Ihr möchtet eine Geschichte erzählen, euch fehlt aber die zündende Idee? Dafür braucht ihr nur ein paar der unten stehenden W-Fragen beantworten und schon fallen euch sicher viele Ideen ein:
Wo spielt eure Geschichte? Wer spielt mit? Was wird gespielt? Womit kommt die Geschichte in Gang? Welchen Konflikt gibt es? Warum? Wohin führt er? Wodurch wird der Konflikt gelöst? Wie ist das Ende, und wie heißt eure Geschichte?
Reichen euch diese Fragen als Inspiration für eigene Geschichten nicht aus, findet ihr im Kapitel „Was möchte ich erzählen?“ 10 Schreibanregungen für das Entwickeln einer eigenen Geschichte.
Im Kapitel „Wie möchte ich erzählen?“ wird euch erklärt, wie man mit den drei bekannten Genres „Märchen“, „Comic“ und „Adaption“ außerdem ganz schnell auf eigene Ideen zu Geschichten kommt.
Such dir aus den 10 Beispielen eines aus und entwickele daraus eine Geschichte.
Hast du das Prinzip der Schreibanregungen durchschaut, fallen dir auf diese Weise sicher noch viel mehr Ideen ein, wie du zu einem Thema für deine Geschichte kommst.
1. Schlage ein Buch auf und tippe mit geschlossenen Augen auf mindestens fünf verschiedene Wörter. Schreibe dann eine Geschichte, in der alle getippten Wörter vorkommen.
2. Erinnerst du dich an einen Traum? Schreibe ihn auf und nehme ihn als Grundlage für eine Geschichte.
3. Suche dir ein Bild online oder offline auf einer Postkarte, Zeitschrift, einem Kalender oder Bilderbuch aus. Stelle dir vor, wie es sich im Bild leben würde. Wer könnte sich dort begegnen und was könnte dort passieren? Schreibe eine Geschichte dazu auf.
4. Suche dir drei Helden oder Heldinnen aus verschiedenen Büchern, die du schon gelesen hast, aus und packe sie in eine Geschichte. Wer ist in deiner Geschichte die Hauptperson? Wer hilft der Hauptperson, wer schadet ihr? Welches Problem entsteht aus der Konstellation, wie wird es gelöst?
5. Suche dir im Internet oder in einer Zeitung/Zeitschrift eine kurze, erstaunliche Meldung aus und mache daraus eine Geschichte.
Beispiel:
„Huhn Inge“ entwischt seinem neuen Besitzer, einem Hähnchen-Bräter, und läuft 5,3 km nach Hause zum vorigen Besitzer.
Überlege dir, warum das Huhn verkauft wurde und was es auf seiner Reise nach Hause erlebt hat. Geht die Geschichte gut aus, oder muss das Huhn wieder zurück zum Hähnchen-Bräter?
6. Schreibe zwischen diesen beiden Sätzen eine Geschichte:
Anfangssatz: Als Anton eines morgens aus dem Fenster sah, winkte ihm ein dicker roter Kater aufgeregt zu.
Letzter Satz: Leider wollte Sam nicht bei ihm bleiben, nachdem sie das Abenteuer bestanden hatten.
Natürlich kannst du dir auch beliebige andere Sätze überlegen, zwischen denen du eine Geschichte entwickelst.
7. Suche dir fünf Gegenstände oder Spielzeuge in deinem Zimmer aus, versetze dich in ihre Lage und lasse sie miteinander ein Abenteuer erleben. Schreibe dieses Abenteuer dann auf.
8. Denke dir eine verkehrte Welt aus. Überlege dir beispielsweise, wie es wäre, wenn Tiere Menschen im Zoo besuchen würden, oder wenn Kinder zur Arbeit und ihre Eltern in die Schule gehen müssten, etc. Beschreibe die andere Perspektive und entwickele daraus eine Geschichte.
9. Stelle dir vor, dass du eines morgens verwandelt im Bett liegen würdest. In welches Wesen hast du dich verwandelt und warum? Was würdest du in dieser Verwandlung erleben? Würdest du dich innerhalb der Geschichte wieder zurück verwandeln. Und falls ja, wodurch?
10. Erinnere dich an einen Streit, den du mit deinen Geschwistern, FreundInnen oder Eltern gehabt hast. Ordne dann die verschiedenen Teilnehmer*innen des Streits verschiedenen Tieren zu und versetze sie in eine Bilderbuchwelt. Suche nach einer positiven Lösung des Streits und schreibe dann die Geschichte auf.
Wenn man Geschichten erfindet, ist es nicht nur wichtig, was man schreibt, sondern auch wie man etwas beschreibt.
