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Rossipottis Leibspeise
und andere Lieblingsbücher
Rossipottis Leibspeise
Lieblingsbuch
vorgestellt von Helma Hörath
* * *
Die schönsten Weihnachtsgeschichten
Rossipotti sitzt seit über einer Stunde auf seinem roten Sofa
und blättert mit gerunzelter Stirn in einem Kalender. Immer
wieder markiert er einzelne Tage mit dem Bleistift und grunzt unzufrieden.
"Sag mal, was machst du da eigentlich?" frage ich nach
einer Weile. Das Blättern und Grunzen macht mich ganz nervös.
"Ich zähle die Wintertage", sagt Rossipotti. "Aber
irgendetwas stimmt mit diesem Kalender nicht."
"Was denn?"
"Der Winter ist zu lang", sagt Rossipotti. "In diesem
Kalender von 2008 hat der Winter genau 92 Tage. Da wir ein Schaltjahr
hatten, können wir zwar einen Tag abziehen, aber dann kommen
wir immer noch auf 91 Tage."
"Das stimmt doch auch", sage ich. "Wie jede Jahreszeit
ist der Winter ungefähr 3 Monate lang. Jeder Monat hat plus
minus 30 Tage. Und das mal drei kann gut 91 geben."
"Eben nicht!" beharrt Rossipotti. "Der Winter hat
als einzige Jahreszeit höchstens 45 Tage."
"Aber warum denn?"
Rossipotti zeigt auf einen hohen Stapel Bücher und sagt: "Das
hier ist der Stapel mit den Adventsgeschichten, Nikolausgeschichten,
Weihnachtsgeschichten und Silvestergeschichten ..." dann zeigt
er auf einen kleinen Stapel Bücher und fährt fort: "...
und das hier sind die Bücher zum Thema Fasching, Winter und
Kälte!"
"Aha", sage ich und überlege mir, ob Rossipotti
neben dem meteorologischen Winter, der schon am 1. Dezember, und
dem astronomischen Winter, der erst am 21. Dezember beginnt, auch
noch den gefühlten Winter einführen will.
"Was heißt hier 'Aha'?!" fährt mich Rossipotti
an. "Findest du nicht, dass das ein Skandal ist?"
"Was denn für ein Skandal?" frage ich ahnungslos.
"Dass der Kalender lügt!" sagt Rossipotti und rollt
mit den Augen. "Vom 1. Advent bis zum Neujahrstag plus ein
paar Tagen Fasching und Wintertagen sind es höchstens 45 und
keine 91 Tage!"
"Der Kalender lügt sicher nicht", stelle ich sachlich
fest. "Viel eher die Verlage und Autoren. Wahrscheinlich lassen
sie die unfestlichen trüben, dunklen Wintertage einfach aus,
damit sie keine Depressionen kriegen."
Rossipotti sieht mich misstrauisch an und scheint sich tatsächlich
zu überlegen, wie weit und ob man überhaupt meinem Urteil
über Autoren und Verlagen trauen kann.
"Was würdest du denn schreiben, wenn du eine Wintergeschichte
schreiben müsstest?" frage ich. "Würdest du
nicht auch viel lieber eine weihnachtliche Geschichte als eine reine
Wintergeschichte schreiben?"
"Ach was!" wiegelt Rossipotti ab. "Ich würde
natürlich nicht über Weihnachten, sondern über ein
Krokodil im Winter schreiben. Hm. Zum Beispiel über ein Krokodil,
das vor Jägern nach Grönland flieht und dort im Eis feststecken
bleibt. Ja, das ist gut! Wegen der Kälte fällt das Krokodil
in den Winterschlaf und hat einen bizarren Traum ... "
"Doch leider wacht das Krokodil aus dem Traum nicht mehr auf,
weil es fernab der Heimat erfriert!" unterbreche ich Rossipottis
Geschichte.
"Von wegen!" faucht Rossipotti. "Mein Krokodil stirbt
doch nicht! Es wird selbstverständlich von einem Inuit gerettet,
der eigentlich eine Seerobbe erlegen wollte. Der Inuit freundet
sich mit dem Krokodil an und schenkt ihm sogar ein Eisbärfell!"
"Und schon sind wir wieder bei einer rührenden Weihnachtsgeschichte!"
sage ich. "Wintergeschichten scheinen einfach meistens auf
Weihnachtsgeschichten hinauszulaufen. Wenn du sie jetzt noch literarisch
anspruchsvoll und spannend schreibst, nimmt sie Peter Härtling
vielleicht sogar in seine Sammlung der liebsten Weihnachtsgeschichten
auf."
"Welche Sammlung?" fragt Rossipotti interessiert. "Und
woher kennst du die persönliche Bibliothek von Peter Härtling?"
"Die kam doch erst kürzlich beim Aufbau Verlag heraus",
sage ich und wundere mich, dass ausgerechnet dieser schöne
Band Rossipotti durch die Lappen gegangen ist und nicht unter seinem
hohen Stapel liegt. "In dem Buch stehen über 70 Geschichten
und Gedichte von Weihnachtsmännern, Weihnachtsengeln, Krippengeschichten
und gelungenen und missratenen Weihnachtsfesten."
"Sind die Texte gut?" fragt Rossipotti neugierig. "Oder
sind sie wieder der übliche Adventsschnickschnack?"
