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Abenteuer mit der Flupppuppe

Vorwärts

Kesselberg

„Und da sind wir wieder vom Mountain Channel“, rief die Kraken-Reporterin ins Mikro. „Ich muss sagen, mir fehlen bei diesem Ereignis die Worte. Was wir hier gerade erlebt haben, sprengt unserer aller Vorstellungskraft. Was wir bis vor kurzem für unmöglich gehalten hatten, ist geschehen: Das Baby muss nicht mehr gefüttert werden! Es hat sich ohne Kampf ergeben und hat seinen Platz freiwillig geräumt! Wir müssen dem Baby keine Leberpastete und keinen Schokopudding mehr abgeben! Wir sind gerettet!“

„Meiner Kollegin vom Mountain Channel kommen gerade die Tränen, weshalb ich jetzt das Mikro übernehme“, sagte der gelbe Schwamm von X-TV. „Eigentlich bin ich ja Kameramann, aber da unser Sprecher vorhin in dem Gerenne zerquetscht wurde, versuche ich mich einmal als Redner. Als erstes würde ich natürlich gerne mit dem Mann sprechen, dem wir unsere Rettung zu verdanken haben. Wie es der Zufall so will, steht er gerade neben mir. Onkel Schoschi, was sagen Sie zu dieser phänomenalen Entwicklung?“

„Ja“, sagte Betrüger-Schorschi bewegt, „es war wirklich ein unglaubliches Erlebnis am Fuße des Kesselbergs zu stehen und zu sehen, wie die Füße des Babys über uns schweben. Für eine Sekunde habe ich tatsächlich geglaubt, zerquetscht zu werden. Aber das durfte natürlich nicht geschehen, denn mein Plan war ja, das Baby unschädlich zu machen und nicht, den Bewohnern Schaden zuzufügen.“

„Was Ihnen offensichtlich auch wunderbar gelungen ist“, sagte der gelbe Schwamm. „Von den paar Zerquetschten abgesehen, haben wir glücklicherweise keine Verluste zu beklagen! Onkel Schoschi, ich hatte vorhin den Eindruck, dass Sie den direkten Kontakt mit dem Baby gescheut haben und es Ihnen unrecht war, ihm entgegen getragen zu werden. Wie kommt es, dass das Baby sich so nach Ihnen sehnt, dass es sich jetzt sogar auf die Suche nach Ihnen gemacht hat, obwohl Sie es offensichtlich meiden? Verraten Sie uns das Geheimnis dieser einseitigen Liebe?“

„Das Geheimnis heißt List“, platzte es aus Betrüger-Schorschi heraus. „Überliste bestehende Gesetze, dann wird es dir gut gehen!“

„Ein erstaunliches Motto“, sagte der Schwamm und klimperte aufgeregt mit den Augen, „wie ich sehe, können wir noch einige Dinge von den Menschen jenseits der Berge lernen!

Und damit sind wir mit unserer Sendung leider schon wieder am Ende. Doch bevor wir uns von unseren Zuschauern verabschieden, sollten wir alle gemeinsam Onkel Schoschi hochleben lassen! Seid ihr dazu bereit?“

Die Menge johlte begeistert.

„Dann also“, schrie der gelbe Schwamm: „Eins, zwei, drei ...“

„Hoch“, riefen die Umstehenden.

„Vier, fünf, sechs ...“

„Hoch, hoch!“, riefen alle im weiteren Umkreis.

„Sieben, acht, neun ...“

„Hoch, hoch, hoch!“, brüllte die Menge.

Die Bewohner rissen die Arme nach oben und stampften mit den Füßen.

Betrüger-Schorschi wäre vor lauter Stolz beinahe geplatzt.

Ich bin der Größte! Ich bin der Beste! Ich bin Betrüger-Schorschi, der Retter des Blauen Gebirges! pochte es unaufhörlich in seinem Kopf.

Am liebsten hätte er laut geschrieen oder sich jemandem an den Hals geworfen, aber das war eines Helden nicht würdig. So begnügte er sich damit, mit trunkenen Augen in die Kamera zu stieren und das Gejohle mit jeder Pore seiner Haut aufzunehmen.

Es war Wahnsinn, wie schnell er hier zu Ruhm gekommen war! Und das, ohne einen Heller dafür ausgegeben zu haben. Hier lief das offensichtlich ohne Bestechung, ohne teure Geschenke, ohne Angabe mit Geld. Einfach so, weil er wusste, wie er die Dinge anzupacken hatte!

