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Rossipottis Leibspeise
und andere Lieblingsbücher

 

Rossipottis Leibspeise

Lieblingsbuch

vorgestellt von Helma Hörath

 

* * *

Die schönsten Weihnachtsgeschichten

Rossipotti sitzt seit über einer Stunde auf seinem roten Sofa und blättert mit gerunzelter Stirn in einem Kalender. Immer wieder markiert er einzelne Tage mit dem Bleistift und grunzt unzufrieden.

"Sag mal, was machst du da eigentlich?" frage ich nach einer Weile. Das Blättern und Grunzen macht mich ganz nervös.

"Ich zähle die Wintertage", sagt Rossipotti. "Aber irgendetwas stimmt mit diesem Kalender nicht."

"Was denn?"

"Der Winter ist zu lang", sagt Rossipotti. "In diesem Kalender von 2008 hat der Winter genau 92 Tage. Da wir ein Schaltjahr hatten, können wir zwar einen Tag abziehen, aber dann kommen wir immer noch auf 91 Tage."

"Das stimmt doch auch", sage ich. "Wie jede Jahreszeit ist der Winter ungefähr 3 Monate lang. Jeder Monat hat plus minus 30 Tage. Und das mal drei kann gut 91 geben."

"Eben nicht!" beharrt Rossipotti. "Der Winter hat als einzige Jahreszeit höchstens 45 Tage."

"Aber warum denn?"

Rossipotti zeigt auf einen hohen Stapel Bücher und sagt: "Das hier ist der Stapel mit den Adventsgeschichten, Nikolausgeschichten, Weihnachtsgeschichten und Silvestergeschichten ..." dann zeigt er auf einen kleinen Stapel Bücher und fährt fort: "... und das hier sind die Bücher zum Thema Fasching, Winter und Kälte!"

"Aha", sage ich und überlege mir, ob Rossipotti neben dem meteorologischen Winter, der schon am 1. Dezember, und dem astronomischen Winter, der erst am 21. Dezember beginnt, auch noch den gefühlten Winter einführen will.

"Was heißt hier 'Aha'?!" fährt mich Rossipotti an. "Findest du nicht, dass das ein Skandal ist?"

"Was denn für ein Skandal?" frage ich ahnungslos.

"Dass der Kalender lügt!" sagt Rossipotti und rollt mit den Augen. "Vom 1. Advent bis zum Neujahrstag plus ein paar Tagen Fasching und Wintertagen sind es höchstens 45 und keine 91 Tage!"

"Der Kalender lügt sicher nicht", stelle ich sachlich fest. "Viel eher die Verlage und Autoren. Wahrscheinlich lassen sie die unfestlichen trüben, dunklen Wintertage einfach aus, damit sie keine Depressionen kriegen."

Rossipotti sieht mich misstrauisch an und scheint sich tatsächlich zu überlegen, wie weit und ob man überhaupt meinem Urteil über Autoren und Verlagen trauen kann.

"Was würdest du denn schreiben, wenn du eine Wintergeschichte schreiben müsstest?" frage ich. "Würdest du nicht auch viel lieber eine weihnachtliche Geschichte als eine reine Wintergeschichte schreiben?"

"Ach was!" wiegelt Rossipotti ab. "Ich würde natürlich nicht über Weihnachten, sondern über ein Krokodil im Winter schreiben. Hm. Zum Beispiel über ein Krokodil, das vor Jägern nach Grönland flieht und dort im Eis feststecken bleibt. Ja, das ist gut! Wegen der Kälte fällt das Krokodil in den Winterschlaf und hat einen bizarren Traum ... "

"Doch leider wacht das Krokodil aus dem Traum nicht mehr auf, weil es fernab der Heimat erfriert!" unterbreche ich Rossipottis Geschichte.

"Von wegen!" faucht Rossipotti. "Mein Krokodil stirbt doch nicht! Es wird selbstverständlich von einem Inuit gerettet, der eigentlich eine Seerobbe erlegen wollte. Der Inuit freundet sich mit dem Krokodil an und schenkt ihm sogar ein Eisbärfell!"

"Und schon sind wir wieder bei einer rührenden Weihnachtsgeschichte!" sage ich. "Wintergeschichten scheinen einfach meistens auf Weihnachtsgeschichten hinauszulaufen. Wenn du sie jetzt noch literarisch anspruchsvoll und spannend schreibst, nimmt sie Peter Härtling vielleicht sogar in seine Sammlung der liebsten Weihnachtsgeschichten auf."

"Welche Sammlung?" fragt Rossipotti interessiert. "Und woher kennst du die persönliche Bibliothek von Peter Härtling?"

"Die kam doch erst kürzlich beim Aufbau Verlag heraus", sage ich und wundere mich, dass ausgerechnet dieser schöne Band Rossipotti durch die Lappen gegangen ist und nicht unter seinem hohen Stapel liegt. "In dem Buch stehen über 70 Geschichten und Gedichte von Weihnachtsmännern, Weihnachtsengeln, Krippengeschichten und gelungenen und missratenen Weihnachtsfesten."

"Sind die Texte gut?" fragt Rossipotti neugierig. "Oder sind sie wieder der übliche Adventsschnickschnack?"