"Schnickschnack ganz sicher nicht", sage ich. "Peter
Härtling hat sich an der biblischen Weihnachtsgeschichte orientiert
und in erster Linie ernste und besinnliche Texte ausgesucht. Es
sind viele ältere Texte dabei, auch von Autoren, die eigentlich
für Erwachsene geschrieben haben, wie Anton Tschechow, Heinrich
Heine oder Agatha Christie. Daneben hat Peter Härtling allerdings
auch ein paar neuere Texte ausgesucht, zum Beispiel von Cornelia
Funke oder Martin Baltscheit."
"Wirkt das Buch insgesamt nicht doch etwas trocken und altbacken?"
fragt Rossipotti.
"Kaum", entscheide ich. "Dafür sind die einzelnen
Geschichten einfach zu gut, und außerdem hat Philipp Wächter
das Buch mit seinem frischen, flotten Strich illustriert."
"Dann ist es also viel mehr eine Fundgrube?" meint Rossipotti
und sieht mich seltsam milde gestimmt an.
"Eine Fundgrube sicher!" sage ich und füge nachdenklich
hinzu: "Zumindest für die, für die Weihnachten noch
Weihnachten ist."
Peter Härtling (Hrsg.): Die schönsten
Weihnachtsgeschichten. Aufbau Verlagsgruppe. Berlin 2008.
* * *
Wintereis
"Vielleicht hast du recht und Wintergeschichten
werden automatisch häufig zu Weihnachtsgeschichten", knüpft
Rossipotti an unsere vorige Unterhaltung an. "Einfach deshalb,
weil sie von Kälte und Einsamkeit und der Suche nach einem
warmen Ofen erzählen."
"Umgekehrt verbinden wir Weihnachtsgeschichte
dagegen häufig mit Winter, Dunkelheit und einem plötzlichen
Licht, das uns durch die Dunkelheit leitet", setze ich Rossipottis
Gedanken fort.
"Insofern interessieren wir uns bei der Weihnachtsgeschichte
vielleicht nur deshalb so sehr für den Stall und die Krippe,
weil Weihnachten im Winter ist", überlegt Rossipotti.
"Im Sommer würde uns wahrscheinlich viel mehr der Ritt
nach Bethlehem und seine Gefahren interessieren."
"Stimmt", verfolge ich Rossipottis Gedanken
und wundere mich gleichzeitig, wie einmütig wir heute hier
zusammen sitzen. "Im Sommer würden aus den heimeligen
Krippenspielen plötzlich Abenteuerstücke, in denen Gott
die schwangere, aber furchtlose Maria vor Banditen und Wegelagerern
beschützt."
"Und stelle dir Weihnachten erst im Frühling
vor", sagt Rossipotti begeistert. "Dann wäre die
Geburt des Babys, sein Wachsen und Werden, das eigentliche Hauptthema
und nicht die unleidige Suche mittelloser Menschen nach einem Schlafplatz."
"Ja, wenn ...", sage ich und vor meinem
inneren Auge leuchtet ein Fest, das nur der Entstehung des Lebens
huldigt, frei vom Ballast von Schuld und Sühne.
"Weihnachten ist aber nunmal im Winter",
holt mich Rossipotti aus meinen Träumen zurück. "Lass
uns einfach das Beste daraus machen."
"Und das wäre?" frage ich. "Einen
Stall bauen?"
"So ähnlich", sagt Rossipotti. "Lass
uns ein Winterbuch vorstellen, das einem in der kalten Zeit einen
Unterstand bietet."
"Hägar der Schreckliche", sage ich
und komme mir dabei fast witzig vor.
"Im Ernst", sagt Rossipotti. "Fällt
dir dazu ein Titel ein, der nicht kitschig oder nur oberflächlich
packend ist?"
"Wintereis", überlege ich. "Das
ist ein Buch über die Nachkriegszeit in den Niederlanden. Ein
zwölfjähriger Junge freundet sich mit seinem jüdischen
Klassenkameraden und dessen Cousine an ..."
"Ich habe das Buch gelesen", sagt Rossipotti,
"und es passt wirklich hervorragend hier her. Es ist überhaupt
nicht aufdringlich, und die Freundschaft zwischen den Kindern wird
sehr sensibel und glaubhaft beschrieben. Die Geschichte spielt übrigens
1947 in Amsterdam. Es ist so kalt, dass die ganzen Flüsse und
Seen zugefroren sind. Thomas ist Halbwaise und sein Vater ein mittelloser
Schriftsteller, der auf die Kohlen- und Essensspenden seiner Schwägerin
angewiesen ist. Alles ist ziemlich trostlos, bis Thomas den Vollwaisen
Piet Zwaan und dessen Cousine Bet kennen lernt. Als Thomas' Vater
zu den verhassten 'Moffen' nach Deutschland fährt, um dort
bei den britischen Besatzern sein Brot zu verdienen, zieht Thomas
zu den Zwaans in eine schöne große, warme Wohnung. Dort
ahnt Thomas allerdings bald, dass die Zwaans mit einer anderen Art
'Wintereis' zu kämpfen haben und die halbjüdische Familie
ein dunkles, unausgesprochenes Geheimnis niederdrückt. Doch
es dauert noch den ganzen Winter lang, bis Thomas von Zwaan und
Bet als echter Freund anerkannt wird. Und dann endlich tasten sie
sich ganz vorsichtig an das Geheimnis heran und bringen sogar das
Eis zum Schmelzen."
"Sag mal, wem erzählst du das eigentlich
alles?" frage ich erstaunt. "Ich kenne das Buch doch schon."
"Den Kindern natürlich", sagt Rossipotti.