Unter diesen Voraussetzungen wäre es Wahnsinn bald schon wieder nach Hause zu fliegen. Reich war er hier zwar noch nicht geworden, aber auch das würde sicher ein Leichtes sein!

Betrüger-Schorschi ließ sich von zwei Monstern auf die Schultern nehmen und durch die jubelnde Menge tragen. Alle wollten ihn fotografieren, ihn anfassen oder ein Autogramm von ihm haben.

„Schoschi, Schoschi, Schoschi“, rief die Menge und applaudierte, wohin er kam.

Eine Frau hängte ihm eine Blumengirlande um, ein Mann schenkte ihm einen bunten Gasluftballon, ein Kind steckte ihm einen Lutscher in den Mund.

Doch ohne jede Vorwarnung ließen ihn die Monster plötzlich los und die Hochrufe verstummten.

Das Volksfest ging zwar weiter und die Buden drehten ihre Musikanlagen wieder auf, aber für Betrüger-Schorschi interessierte sich auf einmal niemand mehr. Das Baby-Spektakel war vorbei, die Leinwände waren schwarz geworden.

Verwundert schaute sich Betrüger-Schorschi um. Wo war der gelbe Schwamm-Reporter, der ihn mit den Monstern durch die Menge begleitet hatte? Wo waren seine ganzen Fans geblieben?

Er, der Retter des Blauen Gebirges, musste jetzt völlig alleine auf der Straße stehen, während sich andere, lächerlich aussehende Menschen, blödsinnige Monster und bestrumpfte Tiere mit Zuckerwatte, Musik und Dosenwerfen amüsierten. Gehörte sich das denn so?

Betrüger-Schorschi ging den Jahrmarkt entlang und hielt nach Dr. Slumps Flugauto Ausschau. Aber auch das konnte er nirgends entdecken. Wahrscheinlich waren Dr. Slump und Arale bereits nach Hause geflogen.

Und wo waren der Torwart und Emily?

Zugegeben, er konnte beide nicht besonders leiden. Aber zwei bekannte Gesichter wären ihm in dieser Menge lauter Fremder doch sehr recht gewesen. Außerdem hätte er es richtig gefunden, wenn ihm die beiden persönlich zu seinem außerordentlichen Erfolg gratuliert hätten. Schließlich hatte er auch sie gerettet.

Aber entweder waren die beiden mit Dr. Slump mitgefahren, irgendwo in der Menge verschwunden oder vorher sogar zertrampelt worden. Hier waren sie auf jeden Fall nicht.

Lustlos schob sich Betrüger-Schorschi durch die Menge.

Nach einer Weile blieb er stehen und schaute auf eine der Leinwände. Sie war jetzt nicht mehr schwarz, sondern zeigte den verlassenen Kesselberg.

So, ohne Baby, sah er beinahe falsch proportioniert aus, dachte Betrüger-Schorschi. Eigentlich so, als ob ihm etwas fehlen würde ... Betrüger-Schorschi schüttelte sich. Jetzt war keine Zeit für Sentimentalitäten. Schließlich hatte das Baby der Bevölkerung alles weggegessen! Er hatte ein Ungeheuer vertrieben und die Bevölkerung vor einer Hungersnot bewahrt! Und so sahen es doch auch die Bewohner hier?! Immerhin hatte die Menge ihm zugejubelt und ihn als ihren Helden gefeiert.

Überhaupt, wenn er sich den Berg auf der Leinwand genauer ansah, glaubte er kaum, dass er das Gewicht des Babys noch viel länger ausgehalten hätte. Regelrecht zerbrechlich sah er aus.

War da nicht jetzt schon ein Riss im Berg?

Doch, genau, tatsächlich! Von der Mitte des Berges nach unten zog sich ein zwar sehr dünner, aber immerhin sichtbarer Riss!

Betrüger-Schorschi stutzte. War der Riss vorhin auch schon da gewesen? Oder hatte er wegen des Babys nur nicht darauf geachtet?

Aber nein! Der Riss wurde ja auch in diesem Moment immer breiter und breiter! Wenn man nicht aufpasste, würde der Berg sicher bald entzwei brechen!

Hilfe!

Die Bewohner mussten von der Straße evakuiert werden, bevor der Berg ganz auseinander krachte!

