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Rossipottis 11 Uhr Termin

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Der Zoobesuch

von Annette Kautt

Heute darf ich mit meinem Hund Schluffi ganz alleine in den Zoo!
Es ist ein besonderer Zoo, denn nur in diesen Zoo darf man seine Hunde mitnehmen. Normalerweise müssen Hunde immer zu Hause bleiben, wenn ihre Besitzer in den Zoo gehen. Das finde ich gemein. Denn Hunde wollen auch die anderen Tiere sehen. Vielleicht sogar noch mehr als die Menschen. Hunde sind nämlich viel eher ein Tier als ein Mensch. Im Zoo wollen die Hunde ihre Verwandten sehen.
Heute gehe ich also mit Schluffi in den Zoo. Wir müssen lange warten, bis wir an der Kasse eine Kindereintrittskarte für mich kaufen können. Denn vor mir stehen viele andere Hundebesitzer, die alle auch eine Karte haben wollen.
Doch dann sind endlich wir dran.
"Eine Karte für ein großes Kind, bitte schön. Ich bin schon acht Jahre!"

Schau mal Schluffi. Da hinten stehen Elefanten! Siehst du den weichen langen Rüssel von dem großen Elefanten? Ganz sachte und vorsichtig untersucht sein Rüssel den Boden, ob er dort irgend etwas Essbares für den großen Elefanten findet.
Das interessiert dich nicht, Schluffi?
Na gut, dann gehen wir zuerst einmal zu den Wölfen. Hast du schon gewusst, dass du von den Wölfen abstammst Schluffi? Du bist zwar viel kleiner als sie, du hast auch kein so schönes Fell wie sie, und so mutig wie ein Wolf bist du schon lange nicht. Aber trotzdem bist du eigentlich ein Wolf.
Außerdem hast du viel längere Schlappohren als diese Wüstenmaus hier. Schon komisch, dass Wüstenmäuse kein Hundefutter vertragen.
Aber komm mal hier her, Schluffi. Dieser Mungeti hat ein Fell wie ein Hund. Etwas rötlich vielleicht, aber eigentlich könnte es das Fell eines Cockerspaniels sein. Cockerspaniels mag ich eigentlich nicht so sehr. Ihr Fell ist viel zu lang. Das muss man immer kämmen, und trotzdem setzten sich ständig Flöhe rein.
Schluffi, ist es hier nicht schön im Zoo?
"Manatis" steht da auf dem Schild. Der kann noch viel tiefer tauchen als du. Dabei bist du doch der beste Schwimmer aus unserer Straße!
Wenn ich nur daran denke, wie schnell du beim letzten Hundewettkampf über den Fluß geschwommen bist! Alle Achtung, Schluffi. Wirklich klasse. Da hat es sich wirklich gelohnt, dass ich sechs Wochen jeden Tag mir dir geübt habe.
"Hopp, Schluffi, Holz holen Schluffi, Zurückkommen, Schluffi, super gemacht, Schluffi, jetzt nochmal von vorne Schluffi."
Weißt du noch, wie der Pudel von den Meiers neidisch geguckt hat, als dir die Hundewurst umgebunden wurde?
Schluffi, du und ich. Wir passen einfach gut zusammen.