"Oder sind wir noch gar nicht auf Sendung?"
Peter van Gestel: Wintereis. Deutsch
von Mirijam Pressler. Beltz & Gelberg. Weinheim/Basel 2008.
* * *
Wolfsgeheul und Spurensuche
"So", sagt Rossipotti, "jetzt aber
Schluss mit aller Rührseligkeit. Lass uns einen kalten, harten,
erbarmungslosen Winter zaubern, ohne weiteren Weihnachtsgefühle
und Neujahrshoffnungen."
"Das einzige Buch, das mir dazu einfällt,
ist die 'Belagerung' von Martin Baltscheit", sage ich. "Das
pfeift auf jedes Geborgenheitsgefühl und ergeht sich geradezu
in horrorhaften Beschreibungen und winterlicher Gräulichkeit.
Aber das Buch haben wir ja leider schon vor einiger Zeit vorgestellt."
"War das das Buch mit den Wölfen?"
fragt Rossipotti und fletscht mit den Zähnen.
"Ja", sage ich. "Und wenn ich mich
recht erinnere, hast du das Buch anschließend zerfetzt und
dir daraus ein leckeres Mahl bereitet."
"Stimmt", sagt Rossipotti und leckt sich
das Maul, "es war zwar etwas stark gewürzt, aber ansonsten
ganz hervorragend. A propos Wolf: Kennst du das Buch 'Wolfsgeheul
und Spurensuche'?"
Ich nicke. Palmina hat es mir letzte Woche vorbei
gebracht und mich gefragt, ob wir nicht Lust hätten, das Buch
vorzustellen.
"Wie findest du es?" fragt Rossipotti gespannt.
Seit wann interessiert sich Rossipotti für meine
Meinung? Sind das mit-tierische Gefühle oder will er mich aufs
Glatteis führen?
"Es handelt auf jeden Fall nicht von einem harten,
erbarmungslosen Winter", sage ich vorsichtig, "sondern
vom beginnenden Wintereinbruch in der Mongolei. Obwohl die ersten
Schneeflocken für den alten Schäfer und seine Enkelin
natürlich auch schlimm sind. Denn wenn es nur noch ein paar
Tage länger schneit, werden sie es nicht mehr über den
Pass zu ihrem wärmeren Winterquartier schaffen. Insofern kann
man natürlich auch von einem erbarmungslosen Winter reden."
"Du warst auch schon einmal besser in Form",
sagt Rossipotti. "Was redest du von erbarmungslosen Wintern,
wenn ich einfach deine Meinung zu dem Buch wissen will?"
"Ich dachte ... dachte, dass ..." stottere
ich.
Bei Rossipotti weiß ich nie, woran ich bin. Nimmt er einen
ernst oder macht er sich nur über einen lustig?
"Du dachtest, dass ich blind wie dieser Schäfer
bin und nicht bemerke, dass du nur irgendetwas faselst, um deine
Haut zu retten?"
???
"Du dachtest, dass ich wie die Wölfe in
dem Buch auf deine Schläfrigkeit warte, um dann zuzuschnappen?"
"Möglich", sage ich.
"Du hältst mich für ein kaltes, hartes
Krokodil, das ohne jedes Mitgefühl für einen in die Jahre
gekommenen Fisch ist?"
"Wundert dich das denn?" gehe ich endlich
in die Offensive. "Ist es denn nicht so, dass du mich ständig
erbarmungslos kritisiert und herabsetzt?"
"Tue ich das?" fragt Rossipotti erstaunt.
"Wann denn?"
Ich überlege fieberhaft, wann Rossipotti mich
das letzte Mal beleidigt hat, aber mir fällt tatsächlich
nichts ein. Ausgerechnet jetzt, da ich die einmalige Chance habe,
Rossipotti einen Spiegel vorzuhalten, gleicht meine Erinnerung einem
weißen Papier oder der endlosen mongolischen Steppe, auf der
Galshan mit ihrem Großvater dahin reitet.
"Gut!" sagt Rossipotti. "Dann wäre
das ja geklärt. Wie findest du jetzt das Buch?"
"Nicht schlecht", sage ich. "Das Buch
fängt mit dem spurlosen Verschwinden von Galshans Vater schon
einmal spannend an. Nach einer Fernreise verunglückt er mit
seinem Lastwagen in den Bergen, aber seine Leiche wird nicht neben
dem umgestürzten Lastwagen gefunden. Man ahnt deshalb von Anfang
an, dass er immer noch lebt und von Galshan wieder gefunden wird.
Trotzdem möchte man natürlich unbedingt wissen, wie und
wo er die Monate in den kargen, unwirtlichen Bergen überlebt
hat. - Bis man es erfährt, baut man mit Galshan entspannt einen
Owoo für ihren Vater, das ist ein kultischer Steinhaufen an
Wegkreuzungen oder Bergpässen, oder hört Geschichten über
das frühere nomadische Leben der mongolischen Schäfer.
Allerdings war ich vom Schluss enttäuscht. Er hat die Erwartungen,
die der Roman aufgebaut hat, nicht erfüllt. Außerdem
hat es mich auch sprachlich nicht vom Hocker gerissen. Es ist einfach
ein nettes Lesebuch für die Abendstunden. Nicht mehr, aber
auch nicht weniger."
"Ein Buch, das man zwar gerne liest, das man
aber auch schnell vergisst, wenn es nicht mehr auf dem Nachttisch
liegt", fasst Rossipotti, hart, kalt und schonungslos zusammen.
