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Etwas anderes

Fabelwesen

Hallo!

es gab Zeiten, als Fabelwesen noch ernst genommen und nicht nur als Ausgeburten unsererer Phantasie betrachtet wurden. In diesen fernen Zeiten wurden die seltenen Wesen heimlich beobachtet, studiert, gezeichnet und in wissenschaftlichen Büchern festgehalten. Manchmal gerieten sie auch zufällig ins Netz von Fischern oder Jägern und wurden auf diese Weise bekannt.

In Erinnerung an diese phantastische Zeit möchte ich euch hier ein paar mehr oder weniger bekannte Exemplare vorstellen. Ich habe sie bei meiner Recherche in verschiedenen Bibliotheken Europas entdeckt:

Der Drache

Der Drache ist eines der bekanntesten Fabelwesen. Er wurde lange Zeit auch als Lindwurm bezeichnet und ist ein schlangenartiges Mischwesen aus Reptil, Vogel und Raubtier. Oft kann er Feuer speien.
Der Drache lebte viele Jahrhunderte lang. Noch im Mittelalter entführte er regelmäßig Jungfrauen, die dann von tapferen Rittern gerettet werden mussten.
In der Neuzeit starb er aus, weil man nicht mehr an ihn glaubte.
Während der Drache in Europa ein Sinnbild für Chaos, Zerstörung und Gefahr ist, wird er im ostasiatischen Raum als Glücksbringer angesehen.
Heute lebt der Drache zwar nicht mehr in Wirklichkeit, dafür wird er in Fantasy viel besungen, bespielt und beschrieben.

Illustration: Athanasius Kirchers

Die Hydra

Die Hydra ist eine mehrköpfige Wasserschlange.
Im Kampf ist die Hydra sehr schwer zu besiegen, denn sobald ihr ein Kopf abgeschlagen wird, wachsen ihr zwei neue nach. Der Kopf in der Mitte ist unsterblich, so lange er nicht entfernt wird.
Trotz dieser enormen Regenerationsmöglichkeit der Hydra gelang es der griechischen Sage nach dem Helden Herakles, eine neunköpfige Wasserschlangen zu besiegen. Er versiegelte jeden Hals eines gerade abgeschlagenen Kopfes mit Feuer. Dadurch konnte kein neuer Kopf nachwachsen.

Illustration: Conrad Gessner

Der Basilisk

Der Basilisk ist der König der Schlangen. Er wurde im Laufe der Zeit mit und ohne Flügel, mit und ohne Hühnerkopf gezeichnet.
Er ist ein sehr gefährliches Tier, denn allein schon sein Blick tötet, und sein Atem ist giftig.
Zum Glück wurde er schon lange nicht mehr lebend gesehen und taucht nur noch in Büchern, Filmen oder Spielen auf.

Illustration: Ulysse Aldrovandi

Der Meermönch

Über den seltsamen Fisch Meermönch ist wenig bekannt. Allerdings wurde er auch noch in der Neuzeit in verschiedenen Meeren der Welt gesichtet.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Meermönch nicht nur ein öfters weiter erzähltes Hirngespinst ist, sondern wirklich existiert hat: Denn der Meermönch wurde im 16. Jahrhundert in das wissenschafltiche Lexikon des berühmten Zoologen Conrad Gessner aufgenommen.
Gessner hat den hier abgebildeten Meermönch nach einer ihm zugetragenen Erzählung von italienischen Fischern gezeichnet. Sie berichteten, dass dieses Exemplar nur drei Tage gelebt hat, in der ganzen Zeit nichts gesprochen und nur traurige Seufzer von sich gegeben habe.


Illustration: Conrad Gessner

Der Meerlöwe

Dieses scheußliche Tier ist ein Fisch. Er wurde im Mittelmeer vor der italienischen Küste gefunden.
Da er im Mittelalter vor dem Tod eines Papstes auftauchte, bescheinigte man dem Meerlöwe seherische Kräfte.

Illustration: Conrad Gessner

Der Mantikor

Der Mantikor ist ein sprechendes Wesen mit der Intelligenz eines Menschen. Trotzdem ist er auch für Menschen ziemlich gefährlich, da sie zur Leibspeise des Mantikors gehören.
Der Mantikor hat giftige Stacheln, die er auf seine Feinde abfeuern kann. Außerdem liegen in seinem Maul drei Reihen scharfer Zähne hintereinander.
Im Unterschied zu Tieren fängt der Mantikor Menschen nicht mit Schnelligkeit oder Geschick, sondern indem er sie in verwirrende Gespräche verwickelt.

