Das Dokotor-Knochensplitter-Spiel
Joachim Ringelnatz (1883-1934)
Dazu braucht man nicht viel.
Nur ein Gänse- oder Hühnerknöchelchen.
Du, Berta, bohrst ein Löchelchen
Ins Sofa und schiebst das Knöchelchen
Weit rein, doch immer dicht unter die Sofahaut,
Dass man's von außen wie Knorpel anfassen kann,
Was wie Geschwulst ausschaut.
Das Sofa ist dann dein Mann.
Ich bin der Doktor Frank.
Du sagst: "Mein Mann ist so krank."
Ich fühle und sage mit ernster Miene:
"Er hat einen Splitter im Herzen sitzen."
Und nehme das Ölkännchen von eurer Nähmaschine,
Um erst mal Betäubung in das Geschwür einzuspritzen.
Nun kommt die Operation; das ist das Schwere.
Ich nehme ein Messer und eine Schere.
Du nimmst ein Handtuch und fürchtest dich, zuzusehen;
Darum drückst du die Augen zu.
Ich tu einen scharfen Schnitt, greife dann
- das muss wie der Blitz geschehn -
Mit der Zange (das ist die Schere) im Nu
Den Knochen aus deinem Mann.
Weil, wenn ich ihn nicht beim ersten Male geschickt
Gleich rausbekomme, - ist die Operation missglückt.
Das nächste Mal bist du Doktor Frank,
Und mein Mann ist krank.
Angst darfst du nicht haben. Denn meine und deine
Eltern können uns - Weißt du, was ich meine?!?