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Rossipottis 11 Uhr Termin
die vier heiligen drei könige
von arne rautenberg
kaspar
melchi
orbal
thasar
Dieses erstaunliche Gedicht hat Arne
Rautenberg Rossipotti
netterweise ausgeliehen. Vielen Dank! © arne rautenberg
* * *
Rudis Wunschzettel
von Wartan Bekeredjian
Jakob blieb vor dem Schaufenster stehen. Mit großen
Augen bestaunte er die vielen Spielsachen, die in der Auslage waren.
Welche wohl für ihn unter dem Weihnachtsbaum lagen?
"Nun komm!", rief seine Mutter. "Wenn wir nicht pünktlich
bei Oma sind, dann verpassen wir noch den Weihnachtsmann."
Jakob riss sich nur schwer von dem Schaufenster los und schlurfte
hinter seiner Mutter her. In seinen Augenwinkeln sah er ein Stück
Papier, das durch den Wind angetrieben, mit ihm Schritt hielt. Er
bückte sich danach und hob es auf. Es war zusammengeknüllt.
Das Papier knisterte, als er es in seiner Handfläche glatt
strich. Mit einem dünnen Stift war eine Liste aufgeschrieben;
eine sehr kurze Liste, wie Jakob fand.
"Lieber Weihnachtsmann,
ich habe versucht dieses Jahr ganz artig zu sein. Falls ich ein
(oder auch zwei) Geschenke verdient habe, dann wünsche ich
mir
1. einen neuen Ball
2. neue Buntstifte (Papier habe ich noch welches)
Wo das Kinderheim St. Stephanus ist, weißt du ja.
Vielen Dank
Rudi"
Das war aber bescheiden, dachte Jakob. Ein Ball und ein paar Buntstifte?
Seine Wunschliste war bedeutend länger. Alleine drei Computerspiele
hatte er sich gewünscht. Zwei neue Comics und ein paar Turnschuhe.
Etwas Geld für das Konto wäre auch nicht schlecht. Aber
dafür würde die Oma schon sorgen.
"Jetzt komm endlich", schimpfte die Mutter. Jakob steckte
den Zettel in seine Hosentasche, bevor sie seine Hand ergriff und
ihn hinter sich her schleifte.
Eigentlich freute sich Jakob auf Weihnachten. Aber warum musste
er jedes Jahr diesen kratzigen Pullover anziehen und sich die ganze
Familie bei der Oma treffen? Gerade auf seine Cousine Tanja hätte
er an diesem Abend gerne verzichtet, mit ihr vertrug er sich nämlich
gar nicht. Die war immer so zickig, dass er sich zusammenreißen
musste. Streit unter dem Weihnachtsbaum hatte es einmal gegeben.
Danach hatten sie nicht alle Geschenke auspacken dürfen. Lieber
würde er den ganzen Abend grinsen.
Omas Klingel klirrte immer herrlich schrill. Das mochte Jakob und
er klingelte öfter, als seiner Mutter lieb war. "Musst
du immer mit der Klingel spielen, da dröhnen einem ja die Ohren!"
"Na mein Junge, schon aufgeregt?", begrüßte
sein Vater ihn, als er die Tür öffnete. Jakobs Vater war
schon bei Oma, er hatte den Truthahn besorgt und half der Oma beim
Tischdecken.
"Ja, bin mal gespannt, was es so gibt."
"Du wirst überrascht sein." Sein Vater lächelte
verschmitzt. Das war immer ein gutes Zeichen. Jakobs Herz machte
einen Freudensprung.
Im Flur hängte Jakob seine Jacke an der Garderobe auf. Seine
Fäuste steckte er in die Hosentaschen, dann schlenderte er
an seinen Eltern vorbei ins Wohnzimmer. Da stand der schön
geschmückte Weihnachtsbaum. Das weiße Licht glitzerte
in den goldenen und silbernen Kugeln. Und unter dem Weihnachtsbaum
lagen auf mehrere Stapel geschichtet Weihnachtsgeschenke. 'Welche
wohl für mich sind?'
Da fühlte er Papier in seiner Hosentasche. Rudis Wunschzettel!
Den hatte er völlig vergessen. Er kramte es hervor und las
es erneut durch. Ein Ball und ein paar Buntstifte. Das war ja wirklich
nichts. Ob Rudi jemanden hatte, der ihm diese Wünsche erfüllte?
Wie alt Rudi wohl war? Was, wenn der noch so klein war, dass er
an den Weihnachtsmann glaubte? Wie schwer würde Rudi enttäuscht
sein, wenn er nichts bekäme? Sein Wunschzettel lag ja schließlich
irgendwo auf der Straße. Wer wusste überhaupt noch davon?