"Von was, sagtest du, handelt es nochmal?"
Xavier-Laurent Petit:
Wolfsgeheul und Spurensuche. Aus dem Französischen von Anja
Malich. Cecile Dressler Verlag. Hamburg 2008.
* * *
Mach was im Winter
"Wenn ich mich jetzt nicht gleich bewege, falle ich noch in
den Winterschlaf", sagt Rossipotti und versucht ohne jeden
Erfolg seine rechte Pranke zu heben.
"Ich habe mich eh schon gewundert, wieso du im Winter nicht
ein paar Monate schläfst", sage ich. "Andere Krokodile
in kalten Regionen machen das doch auch!"
"Ich bin aber kein anderes, sondern ein modernes Krokodil!"
sagt Rossipotti, "Ich lasse mich doch nicht von rein biologischen
Tatsachen in die Ecke drängen. Die Menschen machen das übrigens
auch nicht. Denke nur an die Raumfahrt: Wäre es den Menschen
möglich gewesen, zum Mond zu fliegen, wenn sie 100% von der
Schwerkraft überzeugt gewesen wären?"
"Da überlistet aber die Technik die Schwerkraft und nicht
der Mensch selbst", sage ich.
"Das ist doch völlig egal", fährt mir Rossipotti
über den Mund. "Was zählt ist das Ergebnis. Und das
hat bei der Mondfahrt alles, was davor als richtig gegolten hat,
über den Haufen geworfen."
"Trotzdem kannst du deine Pranke nicht mehr bewegen",
sage ich. "Wissenschaftliche Errungenschaften hin oder her.
Der Winterschlaf scheint dich doch eingeholt zu haben."
"Pah!" sagt Rossipotti. "Ich probiere mit meiner
Pranke nur gerade die Kältelähmung aus. Das Experiment
scheint auf jeden Fall sehr gut zu funktionieren!"
"Welches Experiment denn?"
"Das Experiment 'Kältelähmung' natürlich",
sagt Rossipotti. "Ich habe es aus dem Buch 'Mach was im Winter'.
Und bevor ich es den Kindern empfehlen kann, wollte ich ein paar
Dinge vorher ausprobieren. Experiment 2 klappt auf jeden Fall, die
Frage ist nur, wie ich die Kältelähmung wieder weg bekomme."
"Vielleicht steht in dem Buch etwas darüber?" frage
ich und fische ein fast quadratisches blau-weißes Buch mit
Schneemann auf dem Cover vom Boden.
Ich blättere in dem Buch und finde tolle Spiele für den
Winter und viele interessante Basteltipps in dem Buch. Was hat es
zum Beispiel mit der Schneekatze oder dem Eisvogel auf sich? Und
die Idee mit der Eisskulptur liest sich auch spannend. Und da finde
ich auch noch eine Geschenkidee für Alberts Geburtstag. Hat
er sich nicht ein Briefpapier gewünscht?
"Hast du endlich etwas gefunden?" fragt Rossipotti. "Mein
Arm fühlt sich schon ganz taub an!"
Oh! Rossipotti hatte ich ganz vergessen. Ich blättere schnell
zu den Experimenten am Anfang des Buchs vor und schlage Rossipotti
das erstbeste vor:
"Wie wäre es einfach mit dem 44. Experiment zur Kerzenhitze?"
"Ich bin doch keine Münze!" sagt Rossipotti empört.
"In dem Experiment geht es doch um die Dehnung von Festkörpern
bei Hitze und nicht um Ankokeln von Krokodilen! Gibt es in dem Buch
nicht auch so etwas wie Schmelzen von Eis?"
"Du meinst das Herstellen von Streusalz?" frage ich.
"Aber das ist in deinem Fall auch ungeeignet. Aber dieses Experiment
hier bringt mich auf eine Idee!"
"Welches Experiment?" fragt Rossipotti. "Und auf
welche Idee?"
"Warte einen Moment", sage ich, "ich bin gleich
wieder da."
Ich verschwinde in den Nebenraum und hole aus dem Gefrierfach eine
Tasse voll Eiswürfel. Kurze Zeit später bin ich wieder
in Rossipottis Bibliothek und attackiere ihn mit den Eiswürfeln.
"Sag mal, spinnst du?" schreit Rossipotti und grapscht
mich blitzschnell mit seiner angeblich tauben Pranke. "So steht
das aber sicher nicht in dem Buch!"
"Das ist doch völlig egal", sage ich und glitsche
ihm aus den Fingern. "Was zählt ist das Ergebnis. Und
das hat gerade alles, was davor als richtig gegolten hat, über
den Haufen geworfen: Du hast weder Probleme mit dem Winterschlaf,
noch wolltest du das Experiment 'Kältelähmung' ausprobieren.
Das einzige, was du wirklich wolltest, war, eine geeignete Einleitung
für das Buch zu finden!"
Anita van Saan/Tom Dahlke: Mach was im Winter.
222 Experimente, Spiele und Bastelideen. moses Verlag. Kempen 2008.
* * *
Der 29. Februar
"Das Schöne am Winter ist, dass danach der Frühling
beginnt", sagt Rossipotti. "Und deshalb liebe ich den
29. Februar. Denn je mehr Tage der Winter hat, umso größer
die Vorfreude auf den Frühling."
"Ich glaube, dass dir der Schalttag aus einem ganz anderen
Grund gefällt", sage ich.
"Warum denn?" fragt Rossipotti.