Die Geschichte eines Mädchens beispielsweise, das alleine durch den Wald geht, um seiner Großmutter Wein und Kuchen zu bringen, wird erst durch die Art und Weise, wie sie erzählt wird, zum Märchen. Genauso gut könnte die Geschichte zum Comic, zur Oper, Horrorgeschichte oder zu anderen Genres umgeschrieben werden.
Mit dem Märchen und dem Comic stellen wir hier zwei bekannte Arten oder Genres vor, die sich gut für das bildgestützte Erzählen des Kamishibais eigenen. Denn sie konzentrieren sich auf Bilder und Pointen und machen sich nicht allzu viel aus erzählerischen Details.
Daneben gibt es ein kurzes Kapitel zur Adaption und Bearbeitung von literarischen Werken. Denn diese liefern schnell eine Vorlage für Geschichten und bieten ein gutes Gerüst für ein eigenes Kamishibai.
Jeder weiß, was Märchen sind. Trotzdem ist es hilfreich, sich einmal genauer anzusehen, was das Genre Märchen ausmacht. Denn daraus lassen sich inspirierende Fragestellungen für ein eigenes Märchen entwickeln.
Märchen sind meist kurze Geschichten, in denen Wunderbares und Zauberhaftes passiert. Dabei wird das Wunderbare so dargestellt, als wäre es das Normalste der Welt.
Zum Stammpersonal der Volksmärchen gehören Könige, Königstöchter oder Königssöhne oder auch ganz einfache, meist arme Menschen. Daneben gibt es magische oder phantastische Figuren wie Hexen, Zauberer, Teufel, Zwerge, Riesen, und sprechende Tiere. In den meisten Märchen kommen dabei nur ein oder zwei der magischen Figuren vor und nicht mehrere gleichzeitig.
Die Figuren sind entweder gut oder böse, schön oder hässlich, arm oder reich, fleißig oder faul.
Viele Volksmärchen beginnen mit der Eingangsformel „Es war einmal …“ und enden mit der Schlussformel: „Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“.
Wie diese Sätze liebt das Märchen insgesamt das Formelhafte. Damit meint man, dass im Märchen Dinge immer wieder auf ähnliche Art und Weise wiederholt werden. Häufig müssen die Figuren drei Mal etwas machen, bevor sie erlöst werden. Unglück kann entstehen, wenn eine Figur eine Formel nicht befolgt. Wie zum Beispiel beim Rotkäppchen, das vom Weg abgeht und deshalb vom Wolf gefressen wird. Manchmal entsteht durch den Regelverstoß aber auch Glück. So zum Beispiel bei Aschenbrödel, das trotz Verbot auf den Ball geht und dadurch mit dem Prinzen zusammen kommt.
Die Äußerung von Gefühlen hat im Märchen wenig Platz.
Wie es den Figuren geht, wird häufig über Metaphern oder Symbole dargestellt. So kann beispielsweise ein rostiges Messer bedeuten, dass es jemandem schlecht geht. Ein „Ring“ kann für die seelische Verbundenheit zwischen Liebenden stehen. Oder die „Verwandlung in ein Tier“ kann die Entfremdung von sich selbst oder zwischen zwei Menschen symbolisieren.
Die Handlung findet meistens in drei Teilen statt. Im ersten Teil herrscht bei den meisten Märchen ein Mangel oder eine Aufgabe, der die Helden im zweiten Teil, dem Mittelteil, in Abenteuer verwickelt, um dann im dritten und letzten Teil behoben oder gelöst zu werden. Dabei wird am Ende meistens derjenige belohnt, der gut gehandelt, und bestraft, wer schlecht gehandelt hat. Insgesamt enden die meisten Märchen aber für die Hauptfigur mit einem Happy End. Selbst dann, wenn sie, wie Rotkäppchen, eine Regel nicht befolgt haben.
Mehr zu „Märchen“ findest du im Rossipotti-Literaturlexikon.
Wenn du ungefähr weißt, was ein Märchen ist, können dir folgende Fragen helfen, ein eigenes Märchen zu schreiben:
Beispiel:
Die Hauptmärchenfigur ist ein Mädchen, dessen Bruder schwer krank ist.
Eines Tages hört das Mädchen von einem magischen Vogel, der mit seinem schönen Gesang alle Kranke heilen kann.
Die Schwester zieht los und begegnet dabei drei Gefahren.
Weil sich die Schwester drei Mal zu helfen weiß, gelingt es ihr am Schluss, den Vogel nach Hause zu bringen und den Bruder zu heilen.
Jetzt bist du dran:
Überlege dir genau, welche Gefahren der Schwester begegnen? Durch welche gute Handlung übersteht sie die Gefahren? Hilft ihr jemand bei der Lösung ihrer Aufgabe? Wo findet sie den Vogel? Gibt es außer dem Vogel noch andere Figuren mit magischen Kräften?