"Schnickschnack ganz sicher nicht", sage ich. "Peter Härtling hat sich an der biblischen Weihnachtsgeschichte orientiert und in erster Linie ernste und besinnliche Texte ausgesucht. Es sind viele ältere Texte dabei, auch von Autoren, die eigentlich für Erwachsene geschrieben haben, wie Anton Tschechow, Heinrich Heine oder Agatha Christie. Daneben hat Peter Härtling allerdings auch ein paar neuere Texte ausgesucht, zum Beispiel von Cornelia Funke oder Martin Baltscheit."

"Wirkt das Buch insgesamt nicht doch etwas trocken und altbacken?" fragt Rossipotti.

"Kaum", entscheide ich. "Dafür sind die einzelnen Geschichten einfach zu gut, und außerdem hat Philipp Wächter das Buch mit seinem frischen, flotten Strich illustriert."

"Dann ist es also viel mehr eine Fundgrube?" meint Rossipotti und sieht mich seltsam milde gestimmt an.

"Eine Fundgrube sicher!" sage ich und füge nachdenklich hinzu: "Zumindest für die, für die Weihnachten noch Weihnachten ist."

Peter Härtling (Hrsg.): Die schönsten Weihnachtsgeschichten. Aufbau Verlagsgruppe. Berlin 2008.

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Wintereis

"Vielleicht hast du recht und Wintergeschichten werden automatisch häufig zu Weihnachtsgeschichten", knüpft Rossipotti an unsere vorige Unterhaltung an. "Einfach deshalb, weil sie von Kälte und Einsamkeit und der Suche nach einem warmen Ofen erzählen."

"Umgekehrt verbinden wir Weihnachtsgeschichte dagegen häufig mit Winter, Dunkelheit und einem plötzlichen Licht, das uns durch die Dunkelheit leitet", setze ich Rossipottis Gedanken fort.

"Insofern interessieren wir uns bei der Weihnachtsgeschichte vielleicht nur deshalb so sehr für den Stall und die Krippe, weil Weihnachten im Winter ist", überlegt Rossipotti. "Im Sommer würde uns wahrscheinlich viel mehr der Ritt nach Bethlehem und seine Gefahren interessieren."

"Stimmt", verfolge ich Rossipottis Gedanken und wundere mich gleichzeitig, wie einmütig wir heute hier zusammen sitzen. "Im Sommer würden aus den heimeligen Krippenspielen plötzlich Abenteuerstücke, in denen Gott die schwangere, aber furchtlose Maria vor Banditen und Wegelagerern beschützt."

"Und stelle dir Weihnachten erst im Frühling vor", sagt Rossipotti begeistert. "Dann wäre die Geburt des Babys, sein Wachsen und Werden, das eigentliche Hauptthema und nicht die unleidige Suche mittelloser Menschen nach einem Schlafplatz."

"Ja, wenn ...", sage ich und vor meinem inneren Auge leuchtet ein Fest, das nur der Entstehung des Lebens huldigt, frei vom Ballast von Schuld und Sühne.

"Weihnachten ist aber nunmal im Winter", holt mich Rossipotti aus meinen Träumen zurück. "Lass uns einfach das Beste daraus machen."

"Und das wäre?" frage ich. "Einen Stall bauen?"

"So ähnlich", sagt Rossipotti. "Lass uns ein Winterbuch vorstellen, das einem in der kalten Zeit einen Unterstand bietet."

"Hägar der Schreckliche", sage ich und komme mir dabei fast witzig vor.

"Im Ernst", sagt Rossipotti. "Fällt dir dazu ein Titel ein, der nicht kitschig oder nur oberflächlich packend ist?"

"Wintereis", überlege ich. "Das ist ein Buch über die Nachkriegszeit in den Niederlanden. Ein zwölfjähriger Junge freundet sich mit seinem jüdischen Klassenkameraden und dessen Cousine an ..."

"Ich habe das Buch gelesen", sagt Rossipotti, "und es passt wirklich hervorragend hier her. Es ist überhaupt nicht aufdringlich, und die Freundschaft zwischen den Kindern wird sehr sensibel und glaubhaft beschrieben. Die Geschichte spielt übrigens 1947 in Amsterdam. Es ist so kalt, dass die ganzen Flüsse und Seen zugefroren sind. Thomas ist Halbwaise und sein Vater ein mittelloser Schriftsteller, der auf die Kohlen- und Essensspenden seiner Schwägerin angewiesen ist. Alles ist ziemlich trostlos, bis Thomas den Vollwaisen Piet Zwaan und dessen Cousine Bet kennen lernt. Als Thomas' Vater zu den verhassten 'Moffen' nach Deutschland fährt, um dort bei den britischen Besatzern sein Brot zu verdienen, zieht Thomas zu den Zwaans in eine schöne große, warme Wohnung. Dort ahnt Thomas allerdings bald, dass die Zwaans mit einer anderen Art 'Wintereis' zu kämpfen haben und die halbjüdische Familie ein dunkles, unausgesprochenes Geheimnis niederdrückt. Doch es dauert noch den ganzen Winter lang, bis Thomas von Zwaan und Bet als echter Freund anerkannt wird. Und dann endlich tasten sie sich ganz vorsichtig an das Geheimnis heran und bringen sogar das Eis zum Schmelzen."

"Sag mal, wem erzählst du das eigentlich alles?" frage ich erstaunt. "Ich kenne das Buch doch schon."