"Wegen einer kleinen, schönen, zarten Prinzessin",
versuche ich Rossipotti aufzuziehen.
"Seit wann mache ich mir etwas aus Prinzessinnen?" grunzt
Rossipotti. "Und wenn, dann müssen sie nicht zart und
klein, sondern mutig, klug und so robust sein, dass ich in sie hinein
beißen kann ohne dass sie aufschreien."
"Und was macht dann das Hörspiel von dem '29. Februar'
unter deinem Kopfkissen?"
"Erstens finde ich es unmöglich, dass du hinter mir her
schnüffelst", sagt Rossipotti, "und zweitens bist
du trotzdem auf dem Holzweg. Ich mache mir nämlich nichts aus
Prinzessinen, sondern aus Günter Eich!"
"Günter Eich!" sage ich überrascht, "seit
wann interessierst du dich für Hörspiele und Lyrik für
Erwachsene?"
"Schon immer", behauptet Rossipotti. "Glaubst du,
dass ich sonst ein Magazin für Kinder herausgeben könnte?
Günter Eich mag ich übrigens wegen einer einzigen Gedichtzeile:
Als ich das Fenster öffnete/schwammen
Fische ins Zimmer ..."
"Heringe. Es schien/eben ein Schwarm
vorüberzuziehen", zitiere ich Eichs Gedicht weiter.
Wie Rossipotti liebe ich diese Zeile. Ich werde Günter Eich
ewig dankbar sein, dass er darin Heringe und nicht etwa diese aufgeblasene
Karpfen verewigte.
"Wenn du Eich so gut kennst", sagt Rossipotti, "weißt
du sicher auch, dass er Hörspiele für Kinder geschrieben
hat. Unter anderem die 'Glücksschuhe' und den '29. Februar'."
Nein. Das ist mir neu.
"Übrigens mag ich das Hörspiel wirklich nicht wegen
der Prinzessin", sagt Rossipotti. "Sie ist zwar allerliebst
und spricht mit Sonne und Mond wie es sich für eine echte Märchenprinzessin
gehört, aber die Stiefmutter, die sich in ein Wildschwein verwandelt,
hat doch mehr Klasse."
"Wie sind wir eigentlich nochmal auf Günter Eich gekommen?"
frage ich. Irgendwie habe ich während unserer Unterhaltung
den Faden verloren.
"Wegen dem 29. Februar!" sagt Rossipotti. "Weil
es schön ist, dass es so etwas Verrücktes wie den Schalttag
gibt und weil Günter Eich ein Hörspiel gleichen Namens
geschrieben hat, in dem ein Königin zum Wildschwein und eine
Prinzessin zum 29. Februar wird."
Günter Eich: Der 29. Februar. In: Die Glückschuhe/Der
29.Februar. Hörbuch für Kinder. Bayrischer Rundfunk 1984.
terzio Verlag. München 2007.
Lieblingsbuch
vorgestellt
von Helma Hörath
Jahrestage
Jahrestage
Eigentlich ein seltsames Wort: Jah-res-tag. Jahr oder Tag? Tag
oder Jahr? Das sind doch ganz unterschiedliche Zeitabläufe.
Klar, ein Jahr hat 365 Tage. Jahrestag? Vielleicht ein Tag, an dem
Ostern und Weihnachten zusammenfallen? Nein, Scherz beiseite. Bei
diesem Begriff geht es um einen ganz besonderen Tag, der in einem
Jahr nur ein einziges Mal wiederkehrt. Geburtstage sind solche Jahrestage,
aber auch bestimmte gesellschaftliche Gedenktage oder auch Feste
wie Silvester.
Aber wann ist denn eigentlich Silvester?
Blöde Frage, wirst du bestimmt denken. Denn natürlich
hast du mit deinen Eltern und Geschwistern das neue Jahr wie immer
in der Nacht des 1. Januars begrüßt. Auch für mich
begann das Jahr 2009 an diesem Tag. Und das kommende Jahr 2010 wird
dann auch seinen Anfang nehmen. Doch vor langer, langer Zeit gab
es Kalender, die das Jahr anders einteilten. Danach wurde unter
anderem der letzte Tag des Jahres auf den 24. Dezember angesetzt.
Das Jahresende mit dem Namen Silvester zu benennen, geht zum Einen
auf das 16. Jahrhundert und zum Zweiten auf den Tod des Papstes
Silvester am 31. Dezember 335 zurück. Im Jahr 1582 führte
der Papst Gregor XIII. einen neuen Kalender ein und dabei bekam
der letzte Tag den Namen Silvester. Der Papst löste damit nach
so langer Zeit den von dem Römischen Herrscher Julius Cäsar
begründeten Kalender ab. Das war natürlich nur in der
christlichen Welt.
Es gibt Völker, die noch heute mit Festen und Feiern an noch
viel ältere Zeitenrechnungen erinnern. So zum Beispiel in Asien.
Weit im Osten sind das zum Beispiel die Chinesen und die Vietnamesen.
Ihr traditionelles Neujahr steigt seit Urzeiten immer am zweiten
Neumond nach der Sonnenwende (21./22. Dezember - Wintersonnenwende
genannt auf der Nordhalbkugel, Sommersonnenwende genannt auf der
Südhalbkugel). In diesem Jahr war das der 25. Januar. Wenn
du in Berlin wohnst, hast du vielleicht sogar die Feierlichkeiten
zum chinesischen Frühlingsfest erlebt (unter diesem Namen wird
offiziell der alte Jahrestag gefeiert, denn natürlich wechselt
auch der chinesische Staat mit der ganzen Welt am 1. Januar ins
neue Jahr). Im Berliner Hauptbahnhof traten an diesen Tag viele
chinesische Künstler auf, mit Masken, Gesang und Drachentanz.