Spielen in dem Märchen außerdem auch Königstöchter oder -söhne mit? Findet am Ende nur der Bruder sein Glück, indem er gesund wird, oder wird das Mädchen für seine Hilfe belohnt? Wenn ja, womit? Wie heißt das Märchen?
Viel Spaß beim Erfinden, Bebildern und Erzählen deines Märchens!
Comics kennt jeder. Wahrscheinlich gehören Comics, Mangas, Graphic Novels mittlerweile zu den beliebtesten Genres innerhalb der Literatur.
Wir möchten deshalb nicht lange über dieses Genre reden. Trotzdem kann es helfen, sich nochmal die wichtigsten Eigenschaften von Comics ins Gedächtnis zu rufen.
Es gibt viele verschiedene Formen und Ausprägungen von Comics. Verallgemeinernd kann man sagen, dass alle Comicarten Folgen von Bildern, sogenannten Panels, sind, die von kurzen Texten begleitet werden.
Die Texte stehen dabei oft in einer Sprechblase und gehören immer zu einem ganz bestimmten Bild. Um Szenen lautmalerisch zu unterstützen werden Wörter wie „Zong“, „Boing“ oder „Zisch“ direkt ins Panel gemalt. Außerdem gibt es Textbalken, die ein Bild erläutern oder knappe Hintergrundinformationen liefern wie „Ein Jahr später …“.
Die Bilderfolgen fangen die wichtigsten Momente im zeitlichen Ablauf einer Geschichte ein. Comics sind also pointierte Bilder-Geschichten, die meistens mit einfachen sprachlichen Mitteln erzählt werden.
Aus diesem Grund eigenen sich Comics sehr gut für Kamishibais. Übrigens gelten Kamishibais in Japan als Vorläufer von Mangas (japanische Comics).
Inhaltlich können im Comic eigentlich alle Geschichten von „A“ wie „Abenteuer“ über „K“ wie „Komisches“ bis „Z“ wie „Zukünftiges“ erzählt und dargestellt werden.
Allerdings müssen die Geschichten dabei der pointierten, bildorientierten Erzählweise angepasst werden. Viele Comics neigen wohl deshalb zu Übertreibungen und Überzeichnungen. Insgesamt sind auch schnelle Handlungsabfolgen typisch für Comics.
Comic-Figuren sind oft auf wenige Eigenschaften reduziert. Sie sind zum Beispiel in erster Linie verfressen, tollpatschig oder besonders klug. Häufig haben sie auch übermenschliche Fähigkeiten, können fliegen, glatte Wände hochklettern oder Eisenstangen mit den eigenen Händen biegen.
Aus diesen Eigenschaften und Fähigkeiten lassen sich dann Geschichten mit passenden Gegnern, Konflikte und deren Lösung entwickeln.
Da Comics häufig als Serie erscheinen und ihre Fans teilweise über Jahre hinweg erfreuen, bleiben die Figuren meistens gleich alt und viele von ihnen überleben es sogar, mit der Dampfwalze überfahren zu werden und sterben nie.
Mehr zum Thema „Comic“ findest du im Rossipotti-Literaturlexikon.
Beispiel:
Du selbst bist die Comicfigur und kannst endlich das machen, wovon du schon immer geträumt hast. Was würdest du als Comicfigur gerne erleben? Welche Fähigkeiten brauchst du dazu? Wer sind deine Freunde und wer deine Feinde? Welche Konflikte ergeben sich daraus? Wie kannst du sie lösen und wie geht die Geschichte aus? Was ist der Titel deines Comics?
Wenn du selbst keine Comic-Figur sein willst, kannst du auch jemanden aus deiner Nachbarschaft aussuchen. Dein Nachbar könnte beispielsweise ein alter Mann sein, der fast nie aus dem Haus geht und nur sehr wenig Besuch bekommt.
Diesem Nachbarn könntest du beispielsweise die Superkraft verleihen, sich an andere Orte zu versetzen. Deine Geschichte könnte dann von dem unerwarteten Auftauchen des alten Mannes in einer fremden Wohnung oder bei seinen Enkeln erzählen.
Je nachdem, wie du die Handlung beschreibst und bebilderst, wir dein Comic lustig, gruselig traurig, surreal oder wie du es eben haben möchtest.
Jeder von uns ist schon mit einer Adaption und einer Bearbeitung eines literarischen Werkes in Berührung gekommen. Denn beides meint nichts anderes, als dass man eine schon bekannte Vorlage verwendet hat, um eine Geschichte zu erzählen.
Die Romanreihe „Harry Potter“ von J.K. Rowling wurde beispielsweise durch die bekannten Filme adaptiert und außerdem in vielen verschiedenen Varianten neu erzählt und bearbeitet.
