch fünfhundert drauf haben wollen! Meistens kommt dann so
ein Argument: "Ja, aber alle Freunde sterben." Ist ja
klar, das tut auch weh, aber was du dafür noch alles entdecken
kannst! Was du alles noch erlesen, erleben, erforschen kannst. Fantastisch!
Ich will nicht sterben. Und darum glaub ich so ein bisschen an die
Unsterblichkeit. Das wäre gut. Der Tod passiert zwar immer
wieder um mich herum. Er ist ein immerwährender Schlag ins
Gesicht, aber durch das Schreiben versuche ich dem Bastard auch
immer wieder meine Sicht der Dinge klarzumachen. Es muss einen Trick
geben.
Ich hoffe, dass du uns dann den Trick mitteilst. Gibt es bis
dahin etwas, mit dem du deinen Lesern Mut machen kannst?
Bei Lesungen in der Schule sage ich öfters: "Egal, was
ihr macht, auch wenn ihr die Schule abbrecht, wichtig ist nur, dass
ihr es machen wollt, dass ihr an euch glaubt, dann packt ihr das
auch." Das erleichtert die Schüler! Weil die Lehrer ihnen
oft Angst machen. Es gibt da ernsthaft Lehrer, die sagen "wenn
ihr jetzt die Schule schmeißt, werdet ihr in der Gosse landen."
Das ist ein Verbrechen. Den Jugendlichen wird oft kein Mut gemacht,
er wird ihnen genommen, damit sie brav und ordentlich werden und
ihren Platz in der Gesellschaft finden. Da sind wir wieder bei der
guten, alten Tradition. Ich sage durch meine Bücher: "Na,
und? Dann fällst du halt auf die Schnauze! Steh eben wieder
auf und mach weiter. Egal was passiert, du kannst dich durchbeißen,
du kannst dem Leben deinen Stempel aufdrücken und wenn du ein
wenig Glück hast, wirst du dadurch unsterblich."
Lieber Zoran, dann hoffen wir für uns alle das Beste!
Vielen Dank für das Gespräch!
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