Masken im Alpenraum
Aber auch in unserer europäischen Nähe gibt es Menschen,
die von alten Traditionen nicht lassen können. So begehen zum
Beispiel die Schweizer, die im Appenzeller Hinterland leben, Jahr
für Jahr zweimal Silvester. Wer wie die Appenzeller den Gregorianischen
Kalender nicht annehmen wollte, feierte den letzten Tag des Jahres
nach alter Sitte und dem Julianischen Kalender am 13. Januar. Das
wurde - für uns im Januar 2009 kaum zu glauben - bis ins 19.
Jahrhundert so zelebriert. Heute im 21. Jahrhundert nutzen die Menschen
beide Tage zum Feiern. Ihre Silvesterkläuse, die entweder in
Trachten mit rosigen Gesichtslarven oder mit dicht von Tannenzweigen
behangenen Gewändern bekleidet sind, gehen am neuen und alten
Jahresanfang von Haus zu Haus. An diesen Brauch wurde ich vor ein
Paar Tagen erinnert, als ich meine Post aus dem Briefkasten nahm.
Meine Schweizer Freunde schickten mir Fotos vom diesjährigen
Rundgang der wunderschön anzusehenden Masken, die als Gruppe
die Bezeichnung Klausschuppel haben.
In den althergebrachten bäuerlichen Frauen- oder Männertrachten
und unter ihren auch mit Bart sehr weiblich wirkenden Pappmachémasken
dieser Kläuse stecken nur Männer. Und das ist nicht verwunderlich.
Die riesigen Metallschellen, die sie auf dem Rücken und vor
der Brust tragen, wiegen bis zu 30 Kilogramm. Auch ihre weithin
sichtbaren Hüte sind nicht gerade leicht. Auf ihren Köpfen
thronen große, flache, rechteckige und farbenfroh bemalte
Holzhüte, an den Seiten oder auf der unteren Fläche verziert
mit Tausenden von Glaskügelchen, bunten Kordeln, Metallfolien
und Silberpapier. Oben auf dieser Kopfbedeckung zeigen sorgfältig
geschnitzte Figürchen Szenen aus dem dörflichen Leben
oder du kannst Handwerker bei der Arbeit sehen.
In der Morgendämmerung ziehen diese Klausschuppel durchs Land
und machen einen fürchterlichen Lärm mit Kuhglocken und
Schellen, bis die Bewohner eines Hauses herauskommen. Mit einem
mehrstimmigen Jodelgesang und einem kräftigen Händedruck
wünschen sie ihnen ein gutes Jahr und erhalten dafür als
Dank ein wärmendes Getränk.
Ich war von den Fotos, die meine Freunde am 13. Januar 2009 in Außerrhoden,
einem Gebiet des deutschsprachigen Appenzellerlandes, machten, so
fasziniert, dass ich mehr über diese Tradition wissen wollte.
In meiner Leihbibliothek fand ich zum Thema Masken leider kein Kinderbuch.
Das ist nicht ganz richtig. Es gibt viele, viele Bücher mit
Anregungen zum Basteln und zum Schminken von Masken. Ich suchte
aber ein Buch zur historischen Entwicklung von Maskentraditionen
in den südlichen Gebirgszonen Europas. Und dann sollte es natürlich
auch noch für Kinder sein. Die Bibliothekarin bemerkte meine
Verzweiflung und empfahl mir dann ein Sachbuch für Erwachsene.
Du solltest es dir trotzdem mal ansehen, schon wegen der tollen
Fotos. Natürlich kannst du auch versuchen, den Text zu lesen.
Vielleicht helfen dir deine großen Geschwister oder deine
Eltern beim Verstehen des Inhalts.
|
Clemens
Zerling/Christian Schweiger: Masken im Alpenraum. Leopold
Stocker Verlag. Graz - Stuttgart 2005.
|
* * *
Schweizer Masken
Wo die Wurzeln für diese Bräuche in der
kalten, dunklen Jahreszeit liegen, das weiß man nicht so ganz
genau. Wahrscheinlich haben sie ihren Ursprung weit vor der christlichen
Kultur. Vermutlich knüpfen sie an die Winteraustreibung an,
mit der schon die Volksstämme der Kelten und Germanen ihre
Sehnsucht nach der Wärme und dem Licht der Sonne ausdrückten
und sich den neues Leben spendenden Frühling und den Sommer
mit seinen Früchten schneller herbeizaubern wollten. Eine andere
Deutung besagt folgendes: Mit dem Maskentanz wollten die Menschen
erreichen, dass das Angsteinflößende in ihrem Leben gebannt
wird. Und mit ihrem Austoben wollten sie die nicht sichtbare, nicht
greifbare und doch täglich spürbare Gefahr einfach wegstampfen.
Bei diesen Zeremonien vergewisserten sich die Menschen der Hilfe
von Naturkräften und von Figuren aus der geheimen "Anderswelt".
Sie baten aber auch die Ahnen ihres Stammes und verstorbene Familienmitglieder
um Hilfe. Darum zeigen die Masken neben Fabelgeistern oft Greisengesichter,
wie du sie hier siehst. Die Designerin Maria Hein fand sie in dem
alten Buch "Schweizer Masken" von Karl Meuli und bearbeitete
sie mit grafischen Mitteln am Computer für eine Ausstellung,
die während der letzten Berliner Märchentage gezeigt wurde.