"Den Kindern natürlich", sagt Rossipotti. "Oder sind wir noch gar nicht auf Sendung?"

Peter van Gestel: Wintereis. Deutsch von Mirijam Pressler. Beltz & Gelberg. Weinheim/Basel 2008.

* * *

Wolfsgeheul und Spurensuche

"So", sagt Rossipotti, "jetzt aber Schluss mit aller Rührseligkeit. Lass uns einen kalten, harten, erbarmungslosen Winter zaubern, ohne weiteren Weihnachtsgefühle und Neujahrshoffnungen."

"Das einzige Buch, das mir dazu einfällt, ist die 'Belagerung' von Martin Baltscheit", sage ich. "Das pfeift auf jedes Geborgenheitsgefühl und ergeht sich geradezu in horrorhaften Beschreibungen und winterlicher Gräulichkeit. Aber das Buch haben wir ja leider schon vor einiger Zeit vorgestellt."

"War das das Buch mit den Wölfen?" fragt Rossipotti und fletscht mit den Zähnen.

"Ja", sage ich. "Und wenn ich mich recht erinnere, hast du das Buch anschließend zerfetzt und dir daraus ein leckeres Mahl bereitet."

"Stimmt", sagt Rossipotti und leckt sich das Maul, "es war zwar etwas stark gewürzt, aber ansonsten ganz hervorragend. A propos Wolf: Kennst du das Buch 'Wolfsgeheul und Spurensuche'?"

Ich nicke. Palmina hat es mir letzte Woche vorbei gebracht und mich gefragt, ob wir nicht Lust hätten, das Buch vorzustellen.

"Wie findest du es?" fragt Rossipotti gespannt.

Seit wann interessiert sich Rossipotti für meine Meinung? Sind das mit-tierische Gefühle oder will er mich aufs Glatteis führen?

"Es handelt auf jeden Fall nicht von einem harten, erbarmungslosen Winter", sage ich vorsichtig, "sondern vom beginnenden Wintereinbruch in der Mongolei. Obwohl die ersten Schneeflocken für den alten Schäfer und seine Enkelin natürlich auch schlimm sind. Denn wenn es nur noch ein paar Tage länger schneit, werden sie es nicht mehr über den Pass zu ihrem wärmeren Winterquartier schaffen. Insofern kann man natürlich auch von einem erbarmungslosen Winter reden."

"Du warst auch schon einmal besser in Form", sagt Rossipotti. "Was redest du von erbarmungslosen Wintern, wenn ich einfach deine Meinung zu dem Buch wissen will?"

"Ich dachte ... dachte, dass ..." stottere ich.
Bei Rossipotti weiß ich nie, woran ich bin. Nimmt er einen ernst oder macht er sich nur über einen lustig?

"Du dachtest, dass ich blind wie dieser Schäfer bin und nicht bemerke, dass du nur irgendetwas faselst, um deine Haut zu retten?"

???

"Du dachtest, dass ich wie die Wölfe in dem Buch auf deine Schläfrigkeit warte, um dann zuzuschnappen?"

"Möglich", sage ich.

"Du hältst mich für ein kaltes, hartes Krokodil, das ohne jedes Mitgefühl für einen in die Jahre gekommenen Fisch ist?"

"Wundert dich das denn?" gehe ich endlich in die Offensive. "Ist es denn nicht so, dass du mich ständig erbarmungslos kritisiert und herabsetzt?"

"Tue ich das?" fragt Rossipotti erstaunt. "Wann denn?"

Ich überlege fieberhaft, wann Rossipotti mich das letzte Mal beleidigt hat, aber mir fällt tatsächlich nichts ein. Ausgerechnet jetzt, da ich die einmalige Chance habe, Rossipotti einen Spiegel vorzuhalten, gleicht meine Erinnerung einem weißen Papier oder der endlosen mongolischen Steppe, auf der Galshan mit ihrem Großvater dahin reitet.

"Gut!" sagt Rossipotti. "Dann wäre das ja geklärt. Wie findest du jetzt das Buch?"

"Nicht schlecht", sage ich. "Das Buch fängt mit dem spurlosen Verschwinden von Galshans Vater schon einmal spannend an. Nach einer Fernreise verunglückt er mit seinem Lastwagen in den Bergen, aber seine Leiche wird nicht neben dem umgestürzten Lastwagen gefunden. Man ahnt deshalb von Anfang an, dass er immer noch lebt und von Galshan wieder gefunden wird. Trotzdem möchte man natürlich unbedingt wissen, wie und wo er die Monate in den kargen, unwirtlichen Bergen überlebt hat. - Bis man es erfährt, baut man mit Galshan entspannt einen Owoo für ihren Vater, das ist ein kultischer Steinhaufen an Wegkreuzungen oder Bergpässen, oder hört Geschichten über das frühere nomadische Leben der mongolischen Schäfer. Allerdings war ich vom Schluss enttäuscht. Er hat die Erwartungen, die der Roman aufgebaut hat, nicht erfüllt. Außerdem hat es mich auch sprachlich nicht vom Hocker gerissen. Es ist einfach ein nettes Lesebuch für die Abendstunden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger."

"Ein Buch, das man zwar gerne liest, das man aber auch schnell vergisst, wenn es nicht mehr auf dem Nachttisch liegt", fasst Rossipotti, hart, kalt und schonungslos zusammen. "Von was, sagtest du, handelt es nochmal?"