Er musste schnellstens jemanden vom Mountain Channel oder X-TV informieren. Aufgeregt schob sich Betrüger-Schorschi durch die Menge und rief: „Hallo, ist hier jemand vom Mountain Channel oder X-TV? Hallo, hallo?! Weiß zufällig jemand, wo ich einen Reporter auftreiben kann?“

Irgendwann antwortete ihm eine hochgewachsene Katze: „Die sind längst weg! Was wollen Sie denn von ihnen?“

„Der Berg“, stotterte Betrüger-Schorschi und zeigte auf eine Leinwand. „Er bricht entzwei!“

Die Katze schaute auf die Leinwand und erstarrte. Ihre Nase wurde weiß und ihre Schnurrhaare stellten sich wie elektrisiert vom Kopf ab.

„Hilfe“, kreischte sie. „Der Berg! Er blutet!“

„Der Berg blutet?!“, rief jemand. „Wo denn?“

„Haltet den Berg zu!“, schrie jemand anderes.

„Die Kammer steht offen!“, schrie die Katze „jemand muss die Kammer geöffnet haben!“

„Wir sind verloren!“

„Was stehen Sie hier rum und glotzen?“, schrie eine Frau mit lila hochtoupiertem Haar Betrüger-Schorschi an. „Sehen Sie nicht, dass die Kammer offen ist?“

„Aber ich habe es doch entdeckt!“, versuchte Betrüger-Schorschi sich zu verteidigen.

„Sie?!“, sagte die Frau und sah ihn genauer an. „Sind Sie nicht Onkel Schoschi?!“

Betrüger-Schorschi nickte stolz.

„Dann haben Sie uns sicher in dieses Elend gestürzt!“, schrie ihn die Frau völlig unerwartet an. „So lange das Baby auf dem Berg saß, war die Welt noch in Ordnung! Da gingen keine Blutkammern auf! Ich habe mir gleich gedacht, dass die Sache mit dem Baby nicht gut ausgehen würde! Vor allem nicht nach dem lauten Plopp!“

„Ergreift ihn!“, rief eine Frau mit einem riesigen Auge auf der Stirn. „Ergreift unseren Mörder!“

Betrüger-Schorschi begriff absolut nicht, wie ihm geschah. Er, der Retter des Blauen Gebirges, sollte plötzlich ein Mörder sein?

Doch für längere Überlegungen hatte er keine Zeit. Die Katze sprang ihm ins Gesicht, und die Frau mit den hochtoupierten Haaren stieß ihm mit ihrem Knie in den Bauch. Er musste reagieren. Mit voller Wucht schleuderte er die Katze auf die Frau und rannte davon.

Doch so schnell ließen ihn die Bewohner des Blauen Gebirges nicht entkommen. Mehrere Passanten versuchten ihn festzuhalten oder ihm ein Bein zu stellen, aber für einen kurzen Moment war er schneller und kräftiger als sie. Er riss sich von allen los, sprang neben der Straße über einen Graben, drängte sich durch die angrenzenden Büsche und gelangte keuchend auf ein Getreidefeld.

Die Bewohner des Blauen Gebirges setzten ihm wie eine Meute aufgehetzter Hunde nach. Denn inzwischen hatten alle begriffen, was mit dem Berg passiert war und wer dafür büßen musste: Onkel Schoschi. Der Mensch von der anderen Seite des Gebirges. Der Mensch, der ohne jeden Skrupel ihre Gesetze brach!

Betrüger-Schorschi bahnte sich einen Weg durch die hüfthohen Getreidehalme. Immer wieder hörte er die Wörter „Mörder“, „Betrüger“ und „Blutkammer“ hinter sich. Manchmal sah er rückwärts zu seinen Verfolgern und erkannte an ihren grimmigen Gesichtern, dass sie zu allem bereit waren. Inzwischen hatten sich zwei stämmige Schlägertypen in Ledermontur aus der Menge geschält und waren nur noch wenige Meter von ihm entfernt.

Betrüger-Schorschi wusste, dass es nicht gut um ihn stand.

Nein, in Wirklichkeit stand es nicht nur nicht gut, sondern absolut miserabel um ihn. Wahrscheinlich würden ihn die beiden Typen in wenigen Sekunden ergreifen und ohne lange zu Überlegen zu Tode prügeln! Betrüger-Schorschi machte sich schon auf das Schlimmste gefasst ...

Doch da erschien wie ein Wunder die Flupppuppe am Himmel! In schnellem Steilflug zischte sie zu ihm hinab und rettete ihn vor der mordlüsternen Menge!