Illustration: Joannes Johnstonus

Der Kranichschnäbler

Diese Menschenrasse mit Gesicht und Hals eines Kranichs sind nach der Ansicht des italienischen Naturforschers Ulysse Aldrovandi halbwilde Menschen.
Aldrovandi gibt selbst zu, dass ihre Existenz nicht zweifelsfrei gesichert ist. Allerdings gibt der Wissenschaftler zu Bedenken, dass solche Wesen durchaus im tiefen Ostasien leben könnten.
Mehr ist über dieses erstaunliche Mischwesen leider nicht bekannt.


Illustration: Ulysse Aldrovandi

Zentauer

Der Zentauer oder auch Kentauer ist in der griechischen Mythologie ein Mischwesen aus Pferd und Mensch.
Die Zentauern gelten als wilde, kämpferische, aber auch heimtückische Wesen. Sie folgen mehr ihrem Lustempfinden als ihrem Verstand.
Der Zentauer Cheiron, der viele Helden erzog, gilt allerdings als weise und diszipliniert.

Die Zenatauern waren ein beliebtes Motiv in der Kunst der Antike, der Renaissance, des Barock und vereinzelt auch in der Neuzeit.


Illustration: Ulysse Aldrovandi

Einhorn

Das Einhorn ist ein einhörniges Pferdetier. Es ist mit Flügelpferden wie Pegasus verwandt und gilt als eines der edelsten, guten Fabeltiere.
Das Einhorn ist weise, schnell und kräftig, bei allem seinem Tun aber unberechenbar und geheimnisvoll.
Viele sprechen ihm magische Kräfte zu. Zum Beispiel soll es Tote wieder zum Leben erwecken oder vertrocknete Landschaften zum Blühen bringen können.
Obwohl es mit dem Pferd verwandt ist, lässt es sich nicht zähmen.
Da es in letzter Zeit wieder öfters gesichtet wurde, kann man davon ausgehen, dass es noch nicht ausgestorben ist.

Illustration: Conrad Gessner

Der Ohrenmensch

Ohrenmenschen wurden durch die Jahrhunderte durch immer wieder in verschiedenen Ländern gesehen.
Es wurde viel spekuliert, warum sie so große Ohren haben und wozu sie sie gebrauchen. Da nie jemand ihre Sprache verstand, konnte man sie selbst nicht darüber befragen.
Einige glauben, dass die Ohren als Bett und Decke gebraucht werden, andere gehen noch weiter und meinen, dass die Ohren ähnlich wie das Schneckenhaus der Schnecke, den Menschen als Wohnung oder Schutzraum dienen.
Die Ohrenmenschen sind nicht besonder beweglich, weshalb sie von Feinden schnell besiegt werden konnten. Mittlerweile gelten sie als ausgestorben.


Illustration: Jean-Babtiste Coriolan

 

Die Harpyie

Die Harpyie ist die Wassernixe der Lüfte. In den frühen, mythologischen Geschichten wird sie als Mischwesen zwischen Menschenfrau und Vogel beschrieben. Dabei sitzt auf einem adlerartigen Vogelkörper ein schöner Frauenkopf mit gelocktem Haar. Harpyien fliegen schnell wie der Wind und können Stürme hervorrufen. Sie gelten als unverwundbar.
Harpyien wurden allerdings von dem griechischen, mächtigen Gott Zeus gezwungen, Leute zu töten und die Seelen von Toten in die Unterwelt zu tragen. Seit dieser Zeit werden sie als bösartige, launische Geschöpfe dargestellt, die Angst und Schrecken verbreiten.


Illustration: Matthius Merian

Ich hoffe, euch hat diese kleine Sammlung der seltsamen Fabelwesen gefallen.
Vielleicht habt ihr ja Lust, selbst ein Fabelwesen zu zeichnen und euch dazu eine Geschichte auszudenken?
Wenn ihr Glück habt, wird die Zeichnung dann in mehr als hundert Jahren in ein Lexikon der ausgestorbenen Tiere eingehen!

Es grüßt euch

Juan

 © Rossipotti No. 23, Dez. 2010