Salon
Albert
Traut keinem Erwachsenen, wenn er euch von Klassikern vorschwärmt.
Denn Erwachsene geben im allgemeinen nicht zu, wenn sie sich an altbackenen,
tausend Seiten starken oder artifiziellen Büchern die Zähne
ausbeißen.
Sie verstecken die Zähne unter ihren Kissen, lächeln ein schiefes
Lächeln und meinen, kein Buch hätte sie so beeinflusst wie Dantes
"Divina commedia", Shakespeares "König Lear"
oder Goethes "Faust". Glaubt ihnen nicht, wenn sie behaupten,
sie hätten Joyces "Ullyses" oder Thomas Manns vier Bände
"Josef und seine Brüder" von vorne bis hinten gelesen.
Die meisten von ihnen wollen sich nur mit großen Namen und schwierigen
Werken schmücken.
Kommt deshalb lieber in meinen literarischen
Salon:
und seht zu, wie klassische Literatur entsteht.
Mitgebracht habe ich euch Samuel Beckett, einen Autor der feinsten
Klassiker-Sorte. Als Qualle kann ich euch freimütig berichten, dass
ich seine Bücher nicht auf einen Satz verschlungen habe. Zuweilen
habe ich mich wirklich gequält. Aber: Die Szenen sind so eindringlich,
so frei von jedem unnötigen Schnörkel, so pur, dass man einfach
immer wieder den Blick darauf werfen muss. Und wer es einmal getan hat,
der kann nicht mehr zurück.
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