Jakob ging in die Küche und umarmte seine Oma. Auch Tanja war
schon da, mit Tante Elli und Onkel Richard. Sie saßen alle
am Küchentisch. Jeder hatte eine Tasse in der Hand.
"Möchtest du auch was trinken?", fragte Tante Elli.
"Eine Cola." Jakob wusste, dass das seiner Mutter nicht
gefiel. Ihre Augen blitzten kurz auf. Aber zu Weihnachten war das
schon okay.
"Papa, weißt du, wo das Kinderheim St. Stephanus ist?",
fragte Jakob, als er sein Glas in der Hand hielt und neben Tanja
stand.
"Was willst du denn im Kinderheim?", giftete ihn Tanja
an.
"Ach, was geht dich das an? Dich habe ich nicht gefragt!"
Jakobs Vater grübelte einen Moment. "Ich glaube, das ist
ganz in der Nähe vom Krankenhaus. Wie kommst du darauf?"
"Nur so!", antwortete Jakob. Damit war das Thema erledigt.
Jakob schälte sorgfältig mit den Fingern die Haut vom
Truthahn ab. Die war knusprig braun und das beste Stück wollte
er sich für den Schluss aufheben. Ob Rudi heute auch ein Stück
Truthahn essen würde? Seitdem Jakob das zweite Mal auf den
Zettel geschaut hatte, musste er immer wieder an Rudi denken. Wäre
es nicht möglich, ihm ein Stück Truthahn vorbeizubringen.
Wer weiß, wie sehr er sich darüber freuen würde?
Andererseits, auch im Kinderheim würden sie sicher Weihnachten
feiern. Wenn kein Truthahn, dann vielleicht eine Gans?
Aber was war mit dem Ball und den Buntstiften? Rudis Wunschzettel
war ja verloren gegangen, und Weihnachten ohne Geschenke, das war
blöd. Er wollte nachher auch noch seine Geschenke auspacken.
"Oma, hast du hier noch eine Packung Buntstifte?", fragte
Jakob, als sie gerade ein Stück Truthahn in den Mund geschoben
hatte. Verwundert guckte die Oma über den Tisch.
"Was willst du denn jetzt mit Buntstiften?", fragte Jakobs
Mutter.
"Einen Ball müsstest du noch im Keller haben. Den habe
ich kaum benutzt. Der dürfte noch gut sein." Jakob hatte
einen Plan gefasst.
"Buntstifte und ein Ball?" Auch der Vater konnte seine
Verwunderung nicht zurückhalten. Jakob griff in seine Hosentasche
und holte den Zettel hervor. Reihum wanderte dieser von Person zu
Person. Am Ende schmunzelte seine Mutter. "Das ist mein Junge!",
sagte sie voller Stolz. "Dann fahren wir doch gleich alle gemeinsam
ins Kinderheim, vielleicht können wir auch ein Stück vom
Truthahn einpacken!", sagte sie zufrieden.
Jakobs Augen leuchteten. Das wäre mal ein ganz anderes Weihnachten.
So wie sie noch nie Weihnachten gefeiert hatten. Er sprang auf und
rannte in den Keller. Den Ball hatte er im Nu gefunden. Der war
wirklich noch gut und hatte kaum Gebrauchsspuren. Die Oma hatte
noch eine Packung unbenutzter Buntstifte und einen Malblock. Da
würde sich Rudi sicher freuen. Aber dann hielt Jakob inne.
Rudi würde doch sicher nicht alleine sein. Was konnte man noch
den anderen Kindern mitbringen?
Kaum war er im Wohnzimmer, meldete Jakob seine Sorgen an. "Ach
was", sagte die Oma, "die Buntstifte können sich
doch alle Kinder teilen und auch mit dem Ball können alle gemeinsam
spielen. Außerdem habe ich noch eine Menge Süßigkeiten.
Die nehmen wir alle mit. Die Kinder werden sich freuen."
Gemeinsam räumten sie den Tisch ab, packten eine kleine Kiste
mit Süßigkeiten, legten den Ball, die Buntstifte und
den Malblock rein.
Beim Einsteigen ins Auto flüsterte Tanja Jakob zu: "Alle
Achtung, das hätte ich von dir nicht gedacht. Ich fand dich
immer blöd."
"Siehst du." Mehr sagte Jakob nicht.
Das Kinderheim hatten sie schnell gefunden. Schon von weitem sah
Jakob, dass dort noch Licht brannte. Er freute sich darauf, Rudi
zu treffen. Und auch die anderen Kinder. Sein Herz hämmerte
wie wild gegen seinen Brustkorb. Sein Nacken war nass vor Schweiß.