Vorlagen sind sehr praktisch, wenn man nichts Neues erfinden kann oder möchte. Denn sie liefern bereits ein Thema und meistens auch ein funktionierendes Handlungsgerüst.
Adaption und Bearbeitung sind allerdings nicht genau das Gleiche.
Von einer Adaption spricht man, wenn ein literarisches Werk in eine andere Text- oder Kunstform übersetzt oder daran angepasst wird. Das macht man dann, wenn man ein bekanntes oder erfolgreiches Werk auch für andere Medien zugänglich machen möchte. Zum Beispiel, um die Zielgruppe zu vergrößern.
Wenn man beispielsweise „Harry Potter“ oder auch die Romane „Jim Knopf“ oder „Tintenherz“ ziemlich originalgetreu in Kinofilme, Theaterstücke oder Hörspiele übersetzt, sind das Adaptionen der ursprünglichen Romane.
Wichtig bei Adaptionen ist, dass ihre Aussage und Stimmung, die dargestellte Handlung, die Figuren und Bilder möglichst ähnlich wie das literarische Original sind.
Von einer Bearbeitung spricht man dagegen, wenn man das ursprüngliche Werk neu interpretiert und bewertet. Hier möchte man seine eigene, neue Sichtweise oder Perspektive auf das Stück einbringen.
Viele alte Theaterstücke wie Shakespears „Romeo und Julia“ oder Goethes „Faust“ werden heute in verschiedenen Bearbeitungen aufgeführt und in andere Medien übersetzt.
Auch die beliebten Nachspiele berühmter Werke mit Plastikfiguren auf youtube, „Sommers Weltliteratur to go“, sind keine Adaptionen, sondern kurze Bearbeitungen der literarischen Vorlagen. Denn sie interpretieren und bewerten ihre Vorlage, fassen sie nur kurz zusammen und geben sie nicht möglichst originalgetreu wieder.
Insgesamt sind die Übergänge zwischen Bearbeitung und Adaption aber fließend. Denn jede Übersetzung eines Werks in ein anderes Medium interpretiert dieses natürlich gleichzeitig.
Adaption und Bearbeitung unterscheiden sich deshalb vor allem durch die jeweils andere Zielsetzung: Anpassung an ein anderes Medium oder Interpretation und Entwickeln einer neuen Perspektive auf das Werk.
Problematisch wird es allerdings, wenn der Produzent einer Bearbeitung so tut, als ob er ein Werk nur adaptiert und nicht bearbeitet habe. Denn dann verändert er die Bedeutung des Werks in seinem Sinne, ohne es offenzulegen. Es lohnt sich also auf jeden Fall, den Originaltext zu kennen, und sich ein eigenes Urteil bilden zu können, ob ein Werk allein adaptiert oder gleichzeitig auch bearbeitet wurde.
Ein Beispiel für eine Adaption ist übrigens Oscar Wildes Text „Das Gespenst von Canterville“, der hier als Kamishibai-Geschichte erzählt wird. Mehr zum Thema „Adaption“ findest du außerdem im Rossipotti-Literaturlexikon.
Adaption:
Wenn du ungefähr weißt, was eine Adaption ist, können dir folgende Fragen helfen, um einen bereits vorhandenen Text zu adaptieren:
Versuche diese Hauptpunkte mit wenigen Bilder umzusetzen und die originale Stimmung möglichst gut einzufangen.
Bearbeitung:
Bevor du einen Text bearbeitest, wäre es gut, wenn du dir dieselben Fragen wie bei der Adaption stellst. Nachdem du das getan hast, stellt sich die Hauptfrage für eine Bearbeitung:
Beispiel für Adaption und Bearbeitung:
Lies dir die Ballade von Schillers „Der Taucher“ durch und überlege dir, wie du sie für das Kamishibai adaptieren oder bearbeiten kannst.
Als Vorbereitung kannst du den kurzen Animationsfilm von Annika Uppendahl im Literaturlexikon von Rossipotti ansehen. Hat Annika Uppendahl hier die Ballade bearbeitet oder adaptiert?
Jetzt bist du dran:
Möchtest du das Gedicht möglichst genau übertragen oder eine eigene Bearbeitung präsentieren?
Falls du die Ballade adaptieren möchtest:
Möchtest du den Text kürzen? Welche Textstellen möchtest du in ein Bild übersetzen? Wie musst du die Bilder gestalten, dass sie die Stimmung der Ballade wieder geben?
Falls du es bearbeiten möchtest:
Wie soll sich die Aussage der Ballade ändern? Mit welchen Textänderungen und Bildern kannst du das Gedicht in ein anderes Licht setzen oder die Figuren und Konstellationen anders interpretieren? Aus welcher Perspektive möchtest du die Ballade erzählen?
Viel Spaß beim Erzählen und Bebildern deiner Version des „Tauchers“!