Ich bin so froh, dass Mama und Papa mir keine Schildkröte gekauft haben. Zuerst wollten sie ja auf keinen Fall einen Hund im Haus haben. Eine Schildkröte sollte es sein. Eine Schildkröte ist schön leise und braucht nicht soviel Pflege, haben sie gesagt. - Aber das stimmt nicht. Denn hast du vorhin im Terrarium gesehen, wie ungepflegt diese Schildkröten sind? Bei denen kannst du nicht eben mal mit dem Kamm durch die Haare gehen. Ganz unappetitlich sahen die Schuppen und der Panzer aus! -
Aber als du dann dieses Jahr die Hundewurst gewonnen hast, da waren Mama und Papa schon auch stolz gewesen. Ich habe es an ihren Augen gesehen. Papa hat sich sogar heimlich mit einem Taschentuch ein paar Tränen aus den Augenwinkel gewischt. So gerührt war er.
Sollen wir uns jetzt noch die Flughunde anschauen, Schluffi?
Wäre das nicht auch schön, wenn du Flügel wie diese Flughunde hättest? Und wenn du so groß wie ein Pferd wärst und dann noch Flügel hättest! Das wäre schön, Schluffi!
Dann könnten wir viele Abenteuer erleben. Jetzt erleben wir natürlich auch viele Abenteuer, Schluffi. Aber wenn du ein geflügeltes Pferd wärst. Das wäre doch etwas anderes. Zuerst würde ich mir alles mal mit dir von oben anschauen. Und dann würde ich mit dir nach Persien fliegen und mir eine schöne Prinzessin vom Dach eines Palastes stehlen. Die Prinzessin würde ich dann in dem baufälligen Haus in der Stielemannstraße verstecken, und ihr immer wieder mal einen Löwen oder ein Kamel vorbeibringen, damit sie kein Heimweh bekommt.
Ach Schluffi, das wäre ein Leben!
Aber leider bist du kein geflügeltes Pferd. Und wir sind hier nicht in Persien, sondern nur in Deutschland in einem Zoo.
Allerdings in einem Zoo, in dem man seine Hunde mitbringen darf.
Wenn ich hier das Schild lese, Schluffi, können wir sehr froh sein, dass du keine Eidechse bist. Denn Eidechsen verlieren ganz leicht ihren Schwanz, wenn sie in Gefahr sind.
Dann hättest du sicher schon oft deinen Schwanz verloren, und das würde bei dir sicher unmöglich aussehen. Denk doch nur an die vielen Male der Gefahr als dich der Rottweiler von unseren Nachbarn so furchtbar angeknurrt hat! Oder als dich der Gemüsehändler mit der Schaufel verfolgt hat, weil du mal wieder an seinen Gemüsestand gepinkelt hast. Dabei müssen doch Hunde ihr Revier abstecken. Das muss der Gemüsehändler doch wissen. Immerhin ist der schon groß. Größer noch als Benny. Und der macht bald sein Abitur. Der Benny weiß auf jeden Fall, dass Hunde ihr Revier abstecken müssen.
Ich bin wirklich stolz auf dich, Schluffi, dass du das immer so gewissenhaft machst. Alle paar Meter das Bein heben, das ist sicher anstrengend.
Irgendwie bin ich jetzt vom vielen Laufen etwas müde geworden, Schluffi. Sollen wir nicht nach Hause gehen? Zuhause habe ich noch eine angefangene Schokolade auf meinem Schreibtisch, und für dich ist noch etwas Hundekuchen übrig.
Bevor wir gehen, schauen wir uns da hinten noch die Hängebauchschweine an. Die haben so traurige Augen wie du, wenn du schon lange keinen Hundekuchen mehr bekommen hast. So ein Schwein ist sicher eine traurige Angelegenheit.
Komm wir gehen nach Hause, ich habe genug gesehen.