Xavier-Laurent Petit: Wolfsgeheul und Spurensuche. Aus dem Französischen von Anja Malich. Cecile Dressler Verlag. Hamburg 2008.

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Mach was im Winter

"Wenn ich mich jetzt nicht gleich bewege, falle ich noch in den Winterschlaf", sagt Rossipotti und versucht ohne jeden Erfolg seine rechte Pranke zu heben.

"Ich habe mich eh schon gewundert, wieso du im Winter nicht ein paar Monate schläfst", sage ich. "Andere Krokodile in kalten Regionen machen das doch auch!"

"Ich bin aber kein anderes, sondern ein modernes Krokodil!" sagt Rossipotti, "Ich lasse mich doch nicht von rein biologischen Tatsachen in die Ecke drängen. Die Menschen machen das übrigens auch nicht. Denke nur an die Raumfahrt: Wäre es den Menschen möglich gewesen, zum Mond zu fliegen, wenn sie 100% von der Schwerkraft überzeugt gewesen wären?"

"Da überlistet aber die Technik die Schwerkraft und nicht der Mensch selbst", sage ich.

"Das ist doch völlig egal", fährt mir Rossipotti über den Mund. "Was zählt ist das Ergebnis. Und das hat bei der Mondfahrt alles, was davor als richtig gegolten hat, über den Haufen geworfen."

"Trotzdem kannst du deine Pranke nicht mehr bewegen", sage ich. "Wissenschaftliche Errungenschaften hin oder her. Der Winterschlaf scheint dich doch eingeholt zu haben."

"Pah!" sagt Rossipotti. "Ich probiere mit meiner Pranke nur gerade die Kältelähmung aus. Das Experiment scheint auf jeden Fall sehr gut zu funktionieren!"

"Welches Experiment denn?"

"Das Experiment 'Kältelähmung' natürlich", sagt Rossipotti. "Ich habe es aus dem Buch 'Mach was im Winter'. Und bevor ich es den Kindern empfehlen kann, wollte ich ein paar Dinge vorher ausprobieren. Experiment 2 klappt auf jeden Fall, die Frage ist nur, wie ich die Kältelähmung wieder weg bekomme."

"Vielleicht steht in dem Buch etwas darüber?" frage ich und fische ein fast quadratisches blau-weißes Buch mit Schneemann auf dem Cover vom Boden.
Ich blättere in dem Buch und finde tolle Spiele für den Winter und viele interessante Basteltipps in dem Buch. Was hat es zum Beispiel mit der Schneekatze oder dem Eisvogel auf sich? Und die Idee mit der Eisskulptur liest sich auch spannend. Und da finde ich auch noch eine Geschenkidee für Alberts Geburtstag. Hat er sich nicht ein Briefpapier gewünscht?

"Hast du endlich etwas gefunden?" fragt Rossipotti. "Mein Arm fühlt sich schon ganz taub an!"

Oh! Rossipotti hatte ich ganz vergessen. Ich blättere schnell zu den Experimenten am Anfang des Buchs vor und schlage Rossipotti das erstbeste vor:
"Wie wäre es einfach mit dem 44. Experiment zur Kerzenhitze?"

"Ich bin doch keine Münze!" sagt Rossipotti empört. "In dem Experiment geht es doch um die Dehnung von Festkörpern bei Hitze und nicht um Ankokeln von Krokodilen! Gibt es in dem Buch nicht auch so etwas wie Schmelzen von Eis?"

"Du meinst das Herstellen von Streusalz?" frage ich. "Aber das ist in deinem Fall auch ungeeignet. Aber dieses Experiment hier bringt mich auf eine Idee!"

"Welches Experiment?" fragt Rossipotti. "Und auf welche Idee?"

"Warte einen Moment", sage ich, "ich bin gleich wieder da."

Ich verschwinde in den Nebenraum und hole aus dem Gefrierfach eine Tasse voll Eiswürfel. Kurze Zeit später bin ich wieder in Rossipottis Bibliothek und attackiere ihn mit den Eiswürfeln.

"Sag mal, spinnst du?" schreit Rossipotti und grapscht mich blitzschnell mit seiner angeblich tauben Pranke. "So steht das aber sicher nicht in dem Buch!"

"Das ist doch völlig egal", sage ich und glitsche ihm aus den Fingern. "Was zählt ist das Ergebnis. Und das hat gerade alles, was davor als richtig gegolten hat, über den Haufen geworfen: Du hast weder Probleme mit dem Winterschlaf, noch wolltest du das Experiment 'Kältelähmung' ausprobieren. Das einzige, was du wirklich wolltest, war, eine geeignete Einleitung für das Buch zu finden!"

Anita van Saan/Tom Dahlke: Mach was im Winter. 222 Experimente, Spiele und Bastelideen. moses Verlag. Kempen 2008.

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Der 29. Februar

"Das Schöne am Winter ist, dass danach der Frühling beginnt", sagt Rossipotti. "Und deshalb liebe ich den 29. Februar. Denn je mehr Tage der Winter hat, umso größer die Vorfreude auf den Frühling."

"Ich glaube, dass dir der Schalttag aus einem ganz anderen Grund gefällt", sage ich.

"Warum denn?" fragt Rossipotti.