Ihm war plötzlich viel zu warm. Was, wenn die Heimleiter sie
einfach zurückschicken würden. Gar nicht gemeinsam mit
ihnen Weihnachten feiern wollten?
Seine Mutter läutete an der Tür. Die Klingel war angenehm,
drei unterschiedlich hohe Töne erklangen nacheinander. Jakob
schielte hinüber zu Tanja. Sie stupste ihn an die Schulter.
Irgendwie war sie heute netter als sonst, dachte Jakob. Vielleicht
war sie auch nicht so blöd.
Hinter der Tür hörten sie Schritte, ein Schlüssel
drehte sich im Schloss und ein älterer Herr machte auf. Seine
Stirn legte sich fragend in Falten, als er die kleine Truppe sah.
"Kann ich Ihnen irgendwie helfen?", fragte er. Seine Stimme
war leise und zitterte leicht. Jakobs Vater atmete einmal tief durch
und erzählte von dem Wunschzettel. "Wohnt hier ein Rudi?",
fragte er dann schließlich.
Der Mann lächelte verschmitzt. "Der liebe Rudi. Natürlich
wohnt der hier. Kommt alle rein."
Als Jakob mit seiner Familie wieder zu Hause war, war Heiligabend
längst vorbei. Ihre eigenen Geschenke wollten sie erst zum
Frühstück auspacken. Zu sehr hingen sie mit ihren Gedanken
dem gerade erlebten hinterher. Rudis glänzende Augen, als er
den Block und die Buntstifte sah. Die anderen Kinder hatten gleich
mit dem Ball gespielt und eine Lampe umgeworfen. Die Süßigkeiten
waren nach kurzer Zeit komplett aufgegessen. Auch Jakob hatte etwas
abbekommen. Er war sich sicher, dass das sein schönster Heiligabend
gewesen war.
Diese weihnachtliche Geschichte hat Wartan Bekeredjian
mit Rossipotti
geteilt. Vielen Dank für das schöne Geschenk!
© Wartan Bekeredjian.
* * *
Der Schnupfen
von Christian Morgenstern
Ein Schnupfen hockt auf der Terasse,
auf dass er sich ein Opfer fasse
- und stürzt alsbald mit großem Grimm
auf einen Menschen namens Schrimm.
Paul Schrimm erwidert prompt: Pitschü!
und hat ihn drauf bis Montag früh.
* * *
Das dicke Kleid
von Jürg Schubiger
Da es in Lappland sehr kalt ist, trägt man dort
dicke Kleider. Ein Lappländer ließ sich einmal das dickste
Kleid der Welt herstellen. Dieses Kleid sah aus wie ein Mantel,
es war aber fast so weit wie ein Haus, und die Taschen waren so
groß wie Zimmer. Man konnte Esswaren darin verstauen, die
für viele Wochen ausreichten. Vor dem Bauch war ein Ofen angebracht,
den man von innen her heizte.
Einmal sah der Mann, der den Mantel trug, eine schöne junge
Lappländerin. Er liebt die Frau auf der Stelle und nahm sie
in seinen Mantel hinein. Die Lappländerin, die ihn ebenfalls
liebte, schenkte dem Mann zwei Mädchen. Nun lebte eine ganze
Familie im Kleid des Lappländers. Sogar Hunde und Katzen fanden
sich im Saum des Kleides ein und liefen darin herum. Das war ein
Haushalt, der auch im härtesten Winter warm genug hatte.
Die Geschichte hat der Beltz &
Gelberg Rossipotti
freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Das freut uns sehr! Vielen Dank! Die Geschichte findet ihr in dem
tollen Band:
Jürg Schubiger: Als die Welt noch jung war. Mit Bildern
von Rotraut Susanne Berner. Beltz & Gelberg. Weinheim/Basel
1995. © Beltz & Gelberg, Weinheim/Basel.
* * *
zehn walrosse
von arne rautenberg
zehn walrosse sahen auf eisige weiten
und ließen sich vom reimen leiten
das erste wollte im smoking schreiten
das zweite auf einem pottwal reiten
das dritte wollte am fallschirm gleiten
das vierte mit neptuns dreizack streiten
das fünfte wollt´ in der sauna arbeiten
das sechste ein lila röcklein ausbreiten
das siebte wollt´ tanzen in rosigen zeiten
das achte nurmehr nixen begleiten
das neunte ein pinguin-picknick bereiten
dem zehnten fehlten gemeinsamkeiten
Danke auch für dieses winterliche
Gedicht! © arne rautenberg
Mehr betörende Gedichte von arne rautenberg
findet ihr übrigens in der Lyrik-Ausgabe
von Rossipotti.
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