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Rossipottis Leibspeise

Als ich Rossipotti vor ein paar Tagen damit genervt habe, dass mir furchtbar langweilig sei, drückte er mir eine Spraydose in die Hand und sagte: "Probier's mal damit. Und tu dir keinen Zwang an!"
Hab ich auch nicht. Meinen ganzen Ärger habe ich auf die Wände gesprüht, bis nichts mehr davon da war. Ich habe Rossipotti eine böse Fratze gemalt, die Ratte Klops an den Karton gekettet und Palmina den Unterleib abgesägt.
Das alles hat sehr gut getan! Aber dann kamen plötzlich tausend Leute vorbei und fragten: "Darf ich auch mal?"
Seither stehe ich da und spraye mir die Flossen aus dem Leib. Das ganze Fleisch ist mir dabei von den Gräten gefallen. Als ich vorhin kurz zu Rossipotti rannte und fragte, ob er mir nicht endlich das verfluchte Ding wieder aus den Händen nehmen könne, sagte er: "Erst wieder in der nächsten Ausgabe. Aber du kannst heute abend ein paar Stunden Auszeit in der Bibliothek nehmen. Wie wär's mit einem Plauderstündchen über Bücher gegen acht?"
Ich nicke, einfach weil mir nichts anderes übrig bleibt. Dann verschwinde ich wieder an meinen Platz am Karton. Während die Leute mit meiner Hilfe Bilder sprayen, träume ich von einem guten Gespräch zwischen Rossipotti und mir, seiner Leibspeise!: Es ist absolut still in der Bibliothek, neben uns liegen einige tolle Bücher und wir streiten uns wenigstens diese eine Mal nicht bis aufs Blut!

 © Rossipotti No. 22, Mai 2010