"Wegen einer kleinen, schönen, zarten Prinzessin", versuche ich Rossipotti aufzuziehen.

"Seit wann mache ich mir etwas aus Prinzessinnen?" grunzt Rossipotti. "Und wenn, dann müssen sie nicht zart und klein, sondern mutig, klug und so robust sein, dass ich in sie hinein beißen kann ohne dass sie aufschreien."

"Und was macht dann das Hörspiel von dem '29. Februar' unter deinem Kopfkissen?"

"Erstens finde ich es unmöglich, dass du hinter mir her schnüffelst", sagt Rossipotti, "und zweitens bist du trotzdem auf dem Holzweg. Ich mache mir nämlich nichts aus Prinzessinen, sondern aus Günter Eich!"

"Günter Eich!" sage ich überrascht, "seit wann interessierst du dich für Hörspiele und Lyrik für Erwachsene?"

"Schon immer", behauptet Rossipotti. "Glaubst du, dass ich sonst ein Magazin für Kinder herausgeben könnte? Günter Eich mag ich übrigens wegen einer einzigen Gedichtzeile: Als ich das Fenster öffnete/schwammen Fische ins Zimmer ..."

"Heringe. Es schien/eben ein Schwarm vorüberzuziehen", zitiere ich Eichs Gedicht weiter. Wie Rossipotti liebe ich diese Zeile. Ich werde Günter Eich ewig dankbar sein, dass er darin Heringe und nicht etwa diese aufgeblasene Karpfen verewigte.

"Wenn du Eich so gut kennst", sagt Rossipotti, "weißt du sicher auch, dass er Hörspiele für Kinder geschrieben hat. Unter anderem die 'Glücksschuhe' und den '29. Februar'."

Nein. Das ist mir neu.

"Übrigens mag ich das Hörspiel wirklich nicht wegen der Prinzessin", sagt Rossipotti. "Sie ist zwar allerliebst und spricht mit Sonne und Mond wie es sich für eine echte Märchenprinzessin gehört, aber die Stiefmutter, die sich in ein Wildschwein verwandelt, hat doch mehr Klasse."

"Wie sind wir eigentlich nochmal auf Günter Eich gekommen?" frage ich. Irgendwie habe ich während unserer Unterhaltung den Faden verloren.

"Wegen dem 29. Februar!" sagt Rossipotti. "Weil es schön ist, dass es so etwas Verrücktes wie den Schalttag gibt und weil Günter Eich ein Hörspiel gleichen Namens geschrieben hat, in dem ein Königin zum Wildschwein und eine Prinzessin zum 29. Februar wird."

Günter Eich: Der 29. Februar. In: Die Glückschuhe/Der 29.Februar. Hörbuch für Kinder. Bayrischer Rundfunk 1984. terzio Verlag. München 2007.

 

Lieblingsbuch

vorgestellt von Helma Hörath

Jahrestage … Jahrestage

Eigentlich ein seltsames Wort: Jah-res-tag. Jahr oder Tag? Tag oder Jahr? Das sind doch ganz unterschiedliche Zeitabläufe. Klar, ein Jahr hat 365 Tage. Jahrestag? Vielleicht ein Tag, an dem Ostern und Weihnachten zusammenfallen? Nein, Scherz beiseite. Bei diesem Begriff geht es um einen ganz besonderen Tag, der in einem Jahr nur ein einziges Mal wiederkehrt. Geburtstage sind solche Jahrestage, aber auch bestimmte gesellschaftliche Gedenktage oder auch Feste wie Silvester.
Aber wann ist denn eigentlich Silvester?
Blöde Frage, wirst du bestimmt denken. Denn natürlich hast du mit deinen Eltern und Geschwistern das neue Jahr wie immer in der Nacht des 1. Januars begrüßt. Auch für mich begann das Jahr 2009 an diesem Tag. Und das kommende Jahr 2010 wird dann auch seinen Anfang nehmen. Doch vor langer, langer Zeit gab es Kalender, die das Jahr anders einteilten. Danach wurde unter anderem der letzte Tag des Jahres auf den 24. Dezember angesetzt.
Das Jahresende mit dem Namen Silvester zu benennen, geht zum Einen auf das 16. Jahrhundert und zum Zweiten auf den Tod des Papstes Silvester am 31. Dezember 335 zurück. Im Jahr 1582 führte der Papst Gregor XIII. einen neuen Kalender ein und dabei bekam der letzte Tag den Namen Silvester. Der Papst löste damit nach so langer Zeit den von dem Römischen Herrscher Julius Cäsar begründeten Kalender ab. Das war natürlich nur in der christlichen Welt.
Es gibt Völker, die noch heute mit Festen und Feiern an noch viel ältere Zeitenrechnungen erinnern. So zum Beispiel in Asien. Weit im Osten sind das zum Beispiel die Chinesen und die Vietnamesen. Ihr traditionelles Neujahr steigt seit Urzeiten immer am zweiten Neumond nach der Sonnenwende (21./22. Dezember - Wintersonnenwende genannt auf der Nordhalbkugel, Sommersonnenwende genannt auf der Südhalbkugel). In diesem Jahr war das der 25. Januar. Wenn du in Berlin wohnst, hast du vielleicht sogar die Feierlichkeiten zum chinesischen Frühlingsfest erlebt (unter diesem Namen wird offiziell der alte Jahrestag gefeiert, denn natürlich wechselt auch der chinesische Staat mit der ganzen Welt am 1. Januar ins neue Jahr). Im Berliner Hauptbahnhof traten an diesen Tag viele chinesische Künstler auf, mit Masken, Gesang und Drachentanz.