Fotos bearbeitet von Maria Hein
Masken spielen bei allen Völkern und in allen
Zeiten eine Rolle. Das lässt sich in Europa, aber natürlich
besonders auch in Afrika, Asien und Amerika nachweisen. Bei vielen
archäologischen Ausgrabungen wurden Masken gefunden, von denen
wir manchmal nur ahnen können, wofür sie einstmals den
Menschen gedient haben können.
Der Begriff der Maske leitet sich von dem arabischen Wort maskharat
ab, was so viel bedeutet wie Narr, Posse, Hänselei oder Scherz.
(Eine Posse ist ein Bühnenstück, das durch Verwechslungen,
ulkige Zufälle und unwahrscheinliche Übertreibungen die
Zuschauer zum Lachen bringt.)
Die Maske ist eine Gesichtsbedeckung mit unterschiedlichen Aufgaben.
Sie schützt das Gesicht, verbirgt aber auch das wahre Aussehen.
Mit Hilfe der Maske verwandelt sich der Träger in die dargestellte
Figur. Sie ermöglicht ihm, neue soziale Rollen zu übernehmen.
Karl Meuli: Schweizer Masken. Atlantis Verlag.
Zürich 1943.
* * *
Die fünfte Jahreszeit klopft
an die Tür
Verkleiden macht Spaß, riesigen Spaß. Als kleines Mädchen
spielte ich immer die Tante aus Amerika. Das weiß ich so genau,
weil es davon Fotos gibt. Ich zog Rock, Bluse und Hackenschuhe meiner
Mutter an, hängte mir eine Gardine um die Schulter und nahm
aus meiner Handtasche Münzen, die ich mildtätig verschenkte.
Man schlüpft nicht nur in ein Kostüm, sondern für
eine bestimmte Zeit auch in ein anderes Leben, in dem man ganz ausgelassen
alles tun darf, was sonst vielleicht verboten, nicht erlaubt oder
aus bestimmten Gründen nicht möglich ist. Dass das Verkleiden
nicht nur ein Kinderspiel ist, sondern von zahlreichen Erwachsenen
auch in Deutschland mindestens einmal im Jahr praktiziert wird,
davon erzählt der Monat Februar.
Wenn du in Süddeutschland lebst, dann weißt du natürlich
sofort, was damit gemeint ist. Bist du mehr ein Nordlicht, dann
brauchst du eventuell - aber nur eventuell - eine kleine Hilfestellung
von mir. Aber auch dort wird, in den letzten Jahren zunehmend, im
Februar nur ein Fest gefeiert. Ja, natürlich, du liegst völlig
richtig. Ich spreche vom Karneval oder Fasching.
Als Karneval, Fastnacht oder Fasching (auch fünfte Jahreszeit)
bezeichnet man verschiedene Bräuche, um die Tage vor dem Aschermittwoch
in Fröhlichkeit und mit lustigem Straßentreiben zu verbringen.
Ihre Wurzeln hat diese Tradition aus einer Verbindung von Winteraustreibung
der vorchristlichen Menschen mit der Fastenzeit der Christen. Und
damit sind wir doch schon fast wieder bei den Schweizer Silvesterkläusen
angelangt.
In einzelnen katholischen Regionen (und darum nicht oder nur vereinzelt
in den nördlichen evangelischen Landesteilen Deutschlands)
setzten sich bestimmte Traditionen durch, was sogar von Stadt zu
Stadt variieren kann. Du hast so etwas sicherlich schon mal über
Köln und Düsseldorf gehört.
Eine Stadt, in der der Februar vor allem vom Treiben der Masken
bestimmt wird, ist die italienische Stadt Venedig. Schon im 11.
Jahrhundert war sie berühmt für ihren Karneval. Diese
Bezeichnung hat wörtlich etwas mit der Fastenzeit der Katholiken
zu tun. Denn diese beiden lateinischen Worte "Carne vale"
lauten im Deutschen "Fleisch, lebe wohl!". Irgendein Spaßvogel
- vielleicht war es auch ein Händler oder Gaststättenbesitzer,
der die kommenden schlechten Einnahmen schon vorher ausgleichen
wollte - muss auf die Idee gekommen sein, dass die Menschen vor
dem damals siebenwöchigen Fasten noch einmal so richtig "auf
die Pauke" hauen und sich mit ausgiebigen Ess- und Trinkgelagen
auf die Wochen des Darbens vorbereiten sollten. Im 17. /18. Jahrhundert
war das Treiben der Venezianer im Karneval so ausschweifend, dass
er verboten wurde. Erst 1978 wurde er erneut aus der Taufe gehoben
und ist seitdem ein internationales Massenereignis.
Alles das, was ich dir gerade erzähl habe, lernte ich beim
Lesen meiner letzten Buchempfehlung:
Der Dieb mit der roten Maske
Chiara und Federico, beide 12 Jahre alt, wohnen in Venedig. Sie
sind gerade im Stadtteil Santa Croce unterwegs. Wenn du eine besondere
Karnevalsmaske suchst, dann wirst du in einem dieser Geschäfte
ganz sicher eine solche finden. Bei Chiara war es so. Sie ist überglücklich
mit ihrer blauen Maske, die statt Haare große gelbe, weit
schwingende Federn hat. Nun kann die Karnevalsparty in der Schule
steigen. Federico ist ganz sicher, dass seine Freundin der Star
der Feier werden wird. Sie unterhalten sich über den mysteriösen
Dieb, der seit ein paar Wochen sein Unwesen in der Stadt treiben.