Alles in allem hat es uns wirklich gut gefallen im Zoo. Meinem Hund Schluffi und mir. Das einzige, was mich wundert, ist, dass in dem Zoo außer den Elefanten alle Tiere ein bisschen wie ein Hund aussehen.

 

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Zwei Gedichte von Joachim Ringelnatz
mit Illustrationen von Tine Neubert

Tante Qualle und der Elefant

Die Tante Qualle schwamm zum Strand.
Es liebte sie ein Elefant
Mit Namen Hildebrand genannt.
Der wartete am Meeresstrand
Mit einem Sträußchen in der Hand.
Das übergab er ihr galant
Und bat um Tante Quallens Hand.
Da knüpften sie ein Eheband.
Der Doktor Storch, der abseits stand,
Der dachte: "Armer Hildebrand!"
Worauf er weiterging und lachte.

Warum der Storch wohl sowas dachte?

* * *

Ruhe ist viel wert

"Ruhe ist viel wert",
sagte das Nilpferd
Und setzte sich auf was Weiches.
Der Elefant tat ein Gleiches.

Gedichte von Joachim Ringenatz findet ihr in vielen verschiedenen Ausgaben. Eine neue Ausgabe mit Illustrationen von unterschiedlichen Künstlern findet ihr beim Aufbau-Verlag:

Joachim Ringelnatz: Geheimes Kinder-Spiel-Buch. Mit Illustrationen von Michael Sowa, Isabel Pin, Norman Junge, Katja Wehner und Aljoscha Blau. Aufbau Verlag. Berlin 2005. 39 Seiten.

 

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Und wieder putzt das Schwein sich schnell

Endlos-Tiergedicht

von Meike Haas

Ein dickes Schwein putzt sich noch schnell
die gröbsten Flecken aus dem Fell.

Es will, wie auch die weiße Gans,
zur großen Tierfeier mit Tanz.

Dorthin spaziert die Ziege schon
und auch die Kuh mit ihrem Sohn.

Das Kalb macht Quatsch, der Hund lacht sehr -
und plötzlich stimmt der Weg nicht mehr.

Er führt zu einem großen Zaun,
nicht mal das Pferd kann drüber schaun.

Die Maus, die durch ein Astloch sieht,
erzählt, was hinterm Zaun geschieht:

Ein dickes Schwein putzt sich noch schnell . . .

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Warum es immer noch Mücken gibt

von Klaus Kinzner (Text) und Tine Neubert (Illustrationen)