 

Masken im Alpenraum

Aber auch in unserer europäischen Nähe gibt es Menschen, die von alten Traditionen nicht lassen können. So begehen zum Beispiel die Schweizer, die im Appenzeller Hinterland leben, Jahr für Jahr zweimal Silvester. Wer wie die Appenzeller den Gregorianischen Kalender nicht annehmen wollte, feierte den letzten Tag des Jahres nach alter Sitte und dem Julianischen Kalender am 13. Januar. Das wurde - für uns im Januar 2009 kaum zu glauben - bis ins 19. Jahrhundert so zelebriert. Heute im 21. Jahrhundert nutzen die Menschen beide Tage zum Feiern. Ihre Silvesterkläuse, die entweder in Trachten mit rosigen Gesichtslarven oder mit dicht von Tannenzweigen behangenen Gewändern bekleidet sind, gehen am neuen und alten Jahresanfang von Haus zu Haus. An diesen Brauch wurde ich vor ein Paar Tagen erinnert, als ich meine Post aus dem Briefkasten nahm. Meine Schweizer Freunde schickten mir Fotos vom diesjährigen Rundgang der wunderschön anzusehenden Masken, die als Gruppe die Bezeichnung Klausschuppel haben.
In den althergebrachten bäuerlichen Frauen- oder Männertrachten und unter ihren auch mit Bart sehr weiblich wirkenden Pappmachémasken dieser Kläuse stecken nur Männer. Und das ist nicht verwunderlich. Die riesigen Metallschellen, die sie auf dem Rücken und vor der Brust tragen, wiegen bis zu 30 Kilogramm. Auch ihre weithin sichtbaren Hüte sind nicht gerade leicht. Auf ihren Köpfen thronen große, flache, rechteckige und farbenfroh bemalte Holzhüte, an den Seiten oder auf der unteren Fläche verziert mit Tausenden von Glaskügelchen, bunten Kordeln, Metallfolien und Silberpapier. Oben auf dieser Kopfbedeckung zeigen sorgfältig geschnitzte Figürchen Szenen aus dem dörflichen Leben oder du kannst Handwerker bei der Arbeit sehen.
In der Morgendämmerung ziehen diese Klausschuppel durchs Land und machen einen fürchterlichen Lärm mit Kuhglocken und Schellen, bis die Bewohner eines Hauses herauskommen. Mit einem mehrstimmigen Jodelgesang und einem kräftigen Händedruck wünschen sie ihnen ein gutes Jahr und erhalten dafür als Dank ein wärmendes Getränk.
Ich war von den Fotos, die meine Freunde am 13. Januar 2009 in Außerrhoden, einem Gebiet des deutschsprachigen Appenzellerlandes, machten, so fasziniert, dass ich mehr über diese Tradition wissen wollte. In meiner Leihbibliothek fand ich zum Thema Masken leider kein Kinderbuch. Das ist nicht ganz richtig. Es gibt viele, viele Bücher mit Anregungen zum Basteln und zum Schminken von Masken. Ich suchte aber ein Buch zur historischen Entwicklung von Maskentraditionen in den südlichen Gebirgszonen Europas. Und dann sollte es natürlich auch noch für Kinder sein. Die Bibliothekarin bemerkte meine Verzweiflung und empfahl mir dann ein Sachbuch für Erwachsene. Du solltest es dir trotzdem mal ansehen, schon wegen der tollen Fotos. Natürlich kannst du auch versuchen, den Text zu lesen. Vielleicht helfen dir deine großen Geschwister oder deine Eltern beim Verstehen des Inhalts.

Clemens Zerling/Christian Schweiger: Masken im Alpenraum. Leopold Stocker Verlag. Graz - Stuttgart 2005.

 

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Schweizer Masken

Wo die Wurzeln für diese Bräuche in der kalten, dunklen Jahreszeit liegen, das weiß man nicht so ganz genau. Wahrscheinlich haben sie ihren Ursprung weit vor der christlichen Kultur. Vermutlich knüpfen sie an die Winteraustreibung an, mit der schon die Volksstämme der Kelten und Germanen ihre Sehnsucht nach der Wärme und dem Licht der Sonne ausdrückten und sich den neues Leben spendenden Frühling und den Sommer mit seinen Früchten schneller herbeizaubern wollten. Eine andere Deutung besagt folgendes: Mit dem Maskentanz wollten die Menschen erreichen, dass das Angsteinflößende in ihrem Leben gebannt wird. Und mit ihrem Austoben wollten sie die nicht sichtbare, nicht greifbare und doch täglich spürbare Gefahr einfach wegstampfen.
Bei diesen Zeremonien vergewisserten sich die Menschen der Hilfe von Naturkräften und von Figuren aus der geheimen "Anderswelt". Sie baten aber auch die Ahnen ihres Stammes und verstorbene Familienmitglieder um Hilfe. Darum zeigen die Masken neben Fabelgeistern oft Greisengesichter, wie du sie hier siehst. Die Designerin Maria Hein fand sie in dem alten Buch "Schweizer Masken" von Karl Meuli und bearbeitete sie mit grafischen Mitteln am Computer für eine Ausstellung, die während der letzten Berliner Märchentage gezeigt wurde.