Da er nicht zu fassen ist, geben ihm die Venezianer den Beinamen
die Spinne. Zufällig beobachten Chiara und Federico eine rote
Maske, die über die Dächer huscht. Gewand wie eine Katze
gleitet sie am Regenrohr eines leerstehenden Hauses hinunter und
verschwindet in einem offenen Fenster. Sollte das etwa die Spinne
sein?
Als die beiden Kinder Chiaras Vater von ihren Beobachtungen erzählen
wollen, schickt er sie völlig genervt weg. Er hat schließlich
Wichtigeres zu tun, als sich die Fantasien der Kinder anzuhören.
Er bereitet zur Zeit in seinem Glasgeschäft eine Ausstellung
mit schönen und wertvollen alten, aber auch neuen Dingen aus
Glas vor. In den Vitrinen können mehrfarbige Weinkelche bewundert
werden, hauchzart gearbeitete Schmetterlinge, Schmuckstücke
aus Glas und vieles mehr. Aber die Spezialvitrine für das teuerste
und interessanteste Ausstellungsstück, eine wunderschöne
Maske und Arbeit des berühmten Glaskünstlers Angelo Barovier
aus dem 15. Jahrhundert, war noch nicht eingetroffen. Und deswegen
ist Chiaras Vater mit den Nerven völlig fertig. Die Ausstellungseröffnung
wird doch schon am nächsten Abend sein und es gibt noch jede
Menge zu tun. Und alle Gegenstände im Laden müssen doppelt
und dreifach gesichert sein. Die Kinder müssen allein herausfinden,
warum sich diese Person mit der roten Maske auf dem Dach des Hauses
neben dem Glasgeschäft herumtreibt.
Sicherlich ahnst du es schon, es ist der Dieb und abgesehen hat
er es natürlich auf das kostbarste Ausstellungsstücke,
die geheimnisvolle Maske mit den blauen Augen. Mutig nehmen Chiara
und Federico die Verfolgung des maskierten Diebes auf, der ihnen
wegen seiner großen sportlichen Gewandtheit und seiner unauffälligen
Tarnung - schließlich ist gerade Karneval in Venedig und hunderte
von roten Masken laufen über den Markusplatz - immer wieder
entkommt. Ob Chiara und Federico die rote Maske enttarnen können?
Das bleibt hier in meinem Manuskript noch eine offene Frage.
In diesem Ratekrimi gibt es spannende Sachinformationen und Rätsel
(übrigens auch eine Auflösungsseite) sowie viele wissenswerte
Angaben über landestypische Besonderheiten Italiens. In einem
Glossar, einer Wortliste, werden alle italienischen Ausdrücke
übersetzt und erklärt. Und wenn du mit deinen Freundinnen
und Freunden auch eine kleine Faschingsfeier veranstalten willst,
dann kannst du ihnen ein "Risi e Bisi" zubereiten. Das
Rezept findest du auch bei Chiara und Federico.
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Fabian Lenk:
Der Dieb mit der roten Maske. Ein Ratekrimi aus Italien.
Mit Illustrationen von Anne Wöstheinrich. Loewe Verlag.
Bindlach 2007.
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sehen - finden - machen. Das Werkstattbuch
für Kinder
Ich hoffe, dass ich dich nicht nur neugierig auf die von mir ausgewählten
Bücher gemacht habe, sondern dass du aus den Geschichten auch
Anregungen für die nächste Faschingsfeier erhalten hast.
Übrigens, auch die Karnevalstage sind solche Jahrestage, die
aber nicht immer auf das gleiche Datum entfallen. Die Daten der
drei turbulenten Tage wechseln. Das liegt an den Mondphasen, nach
denen sie berechnet werden. In diesem Jahr liegt dieses Fest ziemlich
spät. So hast du noch etwas Zeit für deine persönlichen
Vorbereitung, was Larve, Maske und Kostüm angehen.
Gerade in diesem Augenblick klingelt es an meiner Wohnungstür.
Unsere Postfrau bringt mir endlich das letzte, schon vor zwei Wochen
bestellte Buch, das ich bei meiner Planung für diesen Artikel
berücksichtigt hatte. Ich mache es auch ganz kurz. Es ist ein
Werkstattbuch mit vielen tollen Anregungen für kreative Beschäftigungen,
u.a. für das Herstellen von fantasievollen Masken, also passend
zum bevorstehenden Karneval. Wenn ich dein Interesse geweckt habe,
dann solltest du es dir in deiner Kinderbibliothek ausleihen. Das
Buch kostet über 20 Euro. Sollte es dir gefallen, dann kannst
du es dir vielleicht zu deinem nächsten Jahrestag (wann und
was das auch immer sein kann: erste Zahnlücke, erster Sprung
vom 3-Meter-Brett, erstes Solo beim Chorauftritt
) wünschen.
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Eva Hauck/Claudia
Huboi: sehen - finden - machen. Das Werkstattbuch für
Kinder. Haupt Verlag. Bern 2008.
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Ach, übrigens, am 25. Februar 2009, dem diesjährigen
Aschermittwoch, ist wie immer alles vorbei. Aber zuvor wünsche
ich dir spannende Lese- und ausgelassene Faschingsstunden.
Deine Helma
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