[Diese Seite drucken]
Salon Albert
Hallo Kinder,
heute probieren wir einmal etwas ganz anderes aus. Heute machen
wir Kopftheater.
Keine Sorge, dazu müsst ihr keinen Handstand machen oder mit
den Ohren wackeln.
Ihr müsst nur die Augen schließen und erzählen,
was ihr seht.
Und? Was seht ihr?
Wahrscheinlich nichts. Oder nein, halt!
Natürlich seht ihr nicht nichts, sondern ein bisschen
Licht, das durch eure Lider scheint, und euch statt Schwärze
einen grauen Farbeindruck vermittelt. Vielleicht seht ihr auch noch
ein paar farbige Punkte oder einen schattenhaften Umriss. Aber auf
jeden Fall seht ihr im Moment keine Personen oder Gegenstände.
Also tabula rasa, ihr seht nur eine leere, graue Fläche.
Seid ihr soweit?
Gut. Dann können wir jetzt mit unserem Kopftheater beginnen.
Es treten auf:
erfundene Erinnerung, Augenblick, Ritual, Hoffnung, nahe Zukunft,
Isolation, Ende.
Es treten nicht auf:
Anfang, Höhepunkt, ferne Zukunft.
Seid ihr bereit?
Gut.
Ich höre schon den Gong läuten. Die Zuschauer nehmen die
Plätze ein. Der Vorhang geht auf und euer Stück beginnt!
Ich sehe nur eine graue Fläche!
Wo sind eure Schauspieler?
Wo sind eure Requisiten?
Wo bleibt euer Stück?
"Mir fällt nichts ein!" sagt
ein Junge.
"Ein Stück ohne Anfang gibt es
nicht", sagt Palmina.
"Ein Stück ohne ferne Zukunft macht
keinen Spaß!", sagt ein Mädchen.
"Erzählt das Stück vom Ende
her", schlägt Albert vor. "Entdeckt die Möglichkeiten,
die ein Ende bieten kann."
"Ich will nicht an Isolation und Einsamkeit
denken!" sagt der Junge. "Ich will lieber von Freunden
erzählen, die etwas gemeinsam erleben."
"Vergesst die Hoffnung nicht!"
erinnert Albert.
"Wir wollen Höhepunkte und Farben!"
ruft Palmina. "Grau gefällt uns nicht!"
"Grau ist eine Farbe", sagt
Albert. "Im Gegensatz zu weiß und schwarz hat sie sogar
verschiedene Abstufungen! Auf Grau leuchten alle anderen Farben
bunt!"
"Wie erfindet man Erinnerungen?"
fragt das Mädchen.
"Indem man sie erzählt", erklärt
Albert. "Bei erfundenen Erinnerungen ist es nicht wichtig,
ob die Ereignisse tatsächlich statt gefunden haben oder nicht.
Sie sind wirklich, weil man sie erzählt."
Palmina schließ die Augen wieder. Sie
stellt sich einen farbigen Punkt auf einer grauen Fläche vor.
"Ich sehe einen grünen Ball auf einem grauen Feld!"
sagt Palmina nach einer Weile.
Sie konzentriert sich ganz darauf, was sie in ihrer Vorstellung
sieht:
"Das Feld ist leicht abschüssig.
Der Ball rollt auf mich zu!"
"Ein roter Ball kommt von der Seite",
spinnt der Junge die Geschichte weiter. "Der grüne Ball
prallt auf den roten Ball. Nach einer Weile bleiben beide vorne
am Bühnenrand liegen."
"Der rote Ball sagt: 'Gelbe Bälle
gefallen mir besser!'" sagt das Mädchen. "'Wir sollten
uns wieder voneinander trennen.'"
"'Ich war einmal in einen roten Ball
verliebt', sagt der grüne Ball, 'der stank furchtbar aus dem
Maul!'"
"'Es ist besser, wenn wir uns trennen',
wiederholt der rote Ball. 'Morgen kommt mich ein gelber Ball besuchen."
"'Dann warten wir gemeinsam, bis der
gelbe Ball kommt', sagt der grüne Ball".
"'Erinnerst du dich noch an den blauen
Ball, der letztes Mal anstatt des gelben Balls kam?'"
"Der grüne Ball kichert: 'Der volle
Reinfall!'"
"Da hagelten plötzlich Steine vom
Himmel und ließen beide Bälle platzen!" sagt der
Junge. "Als der gelbe Ball am nächsten Tag kam, war er
so traurig über den Tod des roten Freundes, dass er sich selber
auch gleich platzen ließ!"
"Du hast die Regeln nicht eingehalten!"
ruft Palmina. "Du hast einen Höhepunkt eingebaut!"
"Jetzt hast du unser Stück kaputt
gemacht!" sagt das Mädchen.
"Das war ein blödes Stück!"
sagt der Junge. "Wer hat schon Lust, sich das Gerede von zwei
Gummibällen anzuhören?"
"Das war ein gutes Stück!"
verteidigt Palmina die gemeinsame Vorstellung. "Und es hätte
mich brennend interessiert, was der gelbe Ball zu den anderen beiden
gesagt hätte!"
"Oder ob er überhaupt gekommen
wäre", wirft das Mädchen ein. "Das letzte Mal
ist an seiner Stelle ja auch nur ein blauer Ball gekommen."
"Der wäre ganz sicher gekommen",
sagt der Junge. "Wenn man die Geschichte vom Ende her denken
soll, muss die Warterei schließlich auch bald ein Ende haben!"
"Falsch!" sagt Palmina. "Man
kann ein Ende nämlich auch so lange dehnen, bis man es kaum
noch aushalten kann! In dem Fall kommt der blaue Ball vielleicht
nie und das Stück endet nur, weil der Vorhang fällt."
"Und welchen Sinn soll das machen?"
fragt der Junge.
"Die Möglichkeiten des Endes zu
entdecken!" sagt das Mädchen.
"Absurd!" sagt der Junge. "Das
macht für mich absolut keinen Sinn!"
"Vielleicht sollten wir jetzt einen
professionellen Autor auf die Bühne treten lassen?" mischt
sich Albert ein. "Am besten einen, der sich mit der Potenzialität
des Endes auskennt wie kein anderer?"
"Nur, wenn das Stück spannend ist!"
ruft der Junge. "Auf sprechende Bälle habe ich keine Lust!"
"Kein Problem!" sagt Albert, "dieser
Autor hält mehr von Mülltonnen als von Bällen. Und
nervenaufreibend sind seine Stücke allemal!
Der Autor heißt Samuel Beckett
und kam vor fast genau hundert Jahren in einem Vorort von Dublin
(Irland) zur Welt. Eigentlich kann man sich kaum vorstellen, dass
Beckett jemals ein Baby war. Das liegt sicher weniger an den vielen
tiefen Falten in seinem Gesicht, die man auf den meisten Fotos sehen
kann, sondern viel mehr an seinem intellektuellen, durchdringenden,
oft auch traurigen Blick. - Beckett und ein Baby, das geht einfach
so wenig zusammen wie Nord- und Südpol.
Reden wir deshalb von etwas anderem. Zum Beispiel davon, dass Beckett
neben Theaterstücken auch viele Prosatexte, Essays, Gedichte,
Film- Video- und Hörspiele geschrieben hat. Oder dass er 1969
den Literaturnobelpreis bekommen hat und einer der wenigen wahren
Klassiker des letzten Jahrhunderts ist. Oder dass Becketts Wahlheimat
Frankreich war und er deshalb auf französisch und englisch
geschrieben hat.
Am bekanntesten ist übrigens sein Stück "En attendant
Godot", ("Warten auf Godot"), in dem zwei Landstreicher
vergeblich auf Godot warten. Am Ende nehmen sie sich vor, sich an
einem Baum aufzuhängen. Doch auch dazu kommt es nicht, weil
sie sich nicht dazu aufraffen können, einen Strick zu holen.
Doch jetzt will ich euch nicht mit potentiellen Selbstmördern
quälen, sondern mit dem Stück "Endspiel"
aufheitern!
"Fußball?" horcht der Junge
auf.
"Psst!" macht Albert. "Schließt
wieder die Augen und stellt euch folgende Szene vor:
Innenraum ohne Möbel.
Trübes Licht. An der rechten und linken Wand im Hintergrund
je ein hoch angebrachtes Fensterchen mit geschlossenen Vorhängen.
Vorne rechts Tür. In der Nähe der Tür hängt
ein umgedrehtes Gemälde an der Wand. Vorne links stehen zwei
mit einem alten Laken verhüllte Mülleimer nebeneinander.
In der Mitte sitzt Hamm in einem mit Röllchen versehenen Sessel.
Das Ganze ist mit einem alten Laken verhüllt. Clov steht regungslos
in der Nähe der Tür und betrachtet den Sessel.
Er geht mit steifen, wankenden Schritten unters linke Fenster. Er
betrachtet das linke Fenster mit dem Kopf im Nacken. Er wendet sich
dem rechten Fenster zu und betrachtet es. Er geht und stellt sich
unters rechte Fenster. Er betrachtet das rechte Fenster mit dem
Kopf im Nacken. Er wendet sich dem linken Fenster zu und betrachtet
es. Er geht hinaus und kommt alsbald mit einer kleinen Bockleiter
wieder, stellt sie unters linke Fenster, steigt hinauf, schiebt
den Vorhang zur Seite und schaut aus dem Fenster. Kurzes Lachen.
Er steigt von der Leiter, stellt sie unters rechte Fenster, steigt
hinauf und schaut aus dem Fenster. Kurzes Lachen. Er steigt von
der Leiter, stellt sie unters rechte Fenter, steigt hinauf und schaut
aus dem Fenster. Kurzes Lachen. Er steigt von der Leiter, geht auf
die Mülleimer zu, nimmt das Laken, das sie verhüllt, herunter,
hebt einen Deckel an, bückt sich und schaut in den Mülleimer.
Kurzes Lachen. Er klappt den Deckel wieder zu. Das gleiche Spiel
mit dem anderen Mülleimer. Er geht, das Laken hinter sich herschlepppend,
auf Hamm zu, nimmt das Laken, das Hamm verhüllt, herunter.
Hamm im Morgenrock, mit einer Filzkappe auf dem Kopf, einem übers
Gesicht gebreiteten großen, schmutzigen Taschentuch, einer
um den Hals hängenden Signalpfeife, einem auf den Knien liegenden
Plaid und dicken Socken an den Füßen, scheint zu schlafen.
Clov hebt das Taschentuch an und betrachtet das Gesicht. Kurzes
Lachen. Er geht, das Laken hinter sich herschleppend, zur Tür,
hält an und wendet sich dem Saal zu.
"Habt ihr's?" fragt Albert.
Alle nicken.
"Gut", sagt Albert. "Dann
beginnt jetzt das Stück:
CLOV: mit starrem Blick und tonloser Stimme
... Ende, es ist zu Ende, es geht zu Ende, geht vielleicht zu Ende.
Pause. Ein Körnchen kommt zum anderen, eins nach dem
anderen, und eines Tages, plötzlich, ist es ein Haufen, ein
kleiner Haufen, der unmögliche Haufen. Pause. Man kann
mich nicht mehr strafen. Pause. Ich gehe in meine Küche,
drei Meter mal drei Meter mal drei Meter, warten, bis er mir pfeift.
Pause. Es sind hübsche Dimensionen, ich werde mich an
den Tisch lehnen, ich werde die Wand betrachten und warten, bis
er mir pfeift.
Er verharrt einen Augenblick regungslos. Dann geht er hinaus,
kommt alsbald wieder, holt die Leiter und trägt sie hinaus.
Pause. Hamm bewegt sich. Er gähnt unterm Taschentuch. Er nimmt
das Taschentuch von seinem Gesicht. Blindenbrille.
HAMM: ... Ah, er gähnt ... Ich
bin dran. Pause. Jetzt spiele ich! Er hält das Taschentuch
mit ausgestreckten Armen ausgebreitet vor sich. Altes Linnen!
Er nimmt die Brille ab, wischt sich die Augen, das Gesicht, putzt
die Brille, setzt sie wieder auf, faltet sorgsam das Taschentuch
und steckt es bedächtig in die obere Tasche seines Morgenrocks.
Er hustet sich frei und legt die Fingerspitzen aneinander. Kann
es überhaupt ... er gähnt ... ein Elend geben,
das ... erhabener ist als meines? Wahrscheinlich. Früher. Aber
heute? Pause. Mein Vater? Pause. Meine Mutter? Pause.
Mein ... Hund? Pause. Oh, ich kann mir wohl denken, dass
sie soviel leiden, wie solche Wesen leiden könen. Soll das
aber heißen, dass unsere Leiden gleichwertig sind? Wahrscheinlich.
Pause. Nein, alles ist ... er gähnt ... absolut, stolz:
je größer man ist, um so voller ist man. Pause.
Trübsinnig: Und um so leerer. Er schnauft. Clov!
Pause. Nein, ich bin allein. Pause. Welche Träume!
... Diese Wälder! Pause. Schluss damit, es wird Zeit,
dass es endet, auch in dem Unterschlupf. Pause. Und doch
zögere ich, ich zögere noch zu ... enden. Ja, das ist
es, es wird Zeit, dass es endet, und doch zögere ich noch zu
... er gähnt ... enden. Er gähnt. Oh je,
oh je, was hab ich bloß, ich sollte mich lieber schlafen legen.
Er pfeift einmal kurz. Clov kommt sofort herein. Er bleibt
nebem dem Sessel stehen. Du verpestest die Luft! Pause.
Mach mich fertig, ich will mich schlafen legen.
"Das Stück heitert mich überhaupt nicht auf!"
sagt das Mädchen. "Es deprimiert mich!"
"Die einzige Hoffnung, die die beiden haben, ist das Ende",
stimmt Palmina zu.
"Nein", sagt der Junge. "Es ist umgekehrt: Die einzige
Hoffnung ist die, das Ende hinauszuzögern."
"Stimmt!", überlegt Palmina. "Nur das Ende
gibt ihrem Leben Sinn. Der Anfang und das Leben an sich scheint
sinnlos zu sein. Allein das Ende hat Bedeutung!"
Albert beteiligt sich nicht an dem Gespräch. Statt dessen
blättert er in Becketts Stück.
"Komisch", sagt er nach einer Weile. "Ich hatte
das Stück witziger in Erinnerung."
Das Mädchen und Palmina tauschen verwunderte Blicke aus.
"Da!" ruft Albert. "Hier habe ich es! Erinnert ihr
euch noch an die Mülltonnen?"
"Ja", sagen die Kinder.
"Was denkt ihr, ist in den Mülltonnen drin?"
"Müll?" fragt der Junge.
"Gute Idee!" sagt Albert. "Aber Beckett interessierte
sich nicht für das Offensichtliche, sondern für das Nicht-Offensichtliche!
In den Mülleimern sind die Eltern von Clov und Hamm!"
Das Mädchen kichert.
Palmina rümpft die Nase.
Der Junge schaut auf seine Uhr und sagt: "Oh! Schon so spät!
Ich muss nach Hause gehen."
"Warte!" sagt Albert. "Ich wollte euch noch eine
Stelle vorlesen."
"Mit den Mülleimern?" fragt das Mädchen und
kichert wieder.
Albert nickt.
"Die Eltern heißen Nell und Nagg. Clov hat beiden das
Laken vom Kopf genommen, sie versuchen sich zu küssen und unterhalten
sich über Naggs ausgefallenen Zahn."
"Klasse!" sagt das Mädchen.
Der Junge sieht auf seine Uhr.
Und Albert beginnt zu lesen:
NAGG: Erinnerst du dich ...
NELL: Nein.
NAGG: An den Tandemunfall, bei dem wir unsere
Haxen verloren.
Sie lachen.
NELL: Es war in den Ardennen.
Sie lachen leiser.
NAGG: Am Ausgang von Sedan. Sie lachen
noch leiser. Pause. Ist dir kalt?
NELL: Ja, sehr kalt. Und dir?
NAGG: Mich friert. Pause. Willst du
wieder rein?
NELL: Ja!
NAGG: Dann geh rein. Nell rührt sich
nicht. Warum gehst du nicht rein?
NELL: Ich weiß nicht.
Pause
NAGG: Hat man dein Sägemehl erneuert?
NELL: Es ist kein Sägemehl. Pause.
Überdrüssig: Kannst du dich nicht etwas genauer
ausdrücken, Nagg?
NAGG: Dann eben deinen Sand. Ist das so wichtig?
NELL: Das ist wichtig.
Pause
NAGG: Früher war es Sägemehl.
NELL: Früher!
NAGG: Und nun ist es Sand. Pause.
Vom Strand. Pause. Lauter: Nun ist es Sand. Er holt
ihn vom Strand.
NELL: Nun ist es Sand.
NAGG: Hat er deinen erneuert?
NELL: Nein.
NAGG: Meinen auch nicht. Pause. Man
muss maulen. Pause. Den Zwieback zeigend: Willst du
ein Stück?
NELL: Nein. Pause. Wovon?
NAGG: Vom Zwieback. Ich habe die Hälfte
davon verwahrt. Er betrachtet den Zwieback. Stolz:
Drei Viertel. Für dich. Da. Er reicht ihr den Zwieback.
Nein? Pause. Ist dir nicht wohl?
HAMM: überdrüssig Seid doch
still, seid still, lasst mich doch schlafen. Pause. Sprecht
leiser. Pause. Wenn ich schlafen könnte! Ich würde
vielleicht lieben. In die Wälder gehen. Sehen ... den Himmel,
die Erde! Laufen! Fliehen! Pause. Natur! Pause. Es
tropft, es tropft in meinem Kopf. Pause. Es ist ein Herz,
ein Herz in meinem Kopf. Pause.
NAGG: leise. Hast du gehört?
Ein Herz in seinem Kopf!
Er gluckst vorsichtig.
NELL: Man soll nicht über so was lachen,
Nagg. Warum lachst du immer darüber?
NAGG: Nicht so laut!
NELL: ohne leiser zu sprechen Nichts
ist komischer als das Unglück, zugegeben. Aber ...
"Ich muss jetzt dringend nach Hause", sagt der Junge.
"Aber ich bin doch noch gar nicht bei der witzigen Stelle
angelangt!" sagt Albert.
"Gibt's die denn?" fragt der Junge und zieht seine Jacke
an.
"Nur noch ein paar Sätze!" behauptet Albert.
"Glaub ich nicht", sagt der Junge und steht vom Stuhl
auf. "Nagg und Nell und Hamm und Clov reden sicher noch die
nächsten fünf Stunden so weiter. In dem Stück gibt's
doch gar keine Entwicklung! Da fängt ja alles immer wieder
von vorne an!"
"Warte doch noch ein bisschen", sagt Palmina.
"Bin schon weg!" sagt der Junge und rennt aus dem Zimmer.
"Bis zum nächsten Mal!"
"Warte nur noch diese eine Szene ab!" ruft Palmina und
rennt dem Jungen hinterher. "Warte, Jakob! Warte!"
Albert trinkt einen Schluck Wasser und blättert in dem Theaterstück.
"Lies doch bitte weiter", sagt das Mädchen. "Ich
glaube nicht, dass die anderen wieder kommen."
Albert nickt und liest an einer anderen Stelle weiter:
HAMM: [...] Wo war ich stehengeblieben? Pause.
Trübsinnig: Es ist aus. Mit uns ist es aus. Pause.
Bald aus. Pause. Es wird keine Stimme mehr geben. Pause.
Es tropft, es tropft in meinem Kopf, seit der Zeit der Fontanellen.
Unterdrückte Heiterkeit Naggs. Es klatscht immer auf
dieselbe Stelle. Pause. Es ist vielleicht ein Äderchen.
Pause. Ein Schlagäderchen. Pause. Lebhafter:
Also los, es ist an der Zeit, wo war ich stehengeblieben? Pause.
Erzählerton: Der Mann näherte sich langsam auf
dem Bauche kriechend. Er war wunderbar blass und mager und schien
drauf und dran zu sein ... Pause. Normaler Ton: Nein,
das hatte ich schon. Pause. Erzählerton: Es breitete
sich eine große Stille aus [...]
Die Textauszüge wurden dem dreisprachigen Buch
entnommen:
Samuel Beckett: Endspiel. Fin de partie. Endgame.
Deutsche Übertragung von Elmar Tophoven. Französiche Originalfassung.
Englische Übertragung von Samuel Beckett. Suhrkamp Verlag.
Frankfurt am Main. 1974. 119 Seiten.
|