Fotos bearbeitet von Maria Hein

Masken spielen bei allen Völkern und in allen Zeiten eine Rolle. Das lässt sich in Europa, aber natürlich besonders auch in Afrika, Asien und Amerika nachweisen. Bei vielen archäologischen Ausgrabungen wurden Masken gefunden, von denen wir manchmal nur ahnen können, wofür sie einstmals den Menschen gedient haben können.

Der Begriff der Maske leitet sich von dem arabischen Wort maskharat ab, was so viel bedeutet wie Narr, Posse, Hänselei oder Scherz. (Eine Posse ist ein Bühnenstück, das durch Verwechslungen, ulkige Zufälle und unwahrscheinliche Übertreibungen die Zuschauer zum Lachen bringt.)
Die Maske ist eine Gesichtsbedeckung mit unterschiedlichen Aufgaben. Sie schützt das Gesicht, verbirgt aber auch das wahre Aussehen. Mit Hilfe der Maske verwandelt sich der Träger in die dargestellte Figur. Sie ermöglicht ihm, neue soziale Rollen zu übernehmen.

Karl Meuli: Schweizer Masken. Atlantis Verlag. Zürich 1943.

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Die fünfte Jahreszeit klopft an die Tür

Verkleiden macht Spaß, riesigen Spaß. Als kleines Mädchen spielte ich immer die Tante aus Amerika. Das weiß ich so genau, weil es davon Fotos gibt. Ich zog Rock, Bluse und Hackenschuhe meiner Mutter an, hängte mir eine Gardine um die Schulter und nahm aus meiner Handtasche Münzen, die ich mildtätig verschenkte.
Man schlüpft nicht nur in ein Kostüm, sondern für eine bestimmte Zeit auch in ein anderes Leben, in dem man ganz ausgelassen alles tun darf, was sonst vielleicht verboten, nicht erlaubt oder aus bestimmten Gründen nicht möglich ist. Dass das Verkleiden nicht nur ein Kinderspiel ist, sondern von zahlreichen Erwachsenen auch in Deutschland mindestens einmal im Jahr praktiziert wird, davon erzählt der Monat Februar.
Wenn du in Süddeutschland lebst, dann weißt du natürlich sofort, was damit gemeint ist. Bist du mehr ein Nordlicht, dann brauchst du eventuell - aber nur eventuell - eine kleine Hilfestellung von mir. Aber auch dort wird, in den letzten Jahren zunehmend, im Februar nur ein Fest gefeiert. Ja, natürlich, du liegst völlig richtig. Ich spreche vom Karneval oder Fasching.
Als Karneval, Fastnacht oder Fasching (auch fünfte Jahreszeit) bezeichnet man verschiedene Bräuche, um die Tage vor dem Aschermittwoch in Fröhlichkeit und mit lustigem Straßentreiben zu verbringen. Ihre Wurzeln hat diese Tradition aus einer Verbindung von Winteraustreibung der vorchristlichen Menschen mit der Fastenzeit der Christen. Und damit sind wir doch schon fast wieder bei den Schweizer Silvesterkläusen angelangt.
In einzelnen katholischen Regionen (und darum nicht oder nur vereinzelt in den nördlichen evangelischen Landesteilen Deutschlands) setzten sich bestimmte Traditionen durch, was sogar von Stadt zu Stadt variieren kann. Du hast so etwas sicherlich schon mal über Köln und Düsseldorf gehört.
Eine Stadt, in der der Februar vor allem vom Treiben der Masken bestimmt wird, ist die italienische Stadt Venedig. Schon im 11. Jahrhundert war sie berühmt für ihren Karneval. Diese Bezeichnung hat wörtlich etwas mit der Fastenzeit der Katholiken zu tun. Denn diese beiden lateinischen Worte "Carne vale" lauten im Deutschen "Fleisch, lebe wohl!". Irgendein Spaßvogel - vielleicht war es auch ein Händler oder Gaststättenbesitzer, der die kommenden schlechten Einnahmen schon vorher ausgleichen wollte - muss auf die Idee gekommen sein, dass die Menschen vor dem damals siebenwöchigen Fasten noch einmal so richtig "auf die Pauke" hauen und sich mit ausgiebigen Ess- und Trinkgelagen auf die Wochen des Darbens vorbereiten sollten. Im 17. /18. Jahrhundert war das Treiben der Venezianer im Karneval so ausschweifend, dass er verboten wurde. Erst 1978 wurde er erneut aus der Taufe gehoben und ist seitdem ein internationales Massenereignis.
Alles das, was ich dir gerade erzähl habe, lernte ich beim Lesen meiner letzten Buchempfehlung:

 