Tinto, der Zauberer, saß vor seinem Haus und arbeitete. Auch Zauberer müssen arbeiten, denn um Brot und Butter einkaufen zu können, braucht man Geld, und Geld zu zaubern ist verboten.
Tinto packte Nudeln ein, und die Arbeit ging ihm gut von der Hand, weil er einen Zauberspruch wusste, mit dem die Nudeln von selbst in die Tüten sprangen.
Nur mit dem Zukleben der Tüten hatte er Ärger, denn diesen Zauberspruch hatte er vergessen. Aber, wer weiß, vielleicht hatte er damals, als er das Zaubern lernte, auch nur nicht richtig aufgepasst.
Und deshalb musste er nun Tüte um Tüte mühevoll zukleistern und seine Hände waren ständig voller Leim.
Wie er so über seiner Arbeit saß, hörte er, dass jemand sagte: "Wenn Du mir einen klitzekleinen Gefallen tust, helfe ich dir beim Tütenkleben!"
Als Tinto erstaunt den Kopf hob, aber nur eine Mücke sah, rief er verwundert: "Du willst mir helfen? Bist du nicht die Mücke Pipe, die überall da ist, wo man sie nicht haben will, die allen Leuten lästig ist und die noch niemals etwas Nützliches getan hat, geschweige denn, dass sie jemandem beim Tütenkleben geholfen hätte?"
"Ganz und gar nicht!" erwiderte die Mücke, "ich bin ein durch und durch liebreizendes Geschöpf und kann nicht verstehen, warum alle Welt so schlecht von mir denkt! Neulich hat man sogar nach mir geschlagen!"
"Und was willst du von mir?" fragte Tinto.
"Es ist wirklich nicht viel, und für dich ist es eine Kleinigkeit" schmeichelte Pipe. "Verwandle mich in einen Elefanten! Ein Elefant wird überall bewundert, niemand schlägt ihn oder sagt, er sei lästig, und er kann mit seinem Rüssel Leim auf Tüten streichen!"
Das leuchtete Tinto ein. Und da ihm eine Hilfe sehr willkommen war, suchte er den passenden Spruch aus seinem Zauberbuch - den wir nicht verraten, ihr könntet es sonst selbst versuchen wollen - ächzte und stöhnte dabei, denn es ist nicht so einfach, einen Elefanten zu zaubern, und nach einiger Zeit war aus der Mücke ein Elefant entstanden.
Aus den Mückenflügeln waren Elefantenohren und aus dem Stechrüssel war ein Elefantenrüssel geworden.
"Ha und ätsch!" frohlockte der Elefant Pipe "und deine Tüten kannst du dir selbst kleben!", drehte sich um, warf dabei noch Tintos Leimtopf um, und verschwand.
Tinto, noch schwach vom Zaubern, platschte in den verschütteten Leim und hatte nicht mehr die Kraft, ihn zurückzuhalten.
"Nun bin ich mir wohl selbst auf den Leim gegangen!" wehklagte Tinto und machte sich betrübt wieder an seine Arbeit.
Pipe aber trabte laut trompetend und mit erhobenem Rüssel in die Stadt. Die Leute auf der Straße machten ihm begeistert und ehrfurchtsvoll Platz und bewunderten ihn. Vor Stolz hätte sich Pipe am liebsten in die Luft erhoben, aber das ging nun leider nicht mehr. Er lief kreuz und quer durch die Stadt, die Polizei stellte die Ampeln auf grün, die Gemüsehändler warfen ihm zarte Salatpflänzchen zu und die Kinder bekamen schulfrei.
"Kommt alle mit in den Zirkus", rief Pipe. "Dort werde ich Euch eine Vorstellung geben, wie ihr sie noch nie gesehen habt!"
Und alle Kinder, die Verkäuferinnen aus dem Fleischerladen, die Straßenbahn, der Fernsehmonteur und viele, viele andere liefen hinter ihm her.
"Hoch lebe der Elefant Pipe!" rief die Menge und: "Auf zum Zirkus!"
Der Zirkusdirektor, der den Zug schon von weitem hatte kommen hören, rief, als der Elefant mit seinem Gefolge eintraf: "Was soll der Lärm? Ihr erschreckt mir ja meine Tiere!"
Pipe aber erwiderte von oben herab: "Ich werde in deinem Zirkus eine Vorstellung geben, wie sie noch niemand gesehen hat. Lass alle diese Leute in deinen Zirkus und bringe auch deine Tiere mit!"
"Ja, ja, lasst den großen Pipe ein!" schrie die Menge. Und der Zirkusdirektor erwiderte: "Mir scheint er nicht groß, sondern nur aufgeblasen zu sein. Wenn er aber etwas kann, dann soll er eintreten und es uns zeigen."
Alles drängelte in das Zirkuszelt: die Kinder, die Verkäuferinnen, die Giraffen und Affen, die Leute aus der Straßenbahn, die Kamele und Esel und alle, alle anderen. Auch der Zauberer Tinto war da.
Pipe trat in die Manege, alles hielt gespannt den Atem an und die Giraffen machten lange Hälse. Dann trompetete er laut, so dass das Zirkuszelt bis zur Spitze erbebte. Die Tauben flatterten erschreckt auf und einige Zuschauer wurden schwerhörig.
Man wartete, was nun wohl kommen würde. Schließlich rief der Zirkusdirektor: "War das schon alles? Hast du nichts weiter gelernt? Kannst Du denn nicht wenigstens auf einem Bein stehen oder einen Ball auf dem Kopf balancieren?"
Pipe aber schlenkerte nur mit dem Rüssel bis jemand rief: "Nichts hat er gelernt, er ist nur dick und aufgeblasen, mückendumm ist er!"
Da nahm Pipe einen Rüssel voll Sand und schleuderte den Sand in die Menge. Einige Leute klatschten Beifall, andere riefen "Pfui!" und es entstand ein solcher Tumult, dass der Zirkus ins Wanken geriet.
"Bravo, bravo!", "faul und dumm ist er!", "weitermachen soll er!", "er hat uns an der Nase herumgeführt!". Dies und noch anderes schrie die Menge.
Tinto rief: "Und mich hat er auf den Leim geführt", zog den Zauberstab aus dem Ärmel, murmelte etwas, was im Getöse niemand verstand, und dann war aus dem Elefant Pipe wieder das, was er vorher war: eine Mücke.
Die Leute und die Tiere riefen: "Bravo, Tinto!" und "Gut so, Tinto!" Die Mücke Pipe aber verschwand durch ein Knopfloch im Zirkuszelt.
Leider gibt es nun immer noch Mücken, und sie sind lästig wie eh und je. Und aufgeblasene Elefanten, die eigentlich nur Mücken sind, gibt es auch noch.


 © Rossipotti No. 8, Juli 2005