Der Dieb mit der roten Maske

Chiara und Federico, beide 12 Jahre alt, wohnen in Venedig. Sie sind gerade im Stadtteil Santa Croce unterwegs. Wenn du eine besondere Karnevalsmaske suchst, dann wirst du in einem dieser Geschäfte ganz sicher eine solche finden. Bei Chiara war es so. Sie ist überglücklich mit ihrer blauen Maske, die statt Haare große gelbe, weit schwingende Federn hat. Nun kann die Karnevalsparty in der Schule steigen. Federico ist ganz sicher, dass seine Freundin der Star der Feier werden wird. Sie unterhalten sich über den mysteriösen Dieb, der seit ein paar Wochen sein Unwesen in der Stadt treiben. Da er nicht zu fassen ist, geben ihm die Venezianer den Beinamen die Spinne. Zufällig beobachten Chiara und Federico eine rote Maske, die über die Dächer huscht. Gewand wie eine Katze gleitet sie am Regenrohr eines leerstehenden Hauses hinunter und verschwindet in einem offenen Fenster. Sollte das etwa die Spinne sein?
Als die beiden Kinder Chiaras Vater von ihren Beobachtungen erzählen wollen, schickt er sie völlig genervt weg. Er hat schließlich Wichtigeres zu tun, als sich die Fantasien der Kinder anzuhören. Er bereitet zur Zeit in seinem Glasgeschäft eine Ausstellung mit schönen und wertvollen alten, aber auch neuen Dingen aus Glas vor. In den Vitrinen können mehrfarbige Weinkelche bewundert werden, hauchzart gearbeitete Schmetterlinge, Schmuckstücke aus Glas und vieles mehr. Aber die Spezialvitrine für das teuerste und interessanteste Ausstellungsstück, eine wunderschöne Maske und Arbeit des berühmten Glaskünstlers Angelo Barovier aus dem 15. Jahrhundert, war noch nicht eingetroffen. Und deswegen ist Chiaras Vater mit den Nerven völlig fertig. Die Ausstellungseröffnung wird doch schon am nächsten Abend sein und es gibt noch jede Menge zu tun. Und alle Gegenstände im Laden müssen doppelt und dreifach gesichert sein. Die Kinder müssen allein herausfinden, warum sich diese Person mit der roten Maske auf dem Dach des Hauses neben dem Glasgeschäft herumtreibt.
Sicherlich ahnst du es schon, es ist der Dieb und abgesehen hat er es natürlich auf das kostbarste Ausstellungsstücke, die geheimnisvolle Maske mit den blauen Augen. Mutig nehmen Chiara und Federico die Verfolgung des maskierten Diebes auf, der ihnen wegen seiner großen sportlichen Gewandtheit und seiner unauffälligen Tarnung - schließlich ist gerade Karneval in Venedig und hunderte von roten Masken laufen über den Markusplatz - immer wieder entkommt. Ob Chiara und Federico die rote Maske enttarnen können? Das bleibt hier in meinem Manuskript noch eine offene Frage.
In diesem Ratekrimi gibt es spannende Sachinformationen und Rätsel (übrigens auch eine Auflösungsseite) sowie viele wissenswerte Angaben über landestypische Besonderheiten Italiens. In einem Glossar, einer Wortliste, werden alle italienischen Ausdrücke übersetzt und erklärt. Und wenn du mit deinen Freundinnen und Freunden auch eine kleine Faschingsfeier veranstalten willst, dann kannst du ihnen ein "Risi e Bisi" zubereiten. Das Rezept findest du auch bei Chiara und Federico.

Fabian Lenk: Der Dieb mit der roten Maske. Ein Ratekrimi aus Italien. Mit Illustrationen von Anne Wöstheinrich. Loewe Verlag. Bindlach 2007.

 

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sehen - finden - machen. Das Werkstattbuch für Kinder

Ich hoffe, dass ich dich nicht nur neugierig auf die von mir ausgewählten Bücher gemacht habe, sondern dass du aus den Geschichten auch Anregungen für die nächste Faschingsfeier erhalten hast. Übrigens, auch die Karnevalstage sind solche Jahrestage, die aber nicht immer auf das gleiche Datum entfallen. Die Daten der drei turbulenten Tage wechseln. Das liegt an den Mondphasen, nach denen sie berechnet werden. In diesem Jahr liegt dieses Fest ziemlich spät. So hast du noch etwas Zeit für deine persönlichen Vorbereitung, was Larve, Maske und Kostüm angehen.

Gerade in diesem Augenblick klingelt es an meiner Wohnungstür. Unsere Postfrau bringt mir endlich das letzte, schon vor zwei Wochen bestellte Buch, das ich bei meiner Planung für diesen Artikel berücksichtigt hatte. Ich mache es auch ganz kurz. Es ist ein Werkstattbuch mit vielen tollen Anregungen für kreative Beschäftigungen, u.a. für das Herstellen von fantasievollen Masken, also passend zum bevorstehenden Karneval. Wenn ich dein Interesse geweckt habe, dann solltest du es dir in deiner Kinderbibliothek ausleihen. Das Buch kostet über 20 Euro. Sollte es dir gefallen, dann kannst du es dir vielleicht zu deinem nächsten Jahrestag (wann und was das auch immer sein kann: erste Zahnlücke, erster Sprung vom 3-Meter-Brett, erstes Solo beim Chorauftritt …) wünschen.

Eva Hauck/Claudia Huboi: sehen - finden - machen. Das Werkstattbuch für Kinder. Haupt Verlag. Bern 2008.

Ach, übrigens, am 25. Februar 2009, dem diesjährigen Aschermittwoch, ist wie immer alles vorbei. Aber zuvor wünsche ich dir spannende Lese- und ausgelassene Faschingsstunden.

Deine Helma

 

 

 
 © Rossipotti No. 18